jessymartens tourplakatBeim ersten Konzert mit Deutschlands Blueshoffnung rockten und redeten wir noch ein wenig aneinander vorbei, doch das ist lange vergessen. Sie hat nun mal eine klare Vorstellung von ihrer Show und wusste nicht, dass ich diese sehr gerne teile. Alles Schnee von gestern, man hat sich ausgetauscht, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird und mittlerweile habe ich JESSY MARTENS als empfindsame Künstlerin kennen und schätzen gelernt. Ebenso schätze ich ihr drittes Solotudiowerk, welches im letzten Herbst erschien und für mich zu den stärksten Veröffentlichungen des vergangenen Jahres zählt. Mit „Tricky Thing“ im Gepäck ist man nun als Band wieder unterwegs und machte abermals im Freudenburger Ducsaal Station.

Da ich dieses Kleinod unter den deutschen Clubs mittlerweile in mein Herz geschlossen habe, war es selbstverständlich, dass ich auch da wieder gerne vor Ort bin. Dieses Mal habe ich den Ruf des Clubs und der angrenzenden Küche sogar sehr weit getragen, meine schwedische Begleitung teilte meine Begeisterung und entlastete mich nebenbei als Photographin. Auch Fräulein Martens und ihre Jungs sind immer wieder gerne hier, war doch Chef Manfred Weber einer der ersten, der ihr regelmäßige Liveauftritte verschaffte.
Zwar blieb das kleine Schwarze dieses Mal in der Garderobe, doch die dunkelste der Farbenpracht war auch an jenem Abend wieder vorherrschend bei ihrem Outfit, wobei die Bluse recht hochgeschlossen war. Ein kleines Signal vielleicht, aber dazu gleich noch etwas mehr. Lediglich die silbernen Schuhe könnten eher dem Fundus von Rudolf Schenker entsprungen sein, mögen sie länger halten als mein Handy-Etui der selben Marke.

Wenn man so ein starkes Studiowerk dabei hat, dann tut man gut daran, auch direkt damit zu beginnen, die Formation ist sich dessen bewusst und hat fast das komplette Album in dem Set verteilt. Dabei konnte der Auftakt gar nicht besser gewählt sein, denn der Titel des Openers, der auch den aktuellen Longplayer eröffnet, war Programm. JESSY MARTENS war stärker, reifer, fokussierter, die schwierige Zeit im Studio ließ sie erstarkt daraus hervor gehen.
Natürlich machte man in den Ansagen auch auf die Veröffentlichung aufmerksam, welche es am Merchstand zu erwerben gab, unter anderem auch in leckerem schwarzen Gold. Um nicht gänzlich in Selbstlob zu verfallen, verwies die Sängerin auf eine Rezension eines anwesenden Musikredakteurs und bedankte sich aufrichtig für dessen lobende Worte, wobei der gar nicht wusste, wie ihm geschah. Jessy, Du hast es wieder einmal geschafft, mich in Verlegenheit zu bringen.

In Verlegenheit brachte sie auch einen Fan in der ersten Reihe, als sie ihm ganz tief in die Augen blickte und dabei betont tief und lasziv sang. Dies war einer der Momente, bei denen sie ihren Beitrag ohne Mikrofon darbot, was ihr Szenenapplaus einbrachte. Da stand sie wie nackt ganz vorne am Bühnenrand und zelebrierte jede Textzeile mit geschlossenen Augen. Bei allem Gefühl besitzt sie die Kraft und Inbrunst sich auch ohne Verstärkerunterstützung durchzusetzen.
Die Dame beherrscht die komplette Palette an Ausdruck, mal säuselte sie sanft, dann croonte sie lasziv oder sang sehr melodiebetont. Die Hingabe, wie sie jede Note mitlebt ist im ganzen Club zu spüren, beseelt nimmt JESSY MARTENS jeden Zuschauer sofort ein, im einen Moment stand sie fast unschuldig da, dann wiederum explodiert sie und ließ ihren Emotionen freien Lauf. Die werden dazu mit Gestik und Mimik zusätzlich unterstützt, von einer Erkältung war nichts mehr zu spüren, dafür brachte sie eine unglaubliche Dynamik mit ein.

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Dabei konnte sie sich natürlich auf ihre Backingband verlassen, die ihr das perfekte Fundament hinzauberte. Nach all den gemeinsamen Jahren auf Tournee ist der Fünfer zu einer eingeschworenen Gemeinschaft zusammen gewachsen, die sich blind auf den anderen verlassen kann. Dabei gaben sich die Instrumentalisten sehr unprätentiös und ordneten sich stets dem Song unter. Vor allem Gitarrist Dirk Czuya stellte seine Fähigkeiten kaum in den Mittelpunkt, sondern weiß sie geschickt einzustreuen. So überzeugte er sowohl mit rockigen Riffs als auch Leadfills beim ein oder anderen Slow Blues, an der Akustischen, sowie immer wieder mit funkigem Rhythmus, bei denen Stimmung in die Hütte kam.

Da war Markus „Mosch“ Schröder an den Tasten schon präsenter, legte er immer wieder warme Orgelflächen unter die Melodien. Noch mehr konnte er als Pianist brillieren, wo er auch mal ins Jazzige abdriftete und dem Sound weitere Facetten hinzu fügte. Die Rhythmusfraktion passte sich da ebenfalls an und half das Gefühl der Kompositionen zu transportieren. Gerade hier ist es immer wieder schwierig, alles sehr genau zu dosieren, doch Christian Hon Adameit am Bass sowie Christian Kolf an den Drums trafen immer den richtigen Ton.
Beim Bobby Womack-Cover nahmen sie das Tempo immer mehr heraus, hier agierte die Truppe immer sanfter, so dass zwischendurch nur noch ein Hauchen zu verspüren war, ganz großartig, wie feinfühlig sie ihr Spiel im Griff hatten. Allerdings hatte der Verfasser dieser Zeilen ohnehin etwas Probleme mit der ruhigeren Gangart dieses Titels, ist er mir eher als Hair Metal-Cover aus den Achtzigern ein Begriff.

Da sich die Band stets angenehm zurück hielt, war es an JESSY MARTENS selbst, ihre Jungs ins Rampenlicht zu stellen, weswegen sie die Solospots immer wieder ankündigte und vom Publikum abfeiern ließ. Wenn die Vier dann gekonnt jammten, dann ging sie einfach von der Bühne runter und gesellte sich unter das Publikum und sah einfach ihren eigenen Leuten zu. Hier zeigte sich ebenso ihre Leidenschaft und der Spaß an der Arbeit mit diesen Musikern. Dies war noch schöner zu sehen, als Czuya ein längeres Solo zum Besten gab und die gute Jessy am anderen Ende der Bühne mit fast kindlicher Begeisterung in den Augen einfach bewegt lauschte.

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Da brannte sie ebenso für die Musik und Performance wie den ganzen Abend, wobei sie hier, wie bereits erwähnt konzentrierter rüber kam. Die Dame ist sichtbar reifer geworden, das schlägt sich auch optisch nieder, die einst jugendlich wild einseitig abrasierten Haare fallen nun gleich lang auf ihre Schultern. So war auch der Fokus noch stärker auf dem musikalischen Teil, weswegen die witzigen Breitseiten an Zuschauer weniger waren und auch die ein oder andere kernige Ansage von früher verkniff sie sich.
So ganz konnte es die Frontfrau dann doch nicht lassen und machte ein jüngeres Semester, der zu cool zum Mitsingen war, charmant darauf aufmerksam, dass die Aufforderung auch für ihn gelte. Als sich dann ein Zuschauer vom Balkon aus brüstete, er werde anhaltend Zugabe fordern, wollte Jessy wissen, ob er den nicht nur rufen, sondern auch singen könne. Interessanterweise verpackte sie diese fröhliche Konversation in den Song, die Band hielt spontan den Rhythmus, während ihre Sängerin einfach die passenden Lyrics improvisierte.

Doch nicht nur, der Herr von da oben, der sich im Übrigen recht gut aus der Affäre zog, auch der gesamte Club skandierte nach knapp einhundert Minuten lautstark nach mehr. Da alle den ganzen Abend über gut mitgingen wurden sie auch zweimal erhört, obwohl die Sängerin angeschlagen war. Dabei waren es an dem Abend vor allem ihre starken Songs und ihre beeindruckende Stimme, welche im Ducsaal Begeisterung entfachte, und weniger ihr komödiantisches Talent. Mit noch mehr Tiefe im Vortrag macht JESSY MARTENS einen weiteren Sprung nach vorne und setzt sich endgültig an der Spitze der nationalen Bluesszene fest. Da ist die Weihe mit der bevorstehenden Rockpalast-Aufzeichnung nur verdient.

Setlist JESSY MARTENS:
Stronger
Pack Of Lies
Insanity
Hush Now
Tricky Thing
Trying To Make A Living
Little Mama Don´t Dance
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Forever Mine
Undercover
By Your Side
Touch My Blues Away
I Don´t Need No Doctor
Brand New Ride
One Minute Love
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Giants
Home


Alle Photos von Anna

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