In Flames + Wovenwar + While She Sleeps (01.10.2014, Esch-Sur-Alzette (LUX))

inflames tourplakat2014Nach einem Jahr Pause steigen die einstigen Melo Death-Pioniere wieder auf die Bühne. In Zwischenzeit werkelten die Schweden an ihrem aktuellen Album "Siren Charms", mit dem sie deutlich neue Wege beschreiten und das auch nicht überall wohlwollend angenommen wurde. Nun müssen sich IN FLAMES livehaftig beweisen und zeigen, dass das neue Material mithalten kann. Direkt eine der ersten Stationen in Europa führte sie in die Rockhal im luxemburgischen Esch-Sur-Alzette, wo auch NECKBREAKER vor Ort war. Bei der Auswahl ihrer Vorbands setzten die Musiker ebenfalls auf die moderne Karte, neben dem AS I LAY DYING-Überbleibsel WOVENWAR waren noch die britischen Metalcore-Newcomer WHILE SHE SLEEPS am Start.

WHILE SHE SLEEPS
Schon beim Einlass kam uns die Schlange vor der Halle sehr klein vor für eine Band dieses Kalibers. In der Tat herrschten drin ähnliche Bedingungen wie bei SOUNDGARDEN, und das ohne Fußball-WM. Problemlos konnte man sich nach einem Getränk noch einen Platz in der zweiten Reihe ergattern, ohne ansatzweise zu hetzen. Auch wenn noch eine Stunde vergehen sollte, waren die Reihen nur spärlich besetzt, als die Männer von der Insel die Bühne enterten.
Direkt zu Beginn huschten die Instrumentalisten wie ein aufgescheuchter Haufen über die Bühne, während sie bewiesen, wie toll sie ihre Gitarren runter stimmen können. Mit dem Auftauchen von Sänger Lawrence Taylor und dem Start in den ersten richtigen Song wurde noch ein paar Gänge rauf geschaltet und die Post ging mächtig ab. Wie die Berserker gebärdeten sich die Fünf, sprangen wild umher, bangten, was das Zeug hielt und standen keine Sekunde still. Taylor schrie sich die Seele aus dem Leib, während ihm die ganze Wut, welche die Songs transportieren anzusehen war.

Dabei suchte er ständig den Kontakt zum Publikum und beugte sich oft weit über die Frontmonitore hinunter. Die Zuschauer da unten waren ob so vieler Energie wie erschlagen und mussten sich erst einmal im Set der Fünf zurecht finden. Neben dicken, brutalen Riffs war auch immer wieder Platz für kurze Alternative-Anleihen und Postcore-Flächen. Doch das war nur das Luftholen vor der nächsten Attacke, die durchweg sehr engagiert geritten wurden. Musikalisch regierte zu sehr der grobe Knüppel, es stand mehr das Ungestüme im Vordergrund, kaum etwas verband sich zu einem stringenten Song.

Das machten WHILE SHE SLLEPS mit dieser unbändigen Spielfreude wieder wett. Dabei war die Truppe gehandicapt, Drummer Adam Savage hatte sich am Fuß verletzt (ob beim Fußballspielen zwischen den Trucks oder Fahrradfahren im Backstagebereich, wobei wir die Jungs erwischt hatten, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden). Auf seinem Schemel nahm Gitarrist Sean Long Platz, Aaran Mc Kenzie wechselte von den vier an die sechs Saiten, während der Gitarrentechniker sein Langholz übernahm. Trotz der Improvisation gelang es innerhalb des kurzen Sets mit Stücken vom Debüt "This Is The Six" sowie "Crows" von der EP "The North Stands For Nothing" auf sich aufmerksam zu machen. Die couragierte und druckvolle Performance konnte auf jeden Fall Eindruck schinden.

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WOVENWAR
Nun erwarteten nicht wenige musikalisch eine andere Hausnummer, denn immerhin standen bei folgenden Act vier Mitglieder von AS I LAY DYING auf der Bühne. Da über die Zukunft einer der wichtigsten Metalcorebands nur spekuliert werden kann, wollten sich die Herren nicht weiter zurück ziehen, und suchen nur ihr Heil in der neuen Formation. In der Tat erwiesen sich die Kompositionen ihres Debüts wie "Death To Rights" und "Profane" als deutlich ausgereifter im Vergleich zum Opener.
Vor allem hatte man mit drei Gitarren die Variabilität einige interessante Harmonien erzeugen. Auch der Einsatz von zwei Sänger, neben Frontmann Shane Blay übernahm noch Bassist Josh Gilbert einige Vocals, machte sich bezahlt, wie etwa beim mehrstimmigen "Matter Of Time". Zudem rücken WOVENWAR etwas aus der Extremecke heraus und orientieren sich mehr am klassischen Heavy Metal. Es gibt keine Screams oder Growls, auch der Rest der Songs hat deutlich mehr Melodie.

Doch wenn man nach oben sah, kam es einem vor, als sei hier wieder nur ein Teil dessen, was eine gute Band ausmacht auf die Bühne getreten. Genau dort, wo WHILE SHE SLEEPS so dick punkten konnten, haperte es bei der Truppe hier an allen Ecken und Ende. Es war kaum Bewegung auf der Bühne, die beiden Sänger tauschten ab und an die Plätze, aber eher in gemächlichem Tempo. Einzig Leadgitarrist Nick Hipa war ein wenig engagiert, verließ seine Bühnenseite aber ebenfalls nie.
Mir kam es vor, als ob da jemand mit angezogener Handbremse unterwegs ist. Da war kein Feuer drin, es war ja nun nicht so, als ob solche erfahrenen Mucker zu sehr in ihr Spiel vertieft waren. Klar hat es Shane Blay schwer eine Frontfigur wie Tim Lambesis zu ersetzen, doch ein bisschen mehr hätte er aus sich heraus gehen müssen. Das galt auch für den musikalischen Beitrag, dem es ebenso an Kraft und Biss fehlte. Einzig Drummer Jordan Mancino sorgte für etwas Druck.

Alles wirkte so, als ob man einfach nur keinen Fehler machen wollte, aber dann mache ich schon den ersten. So verpufften auch die guten Songansätze im Mittelmaß, weil sie keine Kraft entwickeln konnten. Keine Ahnung, ob die Combo immer noch von den Ereignissen beeindruckt ist, so etwas lässt sich nicht so leicht weg stecken, doch dann gehe ich nicht auf eine Bühne. Sie können einem sicher leid tun, die Herren, doch sie können nichts dazu, es scheint aber, als wollen sie sich dafür entschuldigen. Doch das brauchen sie nicht auf sich zu nehmen, außerdem markiert ja schon einen andere amerikanische Metalband das Lamm Gottes. Mit einem derartigen Mangel an Power konnte man den nun gut gefüllten Saal nicht aus der Reserve locken.

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IN FLAMES
Zu Beginn der Umbaupause wurde vor der Bühne ein Vorhang herunter gelassen, was die Spannung noch erhöhte. Auch sonst war nun eine ganz andere Vorfreude in der Halle zu spüren, dieses Gimmicks hätte es nicht bedurft, um klar zu machen, wer heute der Chef im Ring ist. So kam endlich mal richtig Bewegung in die Bude, als das Licht ausging. Die ersten Akkorde wurden noch hinter dem Vorhang gezockt, durch den nur einzelne Blitze erkennbar waren. Als dieser fiel warteten viele vergeblich auf Pyros, ein sonst bestimmendes Showelement.
Doch der Opener des aktuellen Langeisens verfehlte auch so seine Wirkung nicht, zumal die Band bestens aufgelegt schien. Hier wurde gleich klar gemacht, wer die feinsten Riffs und dicksten Hits im Gepäck hat, denn IN FLAMES servieren da ganz andere Hausnummern als die beiden Supportacts. Einer der Kracher aus ihrem Durchbruchalbum „Reroute To Remain" wurde schon im ersten Drittel des Sets verbraten. Andere würden sich so einen Gassenhauer bis zum Schluss aufheben, und ohnehin dafür töten.

Mittelpunkt des Geschehens war ganz klar Frontmann Anders Fridén, der die Menge von Anfang an im Griff hatte. Zudem war er stimmlich bestens aufgelegt, brachte die komplette Palette von Flüstern über Schreien, Growls bis hin zu den großen Melodien überzeugend rüber. Dem bestens gelaunten Sänger war der Spaß und die Verbundenheit zum Publikum, dass er immer wieder mit einbezog, anzusehen. Einmal stieg er in den Photograben hinab und nahm ein Bad in der Menge. Ein anderes Mal holte er einen Typen auf die Bühne, der von der ersten Reihe aus ständig photographierte. Da dieser ohnehin viel mit seinem Spielzeug beschäftigt war, sollte er doch einfach die Zuschauer filmen, wenn diese beim folgenden „Clayman"-Hit loshüpften.

Seine Nebenleute standen in Sachen Spielfreude nichts nach, wenn gleich ihr Auftreten nicht ganz so extrovertiert war. Sie beschränkten sich mehr auf mächtige und kraftvolle Posen, schritten die ganze Zeit die Bühne ab. Zudem feuerte Björn Gelotte eine ganze Menge toller Soli in den Saal. Die meisten Reaktionen kamen überraschend zu Liedern aus ihrem letzten Album, doch auch die aktuellen wurden wohlwollend aufgenommen.
Der Fokus liegt nicht mehr so stark bei den ganz alten Sachen, was aber auch deutlich macht, dass viele alte Fans nicht mehr dabei sind. Die Stücke von „Siren Charms" konnten auch live mehr überzeugen, als auf Platte. Ich weiß, dass dies eines der abgenutztesten Klischees der Branche ist, in dem Fall trifft es vollkommen zu. Die Riffs kamen knackiger und präziser, die Melodien hatten viel mehr Power und konnten ihr Hitpotential voll entfalten. Da merkt man doch wie sehr diese alternative Abmischung mit ihrer zeitweisen „St. Anger"-Affinität stört.

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Es gab ja auch nicht wenig neue Tracks, immerhin sieben kamen an dem Abend zum Einsatz. Mit vier vom letzten Studiowerk bestand mehr als die Hälfte des Sets aus dem neuesten Material. Leider wurde der Titeltrack von „Sounds Of A Playground Fading" dann doch schmerzlich vermisst, ebenso wie das legendäre „Pinball Map". Das zeigt aber, dass die Schweden mittlerweile so eine großen Fundus haben, dass auch mal Pflichtnummern außen vor bleiben müssen. Aus dem letzten Jahrhundert gab es gar nur einen einzigen Song zu hören, aber wie erwähnt, hat sich auch die Anhängerschaft entwickelt.

Wenn überhaupt, gab es lediglich von technischer Seite aus etwas an dem Gig zu bemängeln. Zum Einen war der eigentlich gut ausbalancierte Sound ein wenig übersteuert, da bin ich in der Rockhal doch anderes gewohnt. Wo wir schon bei gewohnten Stärken sind, war auch die Bühnenproduktion bei IN FLAMES schon wirkungsvoller. Die Lichtbatterien, die sich bei der letzten Tour noch über die gesamte hinter Fläche verteilten, standen alle auf dem Boden. Nicht nur, dass sie so weniger effektiv eingesetzt werden konnten, oftmals wurde der Zuschauer geblendet. So war bei der ansonsten wenig ausgeleuchteten Bühne das Geschehen dort nur streckenweise zu verfolgen.

Man konnte es beim Auftakt schon erahnen, die Pyros blieben an dem Abend in der Kiste. Das ist einerseits schade, denn gerade diese Effekte machten bislang eine Show dieser Truppe aus. Doch vielleicht fühlen sie sich mittlerweile selbstsicher und souverän genug, um nur die Musik sprechen zu lassen. Eine reduziertere Show lenkt auf jeden Fall den Fokus auf das Wesentliche, statt zu schauen, interagiert das Publikum mehr. So hatte es Fridén auch leichter die Menge zum Mitsingen zu animieren. Und dazu sollte ja das hundertminütige Hitbombardement auch gut sein. (Pfälzer)

Setlist IN FLAMES:
In Plain View
Everything´s Gone
Fear Is The Weakness
Trigger
Resin
Where The Death Ships Dwell
With Eyes Wide Open
Paralyzed
Through Oblivion
Ropes
Delight And Angers
Cloud Connected
Only For The Weak
The Chosen Pessimist
Monsters In A Ballroom
Rusted Nail
The Mirror´s Truth
Deliver Us
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Take This Life

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