scorpions returntoforeverMehrfach-Wertungder RedaktionEigentlich sollte das Thema ja beendet sein, doch es gab ja auch einen inoffiziellen James Bond mit dem passenden Titel. Nach drei Jahren Abschiedstournee waren die Hannoveraner wieder so heiß, dass sie es nicht lange im Ruhestand aushielten. Und mal ehrlich, wer hat den Sprung wirklich geschafft, selbst die ROLLING STONES nicht und einer, der vor zwanzig Jahren dem Business den Rücken kehren wollte, schwingt heute bei BLACK SABBATH das Mikro. Machen wir uns nichts vor, all das Geld nützt einem nichts, wenn man den Applaus und das Rampenlicht vermisst, es geht weiter bis es wirklich nicht mehr geht. Bestes Beispiel war jüngst Udo Jürgens, der in einer Tourpause einfach tot umfiel. Und dem Mann fehlte es bis zuletzt an nichts, er war mehr Rock´n´Roll als viele Wahrhaftigkeitsmetaller. Und auch die SCORPIONS machen weiter, feiern ein Comeback mit Pauken und Trompeten, mit ihrem fünfzigjährigen Jubiläum, Konzerten bis 2016, einem Dokufilm und dem Album "Return To Forever". Sie sind zurück, um zu bleiben.

Und sie sind heute noch wichtig, vielleicht nicht mehr ganz so wie früher, aber immer noch das Aushängeschild. Ohne die SCORPIONS würde ich womöglich nicht hier schreiben, wer weiß, ob es das Magazin überhaupt geben würde, wie die Metalszene hierzulande heute aussehen würde? Die Formation hat den Grundstein für das gelegt, was später von ACCEPT als Heavy Metal made in Germany definiert wurde, mit ihnen fing alles an. Selbst eine Nena profitierte von den Hardrockern, weil diese ein paar Jahre zuvor Amerika zeigten, das Deutschland mehr ist als ein Parkplatz für Marschflugkörper und artverwandten Blödsinn.

Von Botschaftern für ihre Heimat wollten sie sich zu Botschaftern für den Frieden aufschwingen, was ihnen nicht gut bekam. Kein Künstler hat je unter seinem Ausnahmehit so gelitten wie die SCORPIONS, es war fast nur Fluch und wenig Segen. Der Vorstoß in den allumfassenden Mainstream flaute schnell ab, und durch den Erfolg verloren sie viel ihrer Glaubwürdigkeit. Nötig hatten sie diesen Hit sowieso nicht, ihre Reputation, welche ihnen heute noch volle Hallen und hohe Chartplatzierungen sichert, hatten sie sich schon zuvor erarbeitet.
Dabei war das Lied beim Erscheinen eine weitere gute Ballade aus der Feder von Klaus Meine. Was kann das Lied dazu, dass es so totgespielt wurde, dass es sogar bis ins Schlagerradio schaffte? Und ist es die Schuld des Songs, dass auch er den Lufthauch der Umwälzung zu spüren bekam, und sich das russische Volk nach den Zaren, Stalin und Breschnew heute lieber von einem fanatischen Großwildjäger unterjochen lässt.

Doch nach Jahren der Orientierungslosigkeit kam die Band zurück, spätestens mit dem unterbewerteten "Humanity-Hour 1" hatte sie ihre alte Stärke zurück erlangt. Leider gibt es heute immer noch Menschen, die ihnen ihre Taten in den Neunzigern nicht verziehen haben. Dabei hat das laut Wolf Hoffmann von ACCEPT jeder gemacht, und alle haben damit Schiffbruch erlitten. Eigentlich haben sich die SCORPIONS rehabilitiert, jedoch gelten sie bei einigen weiterhin als Schimpfwort. Und so gab es im Vorfeld der Rückkehr fast mehr kritische Stimmen als bei so manchen Frankfurter Deutschrockern.

Man sollte vielmehr froh sein, dass diese Truppe weiter macht und jedes weitere Album als Geschenk sehen. Klar muss man festhalten, dass es nicht ihr bestes ist, auch die beiden Vorgänger werden nicht ganz erreicht. Aber was heißt das schon angesichts deren Klasse. Den Biss früherer Tage haben sie nicht mehr, jedoch sprüht "Return To Forever" nur so vor Frische. Vielleicht sind es auch ein paar der "Oh Oh" und "Ah Ah"-Chöre und Mainstream-Ausflüge zuviel.
Die werden natürlich wieder die Kritiker auf den Plan rufen, welche den alten Pop-Vorwurf erneuern. Man könnte ihnen recht geben, die kurzen Lieder kommen kaum über die vier Minuten hinaus. Dazu könnte man von der Songlänge sogar auf das Tempo schließen, mit solchen Mechanismen arbeitet man auch in der Pop-Industrie. Doch funktionierten die Stücke der Rockmusik in ihren Anfangstagen nicht nach eben jenen Mustern, Gitarre, Bass, Schlagzeug, eine gute Melodie darüber und fertig.

Das reicht, wenn die Kompositionen stimmen, einfache, auf das Wesentliche reduzierte Musik, die Spaß macht und nach vorne rockt. Auf dem Album müssen die Tracks nicht wie in den unsäglichen Neunzigern unnötig in die Länge gezogen werden, nur damit Alicia Silverstone ihren Babyspeck noch ein paar Minuten länger in die Kamera halten kann. Mit Klaus Meine verfügen sie über einen absolut charakteristischen Sänger, der für sein Alter eine unglaubliche, stimmlich klare Leistung bringt. Da bedarf es keinem Chor, dessen Stimmenzahl die eines beschlussfähigen Bundestages übersteigt.

So machen die Fünf einfach das, was sie am besten können, ihr schwedisches Produzententeam verpackt das in ein kraftvolles Soundgewand. Ob treibender Rocker oder wunderschöne Ballade, alles sitzt perfekt, die Spiellaune ist blendend. Matthias Jabs lässt sogar ein paar Blueslicks vom Stapel, dass sein Ton weicher wurde, bemerkte ich schon auf der letzten Tour. Vielleicht fast er mal den Mut und fährt auf einem Soloalbum komplett die Linie. Mutig ist auch seine Band, nicht alles läuft auf Nummer Sicher, bei "The Scratch" bauen sie Elemente der Swingmusik ein.
Wo andere Acts sich vergeblich mühen, zwei Stile miteinander zu verbinden, gelingt hier die ideale Symbiose. Die SCORPIONS schaffen abermals ein Werk, das ihrer Legende gerecht wird. Ihre Kritiker werden sie damit nicht verstummen lassen können, doch das war bereits vorher klar. Wer nach einem halben Jahrhundert etwas wie "Return To Forever" aus dem Hut zaubert, dem kann dies reichlich egal sein. (Pfälzer)

Bewertung: 8 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 47:47 min
Label: Sony Music
Veröffentlichungstermin: 20.02.2015

Wertung der Redaktion
David Andreas Dennis Maik Jochen Pascal Anne
8 6 5 8,5 7 7 6,5
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Pfaelzers Avatar
Pfaelzer antwortete auf das Thema: #16293 9 Jahre 3 Wochen her
Natürlich ist die Produktion ein wenig geschliffen, aber das gerät bei der Scheibe nicht unbedingt zum Nachteil. Am Anfang war ich beim Hören vom Stream auch ein wenig enttäuscht, aber wenn man das richtige Album hört, entwickelte sich die Sache völlig anders. Der Sound besitzt ordentlich Druck und ist sehr differenziert, da habe ich schon ganz anderes erlebt.

Und wie verrufen die Band ist sieht man hier an ein paar Noten, ich hatte mir noch überlegt, mit der Höchstnote mal einen Kontrapunkt zu setzen, das wäre aber zu provokativ gewesen.

Die SCORPIONS spielen ja mit EUROPE in Straßburg, mal sehen, ob ich hinfahre. Die beiden Bands könnten ja auf ihre "Makel in einigen Augen" verzichten und das im Vorfeld genau so kommunizieren, dann wäre das Pflicht. Ich mag zwar sowohl "Wind Of Change" wie auch "Final Countdown", aber die ziehen zuviel latent nervige Klientel.
Pascals Avatar
Pascal antwortete auf das Thema: #16292 9 Jahre 3 Wochen her
Nach dem ersten Durchlauf der Platte war ich ein wenig enttäuscht. Was mitunter an den vielen Vorberichten lag, welche die Platte dermaßen lobte, dass meine Erwartungen viel zu groß waren.

Eigentlich gefällt mir die Platte, abgesehen vom Sound, mittlerweile ganz gut. Dennoch bleiben für mich zu viele Momente ("Rock My Car"), die ich fast schon lächerlich finde. Dennoch achte und schätze ich die SCORPIONS und auch auf "Return To Forever" zeigen sie noch ihre Experimentierfreudigkeit, ganz deutlich wie von Kollege Pfälzer bereits erwähnt bei "The Scratch".

Auch bei einem anderen Thema kann ich mich dem Pfälzer nur anschließend, die Band leidet nach wie vor unter ihrem übergroßen Hit und ist gerade hier in Deutschland immer noch extrem verrufen. Zumindest bei den regulären Rockfans. Ein wenig Schade, denn die Band hat wirklich geniales Songmaterial im Gepäck. Dennoch kommen die meisten Leute über "Wind Of Change" nicht hinweg und stempeln die Band als etwas ab, was sie eigentlich nicht ist.

"Return To Forever" ist mit Sicherheit ein gutes und abwechslungsreiches Album geworden. Noch dazu zeigt die Band, dass sie nach so vielen Jahren immer noch Spaß an der Sache haben. Die Produktion hätte meiner Meinung nach etwas weniger "glatt" sein können. Doch hat man sich nach den ersten Durchläufen daran gewöhnt, rockt das Album ganz schön.

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