periphery juggernautNachdem sich eine Band mit zwei Longplayern und zwei EPs so langsam etabliert hat, ist es Zeit für den nächsten Schritt. Den wollen auch PERIPHERY gehen, die sich in den letzten Jahren zu einer der Speerspitzen des Djent-Genres hochgearbeitet haben. Um Mainman Misha Mansoor hat sich mittlerweile ein stabiles Line-Up versammelt, das mit Spencer Sotelo einen Frontmann mit Außenwirkung besitzt. Mit so viel Rückenwind geht man das große Wagnis ein, und steigt mit einem Konzept-Doppelalbum in die Königsdisziplin ein. Da darf man sich ruhig fragen, ob dem Sechser bewusst ist, dass "Juggernaut" an Meilensteinen des Rock gemessen werden wird.

Zuerst ist es einmal schon schwierig sich in dem Genre in dem viele neue Bands sich auf die selben Einflüsse berufen einen eigenständigen Stil zu entwickeln. Umso mehr muss man den Mut loben, den die Jungs für ein solches Unterfangen brauchen, die Gefahr zu überfrachten läuft immer mit. Daher lassen sie es zu Beginn locker angehen, "A Black Minute" bietet uns vier Minuten sphärische, schwebende Klänge, die ihr Heil eher im Post Rock suchen. Doch dann bricht das Inferno los, in zwei Minuten spielen PERIPHERY mehr Noten als so manche Kapelle in ihrer gesamten Karriere.

Sotelo schreit sich die Seele aus dem Leib, es herrscht pure Raserei. Doch was die drei Gitarristen in "MK Ultra" an ihren Arbeitsgeräten zeigen ist atemberaubend, die zocken da Skalen runter, wie man sie so zuvor noch nicht gehört hat. Vollkommen irre und abgedreht, später trifft man speziell bei "22 Faces" auf weitere solche Fingerübungen. Plötzlich wandelt sich das komplette Szenario, dachte man schon an des Wahnsinns letzten Schluss, so übertrifft man sich noch, indem man einfach reduziert vor sich hin jazzt. Ich bin ja einiges gewohnt, habe selbst SLEEPYTIME GORILLA MUSEUM knacken könen, aber irgendwann wird es einfach zu viel.

Es resultiert hier einfach das Problem, dass die Songs auf der Strecke bleiben und der Hörer wirklich sehr viel Geduld benötigt, um in "Juggernaut" herein zu finden. Damit tappen sie genau in die Falle, die ich eingangs erwähnte. Das Problem ist nicht, dass sie alle Spielarten beherrschen, technisch ist das hier auf höchstem Niveau, dazu noch ungeheuer dick produziert.
Doch Mansoor und seinen Mitstreitern gelingt es nicht beide Welten miteinander zu vereinen, um so vielleicht wieder etwas völlig Neues zu kreieren. Stattdessen stehen die ruhigeren Elemente neben den heftigen Abfahrten, vieles klingt sogar nach Retro-Prog. Auf jeden Fall wurden jene Parts mit dem nötigen Gefühl und anderem Anschlag gespielt, dass sich der Sounddruck auch zurück nimmt, verstärkt die Distanz jedoch weiter.

Was insofern schade ist, weil sich sehr viele tolle Ideen auf dem Album befinden, auch in den härteren Passagen hat die Truppe immer noch genug Variantenreichtum, um damit alleine ein Album zu füllen. Das reicht von noisigen Soundlandschaften über Gehacktes vom PANTERA-Metzger, treibenden Staccatos bis zum abgrundtiefem Groove, der vor allem in "Hell Below" alles platt walzt. Hauptaufgabe der geneigt Interessierten dürfte es sein, sich irgendwo über eine goldene Mitte einen Weg zu diesen beiden Polen zu verschaffen. Das gelingt bei rockigeren Stücken wie "Heavy Heart" oder "Rainbow Gravity".

Da ergibt sich auch der einzig nennenswerte Unterschied zwischen "Alpha" und "Omega". Während der Sänger auf dem ersten Teil getragen in Richtung LINKIN PARK tendiert, wird es auf der zweiten Scheibe deutlich Emo-lastiger. Stimmlich vermag er noch eine größere Bandbreite abzudecken, in den ruhigen Momenten hat er eine schöne Klarstimme, die auch rocken kann. Kommt ein wenig Unterstützung von der Elektronik hinzu, lässt er sein Organ zu diesen weiten, fast schon sakralen Gesängen anschwellen, die man so von FEAR FACTORY her kennt. Core-Gebelle, Screams oder fordernde Grunts wie in "The Bad Thing" stehen ebenfalls auf dem Stundenplan.

Am Ende folgt dann mit "Omega" ein Longtrack, bevor "Stranger Things" die Scheibe mit flirrenden Flächen beendet. Beim Zwölfminüter werden noch einmal alle Facetten durchexerziert, welche das Werk am Verlauf aufbietet, nur noch kompakter zusammen gestückelt. Sicher ist "Juggernaut" kein Stückwerk, denn es hat sowohl ergreifende als auch großartige, derbe Abgehpassagen. Die Einzelteile sind hier größer als die Summe, es fehlt an zwingenden Songs. So bleibt ein dicker Brocken, ein kaum zu bändigender Bastard, den uns PERIPHERY da vorsetzen, doch aufgrund der hohen Qualität des Spiels, lohnt es sich, damit auseinanderzusetzen. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 10 (Alpha)/7 (Omega)
Spielzeit: 41:48 min (Alpha)/39:34 min (Omega)
Label: Century Media
Veröffentlichungstermin: 26.01.2015

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