soundgarden tourflyerDerzeit fahren die Grunge-Ikonen zweigleisig, auf der einen Seite sind sie im Vorprogramm von BLACK SABBATH unterwegs, auf der anderen nutzen sie die Zeit zwischen den gemeinsamen Gigs, um in Europa ein paar eigene Shows zu spielen. Die Urväter des Metal haben auch auf den Vierer von Seattle eine bedeutenden Einfluss gehabt, welche diese allerdings anders verarbeitet haben als die Bands der Achtziger. Im Zuge der Richtung schwammen SOUNDGARDEN ganz nach oben im Rockbusiness, legten aber Ende der Neunziger eine längere Pause ein. Seit 2010 sind sie zurück und haben mit "King Animal" ein neues Album am Start, welches sie auch auf der Konzertreise vorstellen. Auf dieser machten sie in der Rockhal im luxemburgischen Esch-Sur-Alzette Station, wo LOST IN PAIN für sie eröffneten.

LOST IN PAIN
Da ich im Saturn-Markt nebenan noch das Ausscheiden der Squadra Azzura bejubelte, traf ich erst ein paar Minuten vor Showbeginn in der Halle ein. Dass diese im hinteren Bereich abgehängt war, wunderte mich nicht, doch die gähnende Leere hinter dem schwarzen Stoff, war doch sehr verwunderlich. Zieht die WM auch im kleinen Fürstentum zu viel, blieben die Fans lieber am Grill sitzen oder war es ihnen einfach zu warm. Vielleicht dreihundert mögen sich zu dem Zeitpunkt in die Halle verirrt haben, so dass man einfach bis zur zweiten Reihe durchmarschieren konnte. Da wartete man lieber noch ein paar Minuten, bevor man den lokalen Support auf die Bühne ließ, um ihnen ein paar Zuschauer mehr zu bescheren.

So war der Empfang doch sehr unterkühlt, auch wenn einige Freunde im Publikum waren. Aber es sind halt Luxemburger und die sind doch sehr zurückhaltend, so dass nur ein paar zur Begrüßung klatschten. Die ersten Töne waren dann für die Zuschauer ein wenig irreführend, denn der Vierer trat ein schönes Thrashbrett los. Ein Thrashband als Support für SOUNGARDEN, war der Grunge nicht auch als Gegenbewegung zum Technik - und Geschwindigkeitswahn des Thrash Metal gedacht? Aber die Anklänge vor allem an METALLICA waren unüberhörbar, auch als es im Mittelteil des Openers grooviger zuging.
Eines muss man es der Bay Area-Legende einfach lassen, selbst ihre so gehasste Neunzigerphase scheint junge Musiker inspiriert zu haben, den Stücke wie "Relive" atmeten deutlich den Spirit von Hetfield und Co. Und daraus machten LOST IN PAIN auch gar keinen Hehl, Frontmann Hugo Centeno ahmte auch bei seiner Gestik die Gallionsfigur des Metal nach. Einziger Unterschied, er spielte auch die Leadgitarren und entwickelte sich so zum unbestrittenen Mittelpunkt der Show. Als sich der Junge dann noch eine mit Riffelblech besetzten ESP Explorer umhing, war selbst dem letzten in der Halle klar, wo er die Riffs und Rhythmen schon einmal gehört hat.

Seine Mitmusiker waren da eher Beiwerk, was aber auch daran lag, dass sie sich allzu sehr zurück hielten, und konsequent auf ihren Positionen verharrten. Vor allem bei Bassistin Nathalie Haas war das schade, denn sie hätte durchaus als Blickfang getaugt, wenn sie sich besser in Szene gesetzt hätte, statt sich im recht dunklen Bühnenlicht zu verstecken. Centenos Axtpartner Dario Raguso gab dann der Band noch den zeitgemäßen Hipsteranstrich inklusive seltsamer Gitarrenhaltung mit weit hochgezogenen Schultern. Zugestehen muss man der Truppe aber, dass sie das Kompositionshandwerk durchaus versteht und die Nummern schon angenehm den Nacken stimulierten. Auch vom Zusammenspiel her drückte das ordentlich nach vorne, auch wenn der Sound für Rockhal-Verhältnisse etwas dumpf ausfiel. Am Ende gab es Höflichkeitsapplaus von den nun deutlich dichter stehenden Reihen.

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SOUNDGARDEN
Durch den verschobenen Beginn der Opening Acts fiel die Pause etwas kürzer aus, so dass die Legende aus Seattle laut Tourrider pünktlich um 21:15 Uhr los legten. Glücklicherweise war eine andere Zeitangabe dort nicht ganz so zutreffend, so dass einem, aufgrund diverser Ergebnisse ohnehin schon, angenehmen Abend nichts mehr im Wege stand. Auch für den Hauptact sollte es sich doch lohnen, denn der Raum bis zu Vorhang war jetzt gut gefüllt, dementsprechend war auch die Stimmung als die Vier auf die Bühne schlenderten. Die stieg gleich weiter, als man mit einem Track vom, von mir vergötterten "Badmotorfinger", los legte.
Beim zweiten Song fragte man sich dann auch, welche Konzertdramaturgie hier heute Abend geboten werden sollte, denn die Hitdichte war zu beginn erstaunlich hoch. In den ersten sechs Songs haute man direkt die fünf bekanntesten Lieder raus, was eigentlich für ein frühes Ende gesprochen hätte. Zudem deutete nach zwei weiteren Klassikern von besagtem Meisterwerk und dem entsprechenden Backdrop vieles auf einen Gig in Zeichen des 91er Albums hin. Dann nahmen die Grungegrößen mit Titeln vom aktuellen Dreher erst einmal Tempo heraus, um dann eine andere Richtung einzuschlagen. Immerhin hat ja "Superunknown" dieser Tage sein Jubiläum, welches ja auch per Special Edition gefeiert wurde - und in der Rockhal an diesem Tag.

Hier zeigten sich die Fans sehr vertraut mit dem Material, so dass die etwas ruhigeren Nummern der Stimmung keinen Abbruch taten. Die fielen ja seinerzeit auch nicht so chaotisch wie das Frühwerk aus, weswegen sie auch harmonischer durch die Boxen kamen. Gerade die noisigen Ausflüge einiger Songs stellten die wie immer gute Akustik der Halle auf einen Belastungsprobe. Dabei hielt sich Leadgitarrist Kim Thayil noch merklich zurück, am Ende der Songs dröhnten ein paar Dissonanzen durch den Raum, doch Frontmann Chris Cornell übernahm gleich wieder das Zepter. So endete es immer recht abrupt, auf solche Dinge wie Schlussakkord verzichten SOUNGARDEN schon seit jeher.
Natürlich hatte der Sänger über die am Ende 110 Minuten alles im Griff und zeigte seine ganzen Qualitäten als Showmann. Dabei muteten diese Gebaren schon seltsam an, denn Rockstarposen mied man in der Stadt im Nordwesten der USA zur Hochzeit doch recht strikt. Aber mittlerweile hat sich Cornell in der Rolle zurecht gefunden, immerhin wirkte er in seiner engen schwarzen Jeans, dem schlicht bedruckten weißen Shirt, seinen dunklen Locken, dem Grinsen und seiner immer noch hohen Vitalität wie genau die Blaupause eines ebensolchen. Vor allem, wenn er die zweite Gitarre abgelegt hatte, war der Mann sehr umtriebig, stieg schon mal auf die Boxen vor der Bühne, um den Fans das Mikro eng hinzuhalten, damit sie ihn kurz vertreten konnten.

Bei seinen beiden Sidekicks haben sich dagegen ein paar Wohlstandspolster ausgebreitet, mit seiner Präsenz konnten sie nicht mithalten. Thayil stand meist ebenso breitbeinig da, wie seine Akkorde durch die Boxen knallten, und schien dabei viel Spaß zu haben. Jedenfalls huschte unter seinem Hut oft ein Lachen aus seinem in Ehren ergrauten Bart hervor. Auch ohne sich jetzt viel auf der Bühne auszutauschen war das Verständnis unter den Musikern doch deutlich zu spüren. Und am druckvollen, knackigen und sehr tighten Spiel auch zu hören. Hier fügte sich auch Aushilfsdrummer Matt Chamberlain (u.a. TORI AMOS) gut ein, der vor allem die hektischen Passagen mit seiner präzisen, akzentuierten Beckenarbeit zusammen hielt.
Auf der anderen Seite herrschte der bärbeißige Ben Sheperd, der immer so lässig rüber kommt, dass er fast schon abwesend wirkt. Er tippelt immer herum, wiegt seinen Bass hin und her und scheint sich manchmal dahinter verstecken zu wollen. Doch der Schalk im Nacken blitzt dabei immer durch, er treibt gerne mal seine Späße mit der Security, von denen die noch nicht mal was mitbekommen. Sein Spiel ist auch sehr interessant, oft hält er eine Saite schon stark gezogen, um diese mit der anderen anzuschlagen, einmal jagt er die tiefen Töne durch das Wah Wah-Pedal. Dabei fügt er sich immer gut ein und legt auf die ohnehin schweren Riffs noch ein paar Pfunde drauf.

SOUNGARDEN glückte an dem Abend ein guter Querschnitt ihrer Karriere, bei der nur Stücke ihres Durchbruchsalbums "Louder Than Love" vermisst wurden. Das fiel aber weniger ins Gewicht, man hatte in den Neunzigern doch mehr Hits, als ich eigentlich auf dem Zettel hatte. Kann aber daran liegen, dass ich mich recht früh geistig aus dem Jahrzehnt verabschiedet habe, als solche Ikonen nur noch gegen zahllose Epigonen ankämpfen mussten. Nun sind die wahren Helden zurück und wurden für einen intensiven Auftritt zu Recht abgefeiert. Am Ende durften dann die Instrumentalisten doch noch ein wenig lärmen, Sheperd drehte seine Monitore in Richtung des Publikums, Thayil ergab sich völlig in der Welt des Feedbacks, es dröhnte und wummerte nur noch, dass es schon an die Schmerzgrenze ging. Die beiden schiene aber ihre helle Freude damit zu haben, na ja, Grunge hatte auch viel mit Weltschmerz zu tun, vielleicht muss es ja ein wenig weh tun. (Pfälzer)

Setlist SOUNDGARDEN:
Searching With My Good Eye Closed
Spoonman
Flower
Outshined
Black Hole Sun
Jesus Christ Pose
Blood On The Valley Floor
Been Away Too Long
The Day I Tried To Live
My Wave
Superunknown
Blow Up The Outside World
Fell On Black Days
A Thousand Days Before
Burden In My Hand
Rusty Cage
4th Of July
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Let Me Drown
Beyond The Wheel

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