Sonata Arctica + Pagan’s Mind + Vanishing Point (19.11.08 – Saarbrücken, Garage)

live_20081119_01.jpgSONATA ARCTICA scheinen Saarbrücken in ihr Herz geschlossen zu haben, denn fast auf den Tag genau ein Jahr nach dieser denkwürdigen Show, gastierten die Finnen erneut in der beliebtesten Garage der saarländischen Landeshauptstadt. Da war es keine Frage, dass ich mich erneut an einem winterlich kalten Novembertag in die Garage begab, um SONATA ARCTICA zum zweiten Mal binnen 12 Monaten live zu erleben. Zumal auch dieses Mal das Vorprogramm mit VANISHING POINT und PAGAN’S MIND mehr als stimmen sollte, auch wenn sicherlich nicht nur ich dieses leckere holländische Frontfräulein vom letzten Jahr (Simone Simmons (EPICA)), vermisste.
War die Garage im letzten Jahr bei meinem Eintreffen bereits rappelvoll, so bot sich an diesem Mittwochabend ein gänzlich anderes Bild, denn die große Leere dominierte und so waren selbst beim Headliner nur maximal halb so viele Leute vor Ort wie im letzten Jahr. Hat die Finanzkrise jetzt auch den Heavy Metal erreicht oder sind zwei Gastspiele innerhalb von 12 Monaten zu viel des Guten? Keine Ahnung, also kommen wir zum musikalischen Teil und an dem sollte es nur wenig auszusetzen geben.

Die Rolle des ersten Anheizers lag in den Händen der Australier VANISHING POINT, die sich in den vergangenen Jahren auf deutschen Bühnen sehr rar gemacht haben, und so etwas wie alte Bekannte von SONATA ARCTICA sind. 2001 teilte man sich den Supportspot auf der damaligen GAMMA RAY Tour. Da sieht man mal wieder wie unterschiedlich Karrieren verlaufen können, für die Finnen ging’s in den Folgejahren steil bergauf, die Australier hingegen verschwanden für mehrere Jahre in der Versenkung, so dass nur die wenigsten die Band geschweige denn ihre Songs gekannt haben dürften. Und trotzdem zog sich die Band mehr als beachtlich aus der Affäre und sorgte für Openerverhältnisse für gute Stimmung unter den bis dato Anwesenden. Das vertrackte und etwas unzugängliche Material der Melodic Progressive Metaller war zwar keine leichte Kost, aber eine enorme Spielfreude und die symphatische Art des Fronters Silvio Massaro, der sich mehr auf der großen Box im Bühnegraben als auf der Bühne bewegte, konnten mitreißen. 
Man konnte spüren, dass die sechs Aussies richtig Bock auf ihren Auftritt hatten. Nach sechs Songs, die größtenteils vom aktuellen Longplayer „The Fourth Season“ stammten (leider spielte man keinen Song vom 2000er Werk „Tangled In Dream“), war nach gut 35 Minuten schon wieder Schluss und die Band verabschiedete sich artig.

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Den zweiten Streich an diesem Abend übernahmen die Norweger von PAGAN’S MIND, die (nomen non est omen) mit dem aktuellen Pagantrend nix am Hut haben, sondern schon seit ihrem 2000er Debütkracher „Infinity Divine“ lupenreinen progressiven Power Metal spielen. Kein Wunder also, dass man in diesem Jahr das Prog Power Festival headlinen durfte. Und trotz des ähnlich vertrackten Materials, hatten die fünf Norweger einen deutlich besseren Stand beim Saarbrücker Publikum. Der überzeugende Auftritt als Support von BRAINSTORM vor einigen Monaten im Roxy war dafür sicherlich förderlich.

Und wie schon damals, legte die Band den Schwerpunkt ihres Sets auf die aktuelle Scheibe „God’s Equation“, von der gleich mal die erste Hälfte, sprich die ersten fünf Songs am Stück zum Zuge kamen („The Conception“ als Intro, „God’s Equation“, „United Alliance“, Atomic Firelight“, Hello Spaceboy“). Nicht gerade einfallsreich, aber durchaus effektiv und beim David Bowie Cover „Hello Spaceboy“ sprang der Funke dann endlich so richtig aufs Publikum über. Wirkte der Fronter Nils K. Rue bei den ersten beiden Songs noch etwas gehemmt und unsicher, wurde er von Minute zu Minute lockerer, und vor seiner Gesangsleistung muss ich einfach den Hut ziehen; auch wenn ich zugeben muss, dass sich an dieser hohen Stimme nach wie vor die Geister scheiden werden. Auch der Rest der Band präsentierte sich in Hochform, egal ob Ausnahmedrummer Stian Kristoffersen, der trotz komplizierter Rhythmen ab und an etwas gelangweilt aus der Wäsche guckte, oder Lead Gittarist Jörn Viggo Lofstad, dem das Posen inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen ist.    
Mit „Through Osiris’ Eyes“ machte man zwischendurch noch einen Schlenker zum „Celestial Entrance“ Album und nach 50 Minuten legte einer der heftigsten PAGAN’S MIND Songs den Schlusspunkt unter einen überzeugenden Auftritt. Zu den Klängen des Outros „Farewell“ verließen die Norweger, beklatscht vom Saarbrücker Publikum, die Bühne und nach diesem starken Auftritt bin ich mir sicher, dass wir von dieser Band in Zukunft noch einiges erwarten können. 

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Dann war erst mal Warten angesagt, denn SONATA ARCTICA ließen fast 40 Minuten auf sich warten, bis sie endlich um 20 nach 9 unter den Klängen eines Intros die spartanisch ausgestattete Bühne betraten. Wie im Vorjahr starteten SONATA ARCTICA mit dem „Unia“ Eröffnungsdoppel „In Black And White“ und „Paid In Full“ und trotz einiger anfänglicher Soundprobleme wurden beide Songs kräftig abgefeiert. Auf dieses Standardprogramm folgte mit „White Pearl, Black Oceans“ die erste Überraschung, und diese epische Powernummer erstrahlte gerade live in vollem Glanz. Trotzdem muss genau an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, warum SONATA ARCTICA trotz Keyboarder und einigen potentiellen Backgroundsängern auf Samples und Choreinspielungen vom Band zurückgreifen?

Mit „Replica“ und der frenetisch bejubelten Speedhymne „8th Commandment“ machte man einen Trip zurück ins Jahr 1999, als die Finnen ihr Debütalbum „Ecliptica“ rausbrachten. Nach „Ecliptica“ ging die Reise weiter zum „Silence“ Album, von dem’s zuerst die wunderschöne Ballade „Last Drop Falls“, die zweite Überraschung des Abends, und später das einfach nicht totzukriegende „Black Sheep“ auf de Ohren gab, das erneut für kollektiven Jubel sorgte. Zwischen diesen beiden alten Songs, wurde mit dem faszinierenden „Unia“-Epos „Caleb“ ein weiterer neuerer Song eingeschoben, der live aber etwas seine Wirkung verfehlte.

Nach dem flotten „Black Sheep“ nahm sich Tony Kakko erst einmal Zeit, um ganz ausführlich die Geschichte hinter der Ballade „Draw Me“ zu erzählen, die erneut zum Träumen anregte und in meinen Ohren wunderbar zum nahenden Winter passte. Und obwohl ich persönlich Balladen sehr mag, und mich sehr gefreut habe, einmal „Draw Me“ live gehört zu haben, war der Anteil ruhiger Songs unterm Strich zu hoch. Eine weitere Speednummer wie „San Sebastian“ oder „Wolf & Raven“ hätte vielen sicherlich besser gefallen. Und da ich gerade am Meckern bin: Wo zur Hölle war der Übersong „Blinded No More“?
Dafür sorgte „Full Moon“ dann nach gut einer Stunde für das nächste, aber auch vorerst letzte Highlight, denn die Finnen verschwanden erst mal wieder hinter der Bühne, um sich von dort aus die Zugaberufe anzuhören. Eigentlich könnten sich Bands diese Spielchen mal sparen, es weiß eh jeder, dass es noch weitergeht.
Und weiterging’s mit dem lustigsten und/oder unsinnigsten Teil des Abend, denn Tony Kakko hatte mal wieder seine helle Freude an dem SONATA typischen Mitsingspielchen, bei dem das Publikum in drei Teile geteilt wird, die dann zusammen ein Schlagzeug imitieren sollen. Im Vergleich zu dem Standard „ohohoh“ sicherlich eine interessante Sache, aber eben viel zu lang, vor allem weil’s so ziemlich jeder bereits kannte.
Doch natürlich gab’s als Belohnung für diese „harte Arbeit“ noch ein paar Songs auf die Ohren, und die sollten es noch einmal in sich haben, denn das Triple „Gravenimage“, „Don’t Say A Word“ und „The Cage“ gehört mit zum Besten, was die Finnen zu bieten haben. Wie man es inzwischen gewohnt ist, durften Band und Fans am Ende noch nach „Vodka“ fordern, ausgeschenkt wurde allerdings nix. Und so verging die Zeit, es war bereits kurz vor 11 und zu den Klängen des Outros verabschiedeten sich die Finnen von ihren Fans, und ließen sich noch mal gebührend feiern.

Auch an diesem Abend konnten SONATA ARCTICA unter Beweis stellen, dass sie zu Recht zur Speerspitze des Melodic Metals gehören. Allen voran Frontmann Tony Kakko hat sich über die letzten Jahre hin zu einem Frontmann mit Format entwickelt, der „sein“ Publikum stets im Griff hatte, und besonders mit seinen deutschen Ansagen punkten konnte. Sogar der exzentrische Tastenwizard Henrik hat es inzwischen schwer, Beachtung zu finden.
Dennoch war bei weitem nicht alles golden, was glänzt, dazu war der gesamte Auftritt angefangen bei den Ansagen bis hin zur Songreihenfolge viel zu routiniert. Von daher bin ich froh bei der überragenden Show im letzten Jahr ebenfalls dabei gewesen zu sein; mein Punktsieger kam an diesem Mittwoch jedenfalls aus Norwegen. Dennoch dürfen SONATA ARCTICA gerne auch im nächsten Jahr Saarbrücken wieder unsicher machen, dann aber bitte mit einem neuen Album im Gepäck. (Maik)  

Setlist:
Intro
In Black And White
Paid In Full
White Pearls, Black Oceans
Replica
8th Commandment
Last Drop
Caleb
Black Sheep
Draw Me
Full Moon
It Won’t Fade
Gravenimage
Don’t Say A Word
The Cage
Vodka Song/Outro

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Weitere Bilder findet ihr wie immer in unserer Galerie.

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