thetangent asparkintheaetherWieder einmal wurde alles auf neu gedreht bei den britischen Retro-Proggies. Jakko M. Jaszyk ist erneut draußen, aber dafür erhält der junge Luke Malchin die nächste Chance sich im Konzert der alten Hasen zu etablieren. Fehlen tut auch Guy Manning, immerhin einer der langjährigsten Begleiter von Mastermind Andy Tillison. Zwar ist die Rhythmustruppe geblieben und das Line-Up seit den Konzerten im letzten Frühjahr stabil, doch wer THE TANGENT kennt, weiß, dass sie nie stillstehen. Vor knapp zwei Jahren wagten sie sich mit der Suite "La Sacre Du Travail" ans ernsthafte Fach, haben damit diese Richtung nun ausgereizt. Was also erwartet den Hörer auf "A Spark In The Aether".

Das nunmehr achte Studiowerk firmiert auch noch unter dem Titel "The Music That Died Alone 2" und ist thematisch eine Auseinandersetzung mit der Sichtweise der Szene beim Debüt vor dreizehn Jahren. Seinerzeit lief es für den traditionellen Progressive Rock nicht sehr gut, aber seitdem hat sich einiges gewandelt, was der scharfsinnige Tillison wieder gut beobachtet hat. Man darf nun aber nicht annehmen, dass es sich hierbei auch musikalisch um die Fortsetzung dieses heutigen Klassikers handelt. Vielmehr entfernt sich die Band noch mehr von ihrem angestammten Sound als auf dem Vorgänger, obwohl sie wieder zur klassischen Songstruktur zurück kehrt.

Alleine der titelgebende Opener verwundert zum Auftakt sehr, so direkt, so druckvoll gingen THE TANGENT noch nie zu Werke. Plötzlich laufen die Melodien ungemein flüssig, sind dazu wieder ansprechender als auf "La Sacre Du Travail" gestaltet. Sphärische Momente findet man weniger, der Bandboss lässt seine Finger sehr flink über die Tasten gleiten, die Fanfaren klingen sehr euphorisch, lassen ganz frühe MARILLION oder auch GENESIS durchscheinen. Vielleicht ist diese Stimmung ja dem mittlerweile deutlich gestiegenen Ansehen des Prog geschuldet. Auch seine Mitstreiter gehen ungemein konzentriert vor, Jonas Reingolds Bass klingt für seine Verhältnisse aggressiv und direkt, findet sich auch im Mix streckenweise dominant vor.

Diese deutliche Hinwendung zu typischen Neo Progzutaten lässt aber auch ein wenig von der Ausnahmestellung der Band vermissen. Das Tempo lässt den Songs weniger Raum, um sich zu entfalten, speziell dieser coole jazzige Touch, die Canterburyelemente fehlt hier doch merklich. Keine langen Flötensoli, kein ätherisches Saxophon von Theo Travis, stattdessen rocken die Stücke mehr als auf "Not As Good As The Book". Die schwebenden, getragenen Passagen werden vermisst, auch das folgende, deutlich längere "Codpieces And Capes" kommt wesentlich straffer.
Doch die Formation musste sich in anderen Gefilden umschauen, die beiden letzten Scheiben hatten nicht mehr ganz die Brillanz der früheren. So wählte man einen anderen Ansatz, in Kauf nehmend damit ein Stück Eigenwilligkeit zu verlieren. Im zweiten Song wird teilweise noch schneller soliert, dafür lässt Tillison die Orgel rauchen und bringt so neue Farben ins Spiel. Erst mit "Clearing The Attic" kommt ein bisschen von dieser charakteristischen Atmosphäre auf, wenn die Akustische öfter erklingt, die sonst Manning häufiger zum Einsatz brachte.

Ruhige, ätherische Töne schlägt die Formation erst mit "Aftereugene" an, doch auch hier betreten sie Neuland. Zuerst mischen sich sanfte Sax-Töne, Akustiktupfer und Synthieflächen, dann sorgt ein Basslauf, der eine dynamische Steigerung einleitet, für ein Deja Vu bei jedem geschmacksbewussten Progfan. Beim Blick auf den Songtitel und das kurze Chaos, welches nach einem gesprochenen Satz losbricht, wird klar, dass sich THE TANGENT hier tief vor dem PINK FLOYD-Klassiker "Careful With That Axe, Eugene" verbeugen.
Eher sanft beginnt auch der monumentale Longtrack "The Celluloid Road", der thematisch viele Anspielungen auf Filme und Schauspieler beinhaltet. Hier zieht das Tempo ebenso im weiteren Verlauf an und bringt bislang noch nie gehörte Bläser von Travis. Teilweise geht das in die Funkrichtung, die vor allem den letzten Teil, "California" betitelt, deutlich prägt. Bei dem Stück, das sich am Ende der Scheibe noch einmal als Single Edit wiederfindet, nehmen sich die Musiker ordentlich auf die Schippe. Dabei beweisen sie einen Humor wie man ihn von ihren Labelkollegen BEARDFISH kennt.

Ausgerechnet der zweite Teil des fordernden Openers, eine Art Coda präsentiert das Musikerensemble in ihrem gewohnten Terrain. Die Stimmung wird in den acht Minuten immer weiter gesteigert, bis zur Konzentriertheit des ersten Teils. Dabei wird auch vom Instrumentarium auf bewährtes zurück gegriffen, lediglich die großartigen Pianolinien vermisse ich. Auf der anderen Seite sind THE TANGENT eine progressive Band, die immer um Entwicklung bemüht war. Und die neuen Ideen tun dem Songwriting gut, denn "A Spark In The Aether" präsentiert sich schlüssiger als der Vorgänger. Wer über einen gewissen Verlust der Alleinstellungsmerkmale hinweg kommt, der entdeckt ein starkes Prog Rockwerk. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 7
Spielzeit: 67:21 min
Label: Inside Out Music
Veröffentlichungstermin: 17.04.2015

 

 

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