Die Briten CRADLE OF FILTH touren derzeit durch die deutschen Lande, um ihr aktuelles Album "Thornography" zu promoten. Wieder einmal haben es die Horror-Freaks geschafft, ihr Publikum mit neuen Einflüssen und Elementen zu überraschen, ja sogar zu schocken. Bei ihrem Zwischenstopp in Köln nutzte ich direkt die Chance, mich zu Gitarrist Paul durchzukämpfen, der sich in einem kleinen Raum mit Laptop und jeder Menge Unterlagen ein kleines Büro eingerichtet hat, aber trotz allem Tourstress sich gut gelaunt einem kleinen Gespräch stellt. Mika: Hi Paul, viel zu tun?

Paul: Hi...ja, ich sitze gerade an ein paar Entwürfen für neues Merchandise. Ich muss das nur schnell noch...ach, mach ich später. (schiebt das Notebook zur Seite)

Mika: Ja, lass uns lieber ein wenig über Euer Album sprechen. Ihr habt ja wieder mal ein paar tiefgreifende Neuerungen auf "Thornography". Das wohl auffälligste wird Danis cleaner Gesang sein, der stellenweise zum Vorschein kommt. Wie kamt Ihr darauf? Hat er das schon mal vorher gemacht?

Paul: (grinst) Ja, für einen Soundtrack. Als er damit angefangen haben, merkten wir erst, dass er sowas kann, haha. Weisst Du, betrachte seine Stimme auf dem Album einfach nur als weiteres Instrument, nicht als Gesang im eigentlichen Sinne. Vielleicht ist Dir aufgefallen, dass er eine Menge Effekte auf seiner Stimme hat, wenn er clean singt. Man hört also auch nicht seine natürliche Stimme. Wir haben das mit Absicht so gemacht, um einen Klang wie von einem anderen Instrument zu erzeugen, das der jeweiligen Stelle dann auch die entsprechende Stimmung verpasst. Besonders bei Refrains wirkt sich das gut aus, wenn Du eine griffige Hookline so noch unterstreichen kannst. Trotzdem ist sein Gesang bei diesen Stellen auch meist mit seiner bekannten Singstimme gedoppelt.

Mika: Ihr verarbeitet ja auch immer meist ein umfassendes Rahmenkonzept in Euren Alben...

Paul: ...das hier hat gar keins! (lacht)

Mika: Genau, zumindest habe ich keinen Zusammenhang zwischen den Songs entdeckt. Also sollte jeder Song für sich alleine betrachtet werden?

Paul: Kann man so sagen, ja.

Mika: Was ist dann mit dem Albumtitel. Soll der Song "I Am The Thorn" dann auch als Titeltrack gesehen werden?

Paul: Naja, wir nutzen ihn zumindest so und stellen ihn auch als Titelsong vor. Aber im Grunde liegt es ganz bei Dir! (lacht)

Mika: Äh, wie meinen?


Er kam zu uns und fragte, ob er was mit uns gemeinsam machen könnte und wir meinten: "Klar, wenn wir eine Stelle finden, an der wir Dich einsetzen können."

Paul Allender über die Zusammenarbeit mit Ville Valo

Paul: Es gibt keinen direkten Bezug eines Tracks zum Albumtitel, insofern hast Du genug Interpretationsspielraum. Aber es stimmt schon..."I Am The Thorn" ist von der Thematik her am ehesten am Albumtitel dran, insofern kann man ihn ruhig als Titeltrack bezeichnen.

Mika: Bei "Byronic Man" habt Ihr auch einen bekannten Gastsänger...

Paul: (lachend) Ville!

Mika: ...über den es natürlich auch einige Mutmaßungen gab, ob es irgendwelche kommerziellen Hintergründe hat oder sowas. Jetzt hab ich aber einem Statement von Dani entnommen, dass der Song von der person "Lord Byron" handelt, der scheinbar gewisse Übereinstimmungen zu Ville hat?

Paul: Ja, von der Persönlichkeit her!

Mika: Und wer ist dieser "Lord Byron"?

Paul: (zeigt lachend auf die Wand zum Nebenraum, in dem Dani zeitgleich ein Interview gibt) Das musst Du ihn fragen, haha! Nein, im Ernst. Ich lese nicht so viele Bücher und bin in dieser Thematik nicht wirklich tief drin. Mein Ding ist es eher, die Musik zu schreiben. Ich weiß nur, dass er eine verdammt verrückte Figur sein muss, dieser Lord Byron. Zu Ville muss ich sagen: Er hat uns gefragt, nicht wir ihn, um irgendwie das Album aufzumöbeln. Er kam zu uns und fragte, ob er was mit uns gemeinsam machen könnte und wir meinten: "Klar, wenn wir eine Stelle finden, an der wir Dich einsetzen können." Und die ergab sich schließlich mit "Lord Byron".

Mika: Verstehe. Ihr hattet in der letzten Zeit ja auch eine Menge Wechsel im Line-Up, Charles ist weg, euer Keyboarder Martin hat die Band verlassen. Danach hattet Ihr einen Aufruf auf der Webseite, dass ihr einen neuen Keyboarder sucht und jetzt ist Rosie Smith die neue Frau an den Tasten auf der Tour. Ist sie als zukünftiges festes Mitglied bei COF anzusehen?

Paul: Ja.

Mika: Hatte sie auch schon irgendwelche Einflüsse auf "Thornography"?

Paul: Nein, denn sie ist bisher nur Teil des Line-Ups auf der Tour. Sie wird also erst beim Songwriting für das nächste Album eingebunden sein.

Mika: Ok, und wer war es dann bei diesem Album?

Paul: Für die Keyboards?

Mika: Ja.

Paul: Jeder! (lacht) Ich meine, jeder von uns innerhalb der Band kam mit irgendwelchen Ideen für die Keyboards an. Dann hatten wir Daniel Presley, einen amerikanischen Arrangeur, mit dem wir schon vorher zusammengearbeitet haben. Er arrangierte alle unsere Ideen dann so, dass sie auch ordentlich zum Rest passten, besonders bei "Rise Of The Pentagram"...

Mika: Dem Instrumental-Song?

Paul: Genau. Und dann kam ein anderer Typ ins Spiel, Marc Robson, mit dem wir auch schon mal zusammengearbeitet haben. Er spielte das alles direkt sauber ein, so dass wir nicht alles erst über Midi abwickeln mussten. So ging das dann auch alles recht flott über die Bühne.

Mika: Das Songwriting hattest Du ja schon erwähnt. Wie sind da die Jobs innerhalb der Band verteilt? Dani wird sich wohl um die Lyrics kümmern, oder?

Paul: Dani schreibt die Lyrics, ich die Musik. Grundsätzlich komme ich mit Songstrukturen oder Riffs an und wir schreiben uns E-Mails. Wir haben einen Server und dort laden wir Songideen hoch, also ich sage dann den anderen bescheid, dass was neues auf dem Server ist und sie sich das alle mal anhören sollen. Sie sagen mir dann, was sie davon halten und was ihrer Meinung nach geändert werden sollte. Das geht dann so weiter, bis die Songs zumindest Demo-Qualität haben. Danach treffen wir uns im Proberaum und jammen ein wenig. Jeder bringt seine eigenen Einflüsse so in die Songs, so dass es sich danach auch wie eine Band anhört. Weisst Du, ich hasse...ja...verdammt, hasse absolut Songs oder Bands, die sich nur nach einer Person anhören. Du musst wie eine Band klingen, um glaubhaft zu sein.

Mika: So dass also jeder seine eigenen Einflüsse einbringt?

Paul: Klar. Auch wenn sie das Zeug spielen, das ich geschrieben habe, so spielen sie es doch mit ihrem eigenen Stil, wodurch das ganze mehr nach einer Band klingt.

Mika: Aber Du arrangierst alles im Voraus auf dem Computer, inklusive Drums?


Ich hasse...ja...verdammt, hasse absolut Songs oder Bands, die sich nur nach einer Person anhören. Du musst wie eine Band klingen, um glaubhaft zu sein.

Bei Cradle Of Filth steht immer noch Teamwork im Vordergrund

Paul: Ja, ich programmiere die Drums, lege Keyboards drüber, spiele die Gitarren natürlich selbst ein, genau wie auch den Bass. Dann schicke ich das Zeug herum und jeder kann sich dazu äußern. Wenn jemand meint, ein Riff sei scheisse, ok...schmeiss es raus und bring mir ein besseres Riff. Wenn jemand was besseres bringt, habe ich auch keine Probleme, das einzubauen. Manchmal mache ich das eben, manchmal nicht, weisst Du? So geht das eben...

Mika: Lässt Du Dich da auch irgendwie von aktuellen Outputs anderer Bands beeinflussen?

Paul: Nein, nicht von aktuellen. Um ehrlich zu sein, es gibt im Moment keine aktuelle Band, die ich so mag, die mich dermaßen berührt, so dass ich denke "wow". Kennst Du das Gefühl, wenn Du Musik hörst, die Dich richtig berührt, so dass sich Deine Nackenhaare aufstellen?

Mika: Klar!

Paul: Siehst Du, das schafft eigentlich keine Band, seit ich aufgewachsen bin. Die einzigen Bands, die das schaffen, sind frühe Maiden, Priest oder Motörhead oder alte Thrashbands. Es gibt also ein paar Bands, die ich wirklich mag, aber die beeinflussen mich nicht wirklich. Ich mag auch 3 Inches Of Blood sehr, aber nur, weil sie wie alte Judas Priest klingen, besonders wegen den Vocals. Aber wirklich beeinflussen kann mich keine Band. Das ist mir im Grunde aber auch ganz recht. Zuhause höre ich nahezu keine Musik, um mich auch gar nicht großartig beeinflussen zu lassen. Also wenn, dann bin ich höchstens von alten Bands beeinflusst, aber auch nur, um das dann in moderner Musik auszudrücken.

Mika: Bist Du noch interessiert daran, was sich so beim Nachwuchs im Underground tut?

Paul: Ähm, also um ehrlich zu sein, habe ich da komplett den Bezug verloren, haha!

Mika: Super!

Paul: (lachend) Ja, sieh mal, ich bin jetzt 36, haha. Aber im Ernst, als ich jünger war, habe ich natürlich auch Tapetrading betrieben und Flyer weitergeschickt, wie das halt so üblich war. Aber heute hab ich auch gar keine Zeit für sowas. Du siehst ja was hier los ist. (zeigt auf den beladenen Tisch und das Notebook) Ich habe keine Zeit für irgendwas anderes außer Cradle Of Filth. Im Grunde ist Cradle Of Filth im Moment mein Ende der Welt, haha!

Mika: Ok, eins noch: Ihr habt bei Konzerten ja meist eine große Show neben der Musik. Wer ist da bei Euch für die Konzepte und Showelemente verantwortlich?

Paul: Dani und ich.

Mika: Na, wer hätte das gedacht? Habt Ihr da auch irgendwelche festen Showelemente wie zum Beispiel die Tänzerinnen und andere variable Elemente, die dann einfach zum Song passen?

Paul: Ja, aber nicht in dieser Show heute abend.

Mika: ...?

Paul: (lachend) Ja, ist alles neu heute.

Mika: Oh, irgendwelche Überraschungen, die Du mir jetzt schon verraten willst?

Paul: Ähh, schau Dir die Show an, hahaha! Naja, also wir haben uns entschieden auf dieser Tour niemanden sonst mitzunehmen außer der Band. Wir haben uns darauf konzentriert, wie die Bühne aussehen soll. Wir testen im Moment eine Art Projektor-Anlage. Wenn wir damit irgendwann mal umgehen können, werden wir das immer einsetzen, denn mit diesen Projektoren kannst Du den Hintergrund der Bühne permanent während der Show verändern. Die Teile sind unglaublich, fucking amazing! Wir lernen im Moment noch, sie einzusetzen (lacht). Daher ist diese Europatour eine Art Test für diese Technik. Aber wenn wir irgendwann wieder hierher kommen und immer noch diese Projektoren benutzen, dann können wir richtig damit umgehen und wissen, wie wir sie am besten einzusetzen haben, dann wird das einfach nur genial. Das ist einfach unglaublich, was man damit machen kann. Die Fans werden es lieben.

Mika: Na da hast Du mich ja mächtig neugierig gemacht. Vielen Dank für das Interview und viel Glück für die Show nachher!

Paul: Danke Dir!
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