live 20151704 0101 epitaphIm Gegensatz zu den englischen Prog-Kollegen ihrer Tage war den meisten Krautrockbands kein nachhaltiger Erfolg beschieden. Die meisten von ihnen existieren heute nicht mehr oder eher als Liebhaberthemen. Dabei war die Qualität von JANE oder AMON DÜÜL II unbestritten. In die Riege der Bands, die sich als Kult bis jetzt durchgebissen haben, zählen sicherlich EPITAPH, die es in ihren Glanzzeiten mit den Szeneführern aufnehmen konnten. Nach einem Neustart 2001 nahmen die Dortmunder auch zwei weitere starke Studioscheiben auf und überraschten im letzten Jahr mit einem tollen Akustikalbum. Dazu touren sie regelmäßig durch die Clubs der Republik, wo sie auf ihre kleine aber treue Fanbase vertrauen können. So gastierten sie schon öfter im Freudenburger Dussaal und kommen immer wieder gerne dorthin, so wie am letzten Freitag.

Wie in diesem kleinen aber feinen Club üblich enterten die Veteranen um Punkt 21 Uhr die Bühne und ließen von Beginn an keinen Zweifel daran, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Der Zuschauer merkte den Vier direkt ihre tolle Spiellaune an, welche einen sofort in den Bann zog. Dass die Stimmung erstmal ein wenig verhalten war lag am mit etwas mehr als einhundert Zahlenden geringen Zuspruch und dem vielfach zu beobachtenden genauen Hinschauen auf das Spiel der Herren. Hier in so einer intimen Atmosphäre ist das Publikum fast mittendrin auf der Bühne und kann sich somit gut auf die Fingerfertigkeit der Musiker konzentrieren.

Dabei rockten EPITAPH ordentlich los und brachten ihre Songs druckvoll unters Volk. Über all die Jahre ist diese Einheit perfekt eingespielt, was die vielen doppelten Leads immer wieder verdeutlichten. Dazu kamen die beiden Gitaristen Cliff Jackson und Heinz Glass meist in der Mitte zusammen und zelebrierten die feinen Melodien gemeinsam. Dabei war zu spüren, wie sie sich immer noch gegenseitig anstacheln, noch mehr aus den Songs heraus zu holen.
Da konnte man das Feuer erkennen, welches immer noch in der deutschen Institution lodert. Die musikalischen Duelle durchzogen das ganze Set, so parierte Glass gekonnt auch noch so ausgefallene Tonfolgen, die ihm von Leadsänger Bernie Kolbe vorgesetzt wurden. Am Ende des regulären Sets forderte der Frontmann und Bassist ihn auf, auch mal Gesangsparts zu übernehmen, weil er sich bei den Backgroundvocals von Jackson und Drummer Achim Poret oft zurück hielt. Dies meisterte er ebenso mit Bravour wie den Vorschlag seines Axtpartners, etwas Klassisches wie Beethoven zu zocken.

Die Vier hatten ihre Freude daran, ihre Mitmusiker immer wieder zu kitzeln, überhaupt waren sie bester Laune und ließen das Publikum daran teilhaben. Kolbe sinnierte über seine Jugend mit den BEATLES und Woodstock, gab dabei die ein oder andere Anekdote zu Besten. Man spürte, dass diese Herren das nur aus purem Spaß machen, große Sprünge werden sie keine mehr schaffen. Aber ihr Beitrag war wie gewohnt grandios, wobei sie nicht wie viele ihrer Generation nur die eigenen Legende pflegten, sondern auch viele Titel von "Remember The Daze" und "Dancing With Ghosts" ins Set einbauten. Dazu gab es noch ein Cover von JIMI HENDRIX, während weitere Zitate aus Klassikern wie beiläufig geschickt eingebaut wurden.

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Natürlich wurden die Nummern nicht einfach nur runter gespielt, sondern uferten meist in lange Jams oder Solopassagen aus. Da tat sich vor allem der virtuose Heinz Glass hervor, der auch oft an der Slideguitar brillierte, selbst Kolbe durfte auf seinem Bass solotechnisch in Erscheinung treten. Noch mehr offenbarten sie im Verbund ihre Klasse, wunderbar spielten sie mit der Dynamik ließen die unterschiedlichen Themen abklingen und wieder anschwellen. Glass und Jackson zauberten aus ihren Stratocastern immer wieder schöne Melodien hervor, Stimmung brachten allerdings eher die rockigen Stücke.

Nach einer guten Stunde legten EPITAPH erstmal eine kurze Pause ein, welche sie damit nutzten, draußen im Flur ihr Merch zu verkaufen. Nach der Show waren sie ebenso wieder dort anzutreffen, Berührungsängste sind in so einem familiären Ambiente fremd. In Ermangelung eines Supports tat die Unterbrechung auch dem Getränkeabsatz gut. Leider wurden die zwei Sets nicht genutzt, um in einem Teil Auszüge aus den "Acoustic Sessions" zu spielen, das wäre live sicher interessant gewesen. Stattdessen gaben die Herren lieber in der stromverstärkten Version Gas, wobei sie die Lautstärke durchaus auf einen beachtlichen Pegel schraubten. Mit soviel Sounddruck konnte ihnen wirklich keiner mehr absprechen, immer noch rocken zu können.

So war es nicht verwunderlich, dass dem Publikum die Zugaben nicht ausreichten. In nun bester Partystimmung kamen die Vier noch dreimal zurück auf die Bretter und überraschten sogar mit einem Titel ihres kurzlebigen Zwischenprojektes KINGDOM, aus denen DOMAIN hervor gingen. Dass die weitaus geradlinigeren Nummern, wie auch ein Lied von "Danger Man" sich gut in den Gesamtkontext einfügten ist ein weiterer Beleg ihrer geschlossenen Stärke.
Da kamen die beiden Sechssaiter auch mal die Stufen zu den Fans hinunter um ein weiteres technisches Kabinettstückchen zu präsentieren. Während Jackson mit seiner rechten Hand nach hinten griff, um die Saiten seines Partners anzuschlagen, wanderte das Plektrum von Glass über die Saiten des vor ihm stehenden Gründungsmitglieds. Ansonsten hielten sie sich mit übertriebenen Gimmicks zurück, und präsentierten sich bodenständig. Die ganz große Show war noch nie ihr Ding, sie bleiben bei ihrem ehrlichen Rockhandwerk und sind im Gegensatz zu vielen in Ehren gealtert.

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So passen sie perfekt in den Ducsaal, der ebenso schon vielen Trends getrotzt hat. Schade, dass ich dieses Kleinod unter den Konzertlocations so spät entdeckt habe, in jüngeren Jahren wäre ich dort noch öfter aufgeschlagen. Nach den musikalisch ähnlichen WISHBONE ASH hatte ich mir zwar vorgenommen, öfter vorbei zu kommen, doch es sollte mehr als ein Jahr dauern. Noch mal so lange dürfte es nicht mehr dauern, da sich im Herbst KING KING und vor allem ANA POPOVIC angekündigt haben. Den sehr gelungenen Abend rundete ein irgendwie dazugehörender Besuch im Restaurant "König Johann" nebenan.
Dort speist man im selben Raum wie die Band, wo leckere Schnitzelvariationen für elf Euro und getreidehaltige Kaltschalen für zwei Euro serviert werden. Eines der Lokale, bei denen Qualität vor eine umfangreiche Speisekarte geht. Das mag zwar rustikal erscheinen, doch das Publikum in dem Club mag ja eben jenen ursprünglichen Charme. Wenn man dann am Ende auf die Uhr schaut, stellt man fest wie schnell 130 Minuten vorbei gehen können, wenn man solchen Könnern lauscht. Vielleicht hätten sie mehr Erfolg verdient gehabt, den Spaß an der Sache konnte es ihnen nicht nehmen. (Pfälzer)

Setlist EPITAPH:
Dancing With Ghosts
Cold Rain
Dead Man´s Train
Woman
Remember The Daze
Villanova Junction
Crossroads
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Moving To The City
Big City
Ride The Storm
Ain´No Liar
Stop, Look And Listen
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Going To Chicago
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Who Do You Love?
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The Run

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