Als vor nicht allzu langer Zeit UDO JÜRGENS das Zeitliche segnete, wurde in der Öffentlichkeit auch darüber gesprochen, dass der „Rock n' Roller" unter den Schlagerbaden in seinem Leben über 1000 Lieder komponiert hatte. Hätte ein gewisser NEAL MORSE aus Nashville (früher Los Angeles) nicht fast sein komplettes bisheriges musikalisches Schaffen damit verbracht lange und fesselnde Progressive Rock Epen zu schreiben, sondern Songs im Drei-Minuten-Format, dann hätte der Kerl irgendwann eine ähnliche Bilanz vorweisen können. Ich frage mich jedenfalls manchmal, ob NEAL MORSE überhaupt noch einen Überblick hat über das, was er bereits erschaffen hat und über das, woran er gerade arbeitet.
An ganzen drei Alben hat NEAL MORSE im letzten Jahr federführend mitgearbeitet, „Kaleidoscope" von TRANSATLANTIC, „Second Nature" von FLYING COLORS sowie sein Singer/Songwriter Album „Songs From November" und dabei bin ich noch nicht einmal hundertprozentig sicher, ob ich nicht noch etwas in dieser Aufzählung vergessen habe. Da jedes Mal die Qualität absolut stimmte, bleibt nur zu sagen, gut für uns, dass NEAL MORSE so ein fleißiges Bienchen ist, und mit „The Grand Experiment" geht es Schlag auf Schlag weiter, dieses Mal wieder solo mit Bandunterstützung, deshalb THE NEAL MORSE BAND und wieder im typischen Klangbild des Progressive Rock.
Im Gegensatz zum viel versprechenden Titel „The Grand Experiment" bietet besagtes Album auf den ersten Blick nur wenig Platz für Experimente. Es gibt den typischen, vielseitigen positiv gestimmten Prog-Opener („The Call"), die an GENESIS zu „A Trick Of The Tail" Zeiten erinnernde Ballade „Waterfalls", das übliche halbstündige Epos „Alive Again" sowie zwei kürzere, durchaus modern, rockende Songs („The Grand Experiment", „Agenda").
Das für sich genommen bietet im Grunde genommen nur bedingt Anlass für Euphorie, die Stärke von Neal Morse liegt wieder einmal darin, dass er es zusammen mit seiner Band (u.a. Mike Portnoy, Randy George) geschafft hat, astreine Songs zu schreiben, an denen es nur wenig zu „Mäkeln" gibt. Der Kerl hat's eben einfach drauf. Trotzdem bietet gerade durch die harten Riffs und das sehr straighte Drumming in den beiden bereits erwähnten kürzeren Nummern „The Grand Experiment" durchaus seine Überraschungsmomente und fällt zudem in seiner Gesamtheit spürbar kompakter und runder aus als das letzte TRANSATLANTIC Studiowerk „Kaleidoscope", das viele herausragende Momente hatte, dem teilweise aber etwas der rote Faden fehlte.
Das einzige, was man den Musikern hier vorwerfen kann, ist, dass sie sozusagen das Rad nicht neu erfinden wie es im gleichen Genre STEVEN WILSON Jahr für Jahr meistens schafft. Letztendlich liefern Morse und Co. das ab, was man erwartet, das machen sie aber wie dargelegt auf so einem guten Niveau, dass ich „The Grand Experiment" uneingeschränkt empfehlen kann; ich würde sagen das beste Morse Album seit dem 2004er „One". (Maik)
Bewertung: 8,5 / 10
Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 52:45 min
Label: Inside Out Music
Veröffentlichungstermin: 16.02.2015
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