Morbid Angel + Hatesphere (10.04.2005, Essen)

Voll war's in der altehrwürdigen Zeche Carl, denn in Altenessen gastierte eine leibhaftige Legende des Death Metals. Doch es war keine neue Platte, die die Florida-Pioniere MORBID ANGEL wieder einmal über den großen Teich reisen ließ, sondern eine sicherlich umstrittene und wohl von vielen nicht mehr für möglich gehaltene Reunion. Denn nach dem Ausstieg von Steve Tucker letztes Jahr gibt sich nun niemand anderes als der Ur-Fronter David Vincent die Ehre, seinen ehemaligen Kollegen nach einer Südamerika-Tour nun auch in Europa Gesellschaft zu leisten.

Hierzulande begleitet wurden sie – sicherlich alles andere als musikalisch kompatibel – von den Dänen HATESPHERE. Diese konnten in der, wie erwähnt, äußerst vollen Zeche sowohl mit ihrem modernen auf-die-Fresse-Thrash Metal als auch mit einer energiegeladenen aggressiven Performance überzeugen und brachten im vorderen Teil des Konzertraums auch einige Matten in Bewegung. Aber trotzdem war spürbar, dass die große Mehrheit eigentlich nur gespannt auf den Hauptact warteten. Lange musste man darauf aber dann nicht warten, denn eine sonderlich große Spielzeit wurde der Vorband gar nicht erst eingeräumt, genug um die Menge schon mal warmzuballern war es allemal.

Und dann ging es los, die vier morbiden Engel betraten die Bühne. Man kann ja über Mr. Vincent getrost geteilter Meinung sein wegen einer Reihe äußerst umstrittener Aussagen in der Vergangenheit, die diese Band – besonders in Deutschland – ziemlich ins Abseits katapultiert hatte, und wahrscheinlich auch hauptsächlich für sein Ausscheiden Mitte der 90er verursacht haben; aber dass er ein äußerst charismatischer Frontmann ist, können ihm auch erbitterte Gegner kaum absprechen können (vielleicht abgesehen vom Modegeschmack, denn sein hautenges Latex-Leibchen mit Pentagramm-Aufdruck kommt in Punkto Peinlichkeit schon nahe an Glen Benton's Plattenpanzer-Outfit ran). An seine Ausstrahlung kam jedoch sein Vorgänger Steve Tucker, auch wenn er objektiv betrachtet ein besserer Grunzer sein mochte, nie und nimmer dran. Zugute kam MORBID ANGEL auf dieser Tour natürlich auch, dass sie auf das vergleichsweise schwächere Songmaterial der drei Tucker-Alben verzichtete, und sich allein auf die essenziellen ersten vier Alben beschränkten – auch wenn seltsamerweise "Blessed Are The Sick" bis auf "Day Of Suffering" komplett ausgespart wurde. Dass aber ein Set, das mit Klassikern wie "Chapel Of Ghouls", "Rapture", "Dawn Of The Angry", "Maze Of Torment" oder "Pain Divine" äußerst hochkarätig besetzt war, die Zeche komplett ausrasten ließ, ist kaum verwunderlich. Höchstens die etwas knappe Spielzeit von ca. 75 Minuten konnte die Freude womöglich etwas trüben, da hätte auch noch der ein oder andere Song mehr kommen können.

Ansonsten war es unterm Strich ein äußerst gelungener Death Metal-Abend. Was die Zukunft für MORBID ANGEL bringt, da kann man gespannt sein. Man wird sehen, ob David Vincent auch nach den aktuellen Tourneen in der Band bleiben wird, und ob und inwiefern er seinen ziemlich bedenklichen Ansichten, die in der Vergangenheit viele Metalfans dazu bewegt haben, diesen Mann und seine Band zu boykottieren, abgeschworen hat. Aus rein musikalischer Sicht wäre sein Verbleib auf jeden Fall ein Gewinn, und ich wäre mir ziemlich sicher, dass ein Studioalbum mit dem aktuellen Line-up – als neuer zweiter Gitarrist ist übrigens MONSTROSITY-Klampfer Tony Norman am Start – zumindest nicht schlechter als die durchwachsenen letzten beiden Platten werden würde. (Kai)

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