Interview mit Christian und Hilton (Dark Millenium)

darkmillenium midnightvoidRalf: Hi Christian und Hilton, hier der Ralf vom Neckbreaker Webzine. Ich kenne Euch noch aus Demotagen, als ich damals für's UNDERGROUND EMPIRE schrieb. Schön, dass es Euch wieder gibt.Wie kamt ihr damals auf die Idee eine nicht typische Death Metal Band zu gründen?

Hey Ralf, wir haben in jungen Jahren zunächst zu dritt (Hilton, Christoph und ich) zusammengesessen und Coverversionen gespielt, bevorzugt von MOTÖRHEAD und AC/DC. Mit der Zeit haben wir – damals unter dem Namen „MORTAL FREIGHT“ – eine „komplette“ Band gegründet, und in unserem ersten Proberaum unsere ersten eigenen Songs geschrieben, die deutlich Thrash Metal – beeinflusst waren. Als die Songs – beeinflusst von Bands wie DEATH & POSSESSED – wesentlich düsterer wurden und wir den Death Metal für uns entdeckten, wurde der Bandname in DARK MILLENNIUM geändert, was unserer Meinung nach besser zu unserer Musik passte. Dass wir eine „nicht typische“ Death Metal – Band wurden, war nicht kalkuliert, sondern hat sich aus sich heraus ergeben. Vermutlich haben unsere individuellen und immer schon sehr breit gefächerten Hörgewohnheiten dieses begünstigt, und wir hatten dabei nie vor, genau wie diese oder jene Band zu klingen. Einflüsse ja, aber keine Kopie, sondern mit eigener Note versehen.

Ralf: Das Debüt “Ashore The Celestial Burden“ wurde dann allerorts abgefeiert, ihr wart die neue Sensation im Death Metal. Wie denkst Du über die Zeit damals?

Es war eine aufregende und tolle Zeit; die Kritiken waren großartig, und wir bekamen die Möglichkeit vielerorts live zu spielen, u.a. auf Tour mit Bands wie UNLEASHED, TIAMAT & SAMAEL. Ich denke, dass unser Mut, eine ganz eigene Art von Death Metal zu spielen, belohnt wurde und wir bewiesen haben, dass man auch in dieser extremen Sparte von Musik bei allen typischen Trademarks immer noch originell und wiedererkennbar sein kann.

Ralf: "Diana Read Peace“ war dann völlig anders. Wie kam es zum Stilwechsel, was hat Euch damals beeinflusst. Literatur, Filme das Leben?

Wir haben schon seit jeher einen sehr vielfältigen Musikgeschmack, welcher kaum Grenzen kennt; dies hat uns natürlich auch als Musiker beeinflusst, und wir haben uns beim Schreiben von Songs nie limitiert oder künstlichen Grenzen untergeordnet. Wir hatten damals nicht vor, uns zu wiederholen, sondern ein – oder seien wir ehrlich – mehrere Schritte weiterzugehen. Beeinflusst wurden wir vor allem von Kunst, die nach genau diesem Prinzip funktionierte, bspw. die frühen Romane von Clive Barker, der sich einen Dreck um Konventionen und Regeln geschert hat. Ebenso ungewöhnliche Filme, und natürlich auch das Leben als solches, denn wer weiß schon was als nächstes passiert – genau das fanden wir auch beim Schreiben der Songs sehr inspirierend und reizvoll. Auch heute denken wir noch, dass dieser Aspekt Musik äußerst interessant machen kann.

Ralf: War die Welt eigentlich auf solch ein durchgeknalltes Album vorbereitet.

Da musst Du die Welt fragen... rückblickend muss ich natürlich zugeben, dass wir unsere Fans vor eine ziemliche Herausforderung gestellt haben, und wir haben auch einige Kritik für das Album einstecken müssen. Aber das war schon ok, wir mussten es einfach so machen, unsere ausufernde Kreativität ließ uns keine Wahl – die Konsequenzen haben wir dafür in Kauf genommen.

Ralf: Wie ging es dann weiter. Wie lief das Album und wie war das gigtechnisch?

Wir haben diejenigen Songs der „Diana Read Peace“ in unsere Setlist aufgenommen, die live am besten funktioniert haben. Die komplexeren Stücke blieben dabei außen vor und uns wurde einmal mehr klar, dass die progressive Seite der Medaille auch Nachteile mit sich brachte, gerade auch hinsichtlich der Tatsache, dass sie ein „Erspielen“ neuer Fans über das Medium „Live“ in der Death Metal Szene erschwerte.

Ralf: Warum kam es dann letztlich zur Auflösung,wolltet ihr andere musikalische Wege gehen oder ging es um Business-Sachen?

Das grenzenlose Experimentieren brachte bei jedem von uns andere Sehnsüchte nach neuen musikalischen Ufern hervor, was unausweichlich und stetig zu einem Split führte. Die Ernüchterung über die zuweilen verständnisarmen Reaktionen einiger Fraktionen der Szene ob unseres scheinbar zu schnellen, nennen wir es mal Wandels, mag ebenfalls ein Zünglein an der Waage gewesen sein.
So oder so, es war an der Zeit, dass zunächst Jeder von uns seinem eigenen Hasen ins Loch folgte.

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Ralf: Wann kamen Century Media auf Euch zu, um den Backkatalog zu re-releasen?

Philipp von Century Media kontaktierte Anfang 2015 zunächst Christoph, der dann rasch an mich verwies. Ich habe mich dann aufgrund des dann nunmehr dritten Angebotes dieser Art mit Christian getroffen, um das Anliegen zu besprechen, was sich als sehr sinnvoller und konstruktiver Anlass herausstellen sollte.

Ralf: Stand da bereits fest, dass DARK MILLENNIUM reformiert werden? Oder wie kam es dazu, dass ihr gesagt habt, wir versuchen es noch einmal.

Die Idee der Re-Union ist zwar recht zeitgleich, aber grundsätzlich unabhängig von den Re-releases entstanden. Hilton und ich haben uns irgendwann in einer alten Kneipe getroffen, und beim gemeinsamen Bier darüber philosophiert, wie es wäre, der Band neues Leben einzuhauchen. Wir haben dabei schnell festgestellt, dass wir immer noch ähnlich ticken und zudem im Laufe der Jahre einige Ideen angesammelt hatten, die eigentlich nur zu DARK MILLENNIUM und zu keinem anderen Projekt gepasst hätten. Angetrieben von der Frage „wie würde diese Band heutzutage klingen?“ haben wir dann die anderen Irren reaktiviert, und das Ganze nahm seinen Lauf.

Ralf: Andere Irren, das ist gut...Hihihi. Ein Album wie „Midnight In The Void“ schreibt sich ja auch nicht gerade schnell nebenbei. Wie lange habt ihr daran gearbeitet und was gibt es zum Entstehungsprozess zu sagen?

Wir haben ungefähr ein Dreivierteljahr an den Songs gearbeitet, und haben uns dazu in regelmäßigen Abständen in Hilton’s Studio getroffen, und ganz entspannt bei Kaffee und Kippe komponiert. Zunächst waren das Hilton, Michael und ich, später kam Gerold, unser neuer Bassist, dazu. Die Sessions liefen schneller und kreativer ab, als wir uns das hätten vorstellen können, und nachdem das Album stand, und wir von der Qualität überzeugt waren, haben wir zusammen mit der gesamten Band drei Tage in einem alten Kino im Sauerland geprobt, um ein gutes Feeling für die Aufnahmen zu entwickeln, die dann anschließend in besagtem Studio und in einem Studio in Luxemburg (wo die Drums aufgenommen wurden) stattgefunden haben. Grundsätzlich muss man sagen, dass Alles sehr reibungslos und ohne nennenswerte Probleme funktioniert hat.

Ralf: Gibt es da ein Konzept oder eine Verbindung unter den Songs miteinander?

Es gibt einen roten Faden, der sich durch das Album zieht. Dies ist eine Reise in das Unterbewusstsein der Menschen, wo sich ja mitunter sehr ungewöhnliche Dinge abspielen, und wo der Grundstein für viele unserer Handlungen gelegt wird. Diesen Zusammenhang finde ich sehr spannend, zudem wurde dies von unserem Künstler Alex Freund auf dem Cover grafisch umgesetzt, indem das Unterbewusstsein als Landschaft dargestellt wird.

Ralf: Wenn Du die heutige Zeit mit damals Anfangs der Neunziger vergleichst, was hat sich gebessert und was gar verschlechtert?

Der Sinn fürs Physische und das Haptische fehlt heute etwas. Der Wert eines Albums, oder der Musik als solches ist stetig gesunken. Vieles scheint heutzutage beliebig oder wird nicht mehr so zelebriert wie damals. Auf der anderen Seite gibt es heute mehr technische Mittel, seine Visionen umzusetzen, von denen wir jedoch nicht gerade inflationär Gebrauch machen, um authentisch zu bleiben.

Ralf: Wer oder was war damals der Auslöser, dass Du zum Metalfan wurdest.

Ich war einfach gelangweilt von der Musik, mit der man üblicherweise konfrontiert wurde. Als ich den Metal entdeckte, war ich sofort fasziniert von der Radikalität und Wucht dieses Sounds, von der Extremität und der Härte, und zudem von der Kreativität, die ja schon bei den Plattencovern anfing. Ich habe mich einfach sofort wohlgefühlt in dieser Szene, und gemeinsam mit meinen Kumpels viele tolle und verrückte Gleichgesinnte kennengelernt, mit denen man sich austauschen konnte. Diese Treue hat bis heute Bestand, auch wenn ich natürlich auch Musik höre, die mit Metal wenig zu tun hat.

Ralf: Wie definierst Du „Erfolg“ für Dich?

Weniger auf Basis von Verkaufszahlen, sondern eher aufgrund von Feedback, welches von den Zuhörern kommt. Ein ganz besonderer Erfolg ist doch, wenn man von jemand gesagt bekommt, dass unsere Kunst ihn berührt und etwas in ihm auslöst. Ich persönlich beurteile Musik danach, ob sie mich emotional erreicht, ob sie interessant und vielfältig ist, ob sie authentisch ist, und wenn wir diese Kriterien bei unseren Zuhörern erfüllen – unabhängig davon wie viele es letztendlich sind -, ist das für mich ein großer Erfolg.

Ralf: Was steht an bei DARK MILLENNIUM?

Auf jeden Fall weitere Auftritte, evtl. sogar eine kleine Tour, aber das ist noch nicht sicher. Wir richten derzeit ein neues Studio ein, und dadurch werden sich die Rahmenbedingungen für unsere weitere Arbeit nochmals deutlich verbessern. Wir werden auch weiterhin an neuem Material arbeiten, und ich kann jetzt schon sagen, dass wir für das nächste Album keine 23 Jahre brauchen werden, haha. Grundsätzlich werden wir weiterhin sehr autonom und auch mal unkonventionell arbeiten, und uns nicht in unser Wirken reinreden lassen. Es wird kreativ weitergehen!

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(Ralf)

Bildquelle: Band

Kategorie: Interviews