Wishbone Ash (15.01.2016, Freudenburg)

wishboneash tourflyer"January is germany" skandierte Andy Powell dereinst im Interview mit mir, und in der Tat zu Beginn jedes Jahres taucht er mit seiner Band in den Clubs der Republik auf. Auch nach fast fünfzig Karrierejahren hat man den Spaß am Musik machen keinesfalls verloren, sondern nutzt nach wie vor jede Gelegenheit, um auf der Bühne zu stehen. Da WISHBONE ASH mittlerweile kein großes Zugpferd mehr sind, beschränken sie sich auf die kleinen, intimen Venues und beackern lieber das Land flächendeckend. So muss man nicht weit fahren, um wieder zu erleben, dass "The Ash" in der Stadt sind. Bei Freudenburg von Stadt zu reden, ist ziemlich übertrieben, das beschauliche Örtchen liegt am Rande der Landesgrenze, steht aber alle zwei Jahre im Tourkalender der Briten. Dass ist nicht zuletzt dem dortigen Chef, Manfred Weber zu verdanken, der den Ducsaal nun schon seit Jahrzehnten erfolgreich führt.

Da es an dem Abend kein Vorprogramm gab, begann der Vierer ein wenig später, so dass man sein Mahl im Restaurant noch etwas sacken lassen konnte. Die Zeit nutzte der gute Manfred, um an seinem DJ-Pult oben hinter der Bühne seine Gäste musikalisch auf die nächsten Events einzustimmen. Kenner bemerken aber durchaus sein aktuelles Faible für KING KING und ANA POPOVIC. Ein Händchen für Geschmack hatte er schon immer, mit ein Geheimnis, wieso er sich hier auf der Höhe beim Kurort Orscholz so lange behaupten kann.
Geschmackssicherheit war schon immer ein Garant für den ungebrochenen Zuspruch des einzigen Liveacts dieses Abends. Während Muddy Manninen auf die selbe gestreifte Hose wie vor zwei Jahren setzt, und auch seinen Sechs-Tage-Bart gepflegt hat, dürfte das Urgestein Powell schon länger nicht mehr zum Rasierer gegriffen haben. Steht ihm ganz gut, wenn er auch Tony Clarkin näher kommt, dazu hat er seine Brille von diversen Albumcovers der Siebziger entstaubt.

Entstaubt wurden auch einige Titel der späten Siebziger und frühen Achtziger, welche bei der sehr vom "Live Dates"-Konzertklassiker dominierten Setlist zuletzt fehlten. Stücke von "Front Page News" oder "Number The Brave" waren schon länger nicht mehr live zu hören und wurden entsprechend bejubelt. Dabei sind diese nicht unumstritten, die etwas knackigere und direktere Marschrichtung gefiel seinerzeit nicht jedem. Auf der Bühne konnten sie an dem Abend voll überzeugen und erweiterten die Palette etwas. Das Hauptaugenmerk lag natürlich auf den ersten vier Alben in Originalbesetzung, wobei allerdings das selbst betitelte Debüt überraschend außen vor blieb. Auch die aktuellen Scheiben kamen zum Zug, inzwischen ist ja auch "Blue Horizon" schon eine Zeit lang auf dem Markt, nachdem sie es zum letzten Ducsaal-Gastspiel nicht ganz gereicht hatte.

Es ist aber weniger die Frage, was WISHBONE ASH zum Besten geben, sondern vor allem wie sie es jedes Mal zelebrieren. So können es nur die Mannen um Powell auf die Bühne bringen, ihr Sound ist bis heute einzigartig und einflussreich. Man darf nie vergessen, dass es der Vierer war, welcher den Twin-Lead-Sound in die Rockmusik brachte und nicht wie landläufig angenommen IRON MAIDEN oder THIN LIZZY. Da man aber auf die etwas hardrockigeren Songs setzte, kamen diese phantastischen Harmonien nicht so häufig zum Einsatz wie gewohnt.
Doch wenn sie kamen, dann waren sie wie immer eine Offenbarung, mittlerweile sind Powell und Manninen ein eingespieltes Team, welches alljährlich Dutzende von Konzerten absolviert. Und so harmonieren sie blind, suchen sich zwar immer auf der Bühne, doch auch wenn jeder auf seiner Position verharrt, ist das so unglaublich tight, was die beiden da abliefen. Gerade in einem so kleinen Club war für alle sehr gut zu sehen, wie die zwei das technisch umsetzen.

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Darüber hinaus brillierten beide auch, wenn sie nicht ihr Markenzeichen zelebrierten. Mit einem Arsenal von Effektgeräten entlockten sie ihren Instrumenten immer wieder die faszinierendsten Töne, die sich gerne mal in einen hypnotischen Sog verwandelten. Während der Frontmann für die melodischen und sphärischen Töne zuständig war, gab sein finnischer Kollege den Blueser, welcher immer wieder sein Können an der Slidegitarre aufblitzen lässt. Doch genau diese zwei unterschiedlichen Stile machten das Zusammenspiel noch spannender.
Ebenso brillant wie das Tandem an den sechs Saiten agierte die Rhythmusfraktion, hier kam alles großartig auf den Punkt. Damit gaben sie ihren Kollegen das ideale Fundament, auf dem sich deren Melodien voll entfalten konnten. Besonders beeindruckend, wenn die Basstöne von Bob Skeat ganz tief gedrückt wurden und im exakten Gleichklang mit Joe Crabtrees Bassdrum tief in die Magengrube der Zuhörer drückten. Skeat war dabei am rechten Bühnenrand die ganze Zeit am Grinsen und wippte lässig über den Teppich auf der Bühne. Ob ihm die Idee für diese Moves auf der spiegelglatten Straße vor dem Gebäude kam, ist nicht überliefert.

Diese Spielfreude übertrug sich von Beginn an auf das Publikum, welches spätestens mit dem ersten Klassiker an dritter Position voll mitging. Teilweise gab es für äußerst gekonnte und begeisternde Parts Szenenapplaus, auch einige recht textsichere Zuschauer waren auszumachen. Allerdings war die etwas zu arge Zurückhaltung der Band bei der Kommunikation nicht zu verkennen. Woran das lag, weiß ich nicht so genau, zumal sie sich unmittelbar nach dem Konzert am Merchstand unter das Publikum mischten.
Natürlich verzeiht so ein kleiner Club keinen Fehler, da ist man immer besonders nervös. Darüber hinaus schien man von den arg nah an den Musikern gehaltenen Kameras gestört, was solche Profis eigentlich weg stecken müssen, zumal sie ja solche Venues bevorzugen. Mit zunehmender Spieldauer steigerten sich Publikum und Band in einen Rausch, der gerne etwas länger als die 100 Minuten hätte gehen dürfen. Auf der Bühne bleibt "The Ash" mit ihrer herausragenden musikalischen Darbietung nach wie vor eine Macht.

Setlist WISHBONE ASH:
The Power Of Eternity
Deep Blues
The King Will Come
Throw Down The Sword
Way Down South
The Pilgrim
Front Page News
Heavy Weather
Rock´n´Roll Widow
Blowin´ Free
Living Proof
Open Road
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The Ballad Of The Beacon
Jailbait

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