quireboys tourplakatNach mehreren halbgaren Reunionsversuchen läuft der Motor der Pubrocker seit ein paar Jahren wieder auf Volldampf wie seit den frühen Neunzigern nicht mehr. Ein Album jährlich zeigt die derzeitige Kreativkurve und auch auf der Bühne sind sie regelmäßig zu Besuch. Damit können die QUIREBOYS nicht mehr die ganz große Karriere machen, die ihnen einst vorher gesagt wurde. Vor zwei Monaten erschien mit „Twisted Love“ eine ihrer besten Einspielungen, mit der sie nun auf Tour sind. Dabei haben sie ein ganz dickes Rock´n´Roll-Paket geschnürt, das sie mit den DUST BOWL JOKIES und THE LAST VEGAS in die deutschen Clubs führte. NECKBREAKER tauchte für Euch in Sachsenhausen unter, um den Duft der Freiheit zu erspüren, wobei der Clubname "Das Bett" schon etwas obskur war.

DUST BOWL JOKIES
Schon als die Fünf die Bühne betraten kam mir der Verdacht nahe, dass es sich hier um eine verrückte Schwedencombo handelt, was sich denn auch bei der ersten Ansage bestätigen sollte. Auch wenn sie bisher noch recht unbekannt sind, gingen die Jungs mit einem Selbstbewusstsein an den Start, das einfach mitreißen musste. Welche Band nimmt schon ihren eigenen kleinen Riser für den Leadgitarristen mit auf Tour, welchen Tell bereits bei seinem ersten Solo bestieg. Rotzfrech, mit gebührendem Respekt, aber ohne jede Ehrfurcht vor dem Headliner gaben die DUST BOWL JOKIES von Beginn an Vollgas. Dem Betrachter fiel sofort auf, dass den Muckern die Bühne bei weitem nicht ausreichte, ein Geläuf von der Größe des ganzen Clubs hätten sie mit ihrer Energie locker gefüllt.

Vor allem Bassist Freddan verfügt über ein großes Arsenal an breitbeinigen Posen, in der er sich immer wieder warf, dass der Meniskus stöhnte. Vom Erscheinungsbild war er ebenso auffällig, die offene Weste präsentierte seine Tattoos sehr schön und sein Cowboyhut war mit Federn geschmückt. Hüte waren ohnehin beliebt, denn sogar Drummer Action hatte einen auf, während er wie wild auf sein Kit eindrosch. Der spindeldürre, drahtige Frontmann Alexx verzichtete hingegen auf den Großteil der Kleidung, störte ja ohnehin nur den Blick auf die Tätowierungen, neben Jeans trug er lediglich noch Spiegelsonnenbrille und eine obskure Knochenkette. Seine Gebaren waren großartig, wie er sich immer wieder an seinem Mikroständer räkelte zeugte schon von viel Rockstarblut, welches durch seine Adern fließt.

So heiß wie die Truppe aussah, so war auch ihre Mucke, die von Beginn an keine Gefangenen machte. Die dreckigen Rockriffs aus der Schnittmenge von Sleaze und skandinavischem Action Rock trieben unablässig nach vorne. Interessant waren dabei immer wieder Americana-Einflüsse in Titeln wie „Borderland“ oder „Lulu“, die den Songs auch Eingängigkeit verliehen, ohne den Druck heraus zu nehmen. Das Spiel war sehr intensiv und unglaublich motiviert, die Jungs lebten ihren Sound mit jeder Faser ihres Körpers.
Diese Authentizität und Ursprünglichkeit erfasste schnell das Publikum, welches mehr als nur ein wenig mitwippte. Den DUST BOWL JOKIES gelang es bei aller Show unglaublich ehrlich rüber zu kommen, da musste man einfach mitgehen. Mit ihrer Energie könnten es die Schweden in größere Arenen schaffen, wo sie ihrem Bewegungsdrang noch mehr nachgegen könnten, das Adrenalin hatten sie in ihrer halben Stunde schon einmal schön in die Blutbahnen der Anwesenden gepumpt.

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THE LAST VEGAS
Die hatten es der Fünfer aus Chicago schon schwer an den Level heran zu reichen, was vor allem daran lag, dass sie ein wenig gesetzter zu Werke gingen als der juvenile Opening Act. Auch optisch gaben sie sich nicht so krass, obwohl auch sie auf die an dem Abend vorherrschende Mischung zwischen schick und schrill setzten, nur eben nicht so plakativ. Am Auffälligsten erschien Frontmann Chad Cherry, der wie ein verschollener Sohn von ALICE COOPER aussah, und wie der Rest seiner Truppe einen etwas abgeklärteren Eindruck machte.
Das sich ihre Musik nicht so direkt in die Gehörgänge setzte lag aber auch an der Wahl des Openers, der Groove von „Come With Me“ ging nicht so stark nach vorne wie der geradlinige Rock der Männer aus dem Norden. Dafür bewiesen sie im Laufe ihres Gigs mehr Abwechslungsreichtum, ackerten die ganze Bandbreite des Genres ab, so mancher dürfte an THE CLASH gedacht haben, nicht nur wegen Gitarrist John Wator. An seiner Halbakustischen erinnerte er auch vom Stageacting her sehr stark an die britische Punklegende.

So war es letztendlich ein Cover, welches das Ruder rum riss, denn nach DAVID BOWIES „It Ain´t Easy“ hielten endlich Stadionrefrains in ihre doch klar amerikanische Mucke Einzug. Titel wie „Love Me Bad“ oder „I´m Bad“ mobilisierten die Zuschauer, die endlich auch die Möglichkeit die vom Bier geölte Stimme einzusetzen. Die letzten Titel waren von solch songwriterischem Kaliber, dass man ohne große Umschweife und Vorkenntnisse einsteigen konnten. Dabei war das keineswegs massentaugliche Standardware, sondern hervorragende Rockmusik, die selbst vor LED ZEPPELIN-Einflüssen nicht Halt machte.
Hier machte es sich bezahlt, dass sich die Band nicht von den verhaltenen Reaktionen zu Beginn hat beeindrucken lassen, sondern mit gekonnter Bühnenshow um jeden Fan kämpfte. Vor allem Bassist Danny Smash war immer ganz vorne zu finden und suchte den Kontakt zu den Zuschauern. Beide Parteien steigerten sich im Verlauf der vierzig Minuten in einen Rausch, teilweise hielt es Drummer Nate Arling gar nicht mehr auf seinem Schemel. Überhaupt ballerte der Schlagzeugsound den ganzen Abend herrlich, der rohe Clubsound passte ideal zu der Mucke. So war es am Ende eine einzige Party, die trotz Zugaberufe zu Ende gehen musste, weil die richtige Party folgen sollte.

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THE QUIREBOYS
Und die ging dann erst richtig los, obwohl auch die Headliner nicht ihren griffigsten Titel an den Anfang stellten. Vom neuen starken Album hätte ich mir da eher den Opener gewünscht als den Titelsong, doch es war schön, dass immerhin drei Stücke davon gespielt wurden. Zu meiner Freude wurde der beste Track, wohl die düsterste Nummer in der Bandgeschichte recht früh gebracht. Natürlich besteht ein Set der QUIREBOYS immer zur Hälfte aus Liedern ihres legendären Debüts, die dann schnell alles klar machten.
Chef im Ring war natürlich Sänger Spike, der mit seinen schlangenartigen Bewegungen über die Bühne tänzelte. Sein Kopftuch scheint mittlerweile angewachsen, lange nach der Show trug er es immer noch, man kennt ihn eigentlich gar nicht anders. Von der ersten Note an suchte er den Kontakt zum Publikum, bevorzugt zu einer extra aus Dublin angereisten Dame. Seine Mikroständerakrobatik hat er in den Achtzigern erlernt, im Gegensatz zu den energischen Supports poste er so ungemein lässig.
Phänomenal war auch sein Gesang, diese Whiskeyröhre kommt live ebenso rau daher wie im Studio, ich könnte da nach drei Songs nicht mal mehr sprechen. Er konnte es noch problemlos und unterhielt mit launigen Ansagen oder Anekdoten und wies immer wieder darauf hin, dass es sich um Rock´n´Roll handelt, wobei es da keinerlei Aufklärung bedurft hätte. Irritiert war er nur, als ein Mann die von ihm in die Menge geworfene Rose auffing.

Seine Nebenleute standen ihm in Nichts nach, wobei Mitbegründer Guy Griffin der lässigere der beiden Gitarristen war, Paul Guerin der Aktivere. Der machte sich auch mal den Scherz und hing sich einen Schal um, den eine Zuschauerin zwischen den Monitoren abgelegt hatte. Dazu entdeckten die Musiker die Möglichkeiten der Interaktion, wenn die Bühne so im Raum steht, dass sich Fan auch an den Seiten heran drängen. Da wurde jeder mit Aufmerksamkeit bedacht, auf viele Reaktionen mit Gesten eingegangen. Aufmerksamkeiten gab es auch von den Anhängern, nachdem Spike über ein Getränk mit Geweih-Logo fabulierte, bekam er auch prompt ein Gläschen angereicht.

Musikalisch lief der Motor ebenso rund, da die Rhythmusfraktion mit Nick Mailing und Dave McCluskey hat sich nun eingespielt hat und die Songs immer wieder voran trieb. Während beide ebenfalls sehr auffällig agierten, blieb das weitere Rückgrat der Formation ehr still im Hintergrund. Keith Weir mag kaum unter seiner Mütze hervor schauen, die Art seine Hände die Honky-Tonk-Läufe aus den Tasten schütteln ist großartig. Mit seinen Beiträgen gibt er den Songs die Würze, das gewisse Etwas, mit dem sich die Briten so wohltuend von anderen Bands abheben.
So war es nicht verwunderlich, dass sich dieser Drive auf die etwa 300 Anwesenden übertrug, die Musik geht einfach in Bauch, Beine und Nacken gleichzeitig. Als stimmgewaltig erwiesen die sich auch, übernahmen so manchen Part alleine. Spätestens beim Hit-Final-Paket aus „A Bit Of What You Fancy“ gab es kein Halten mehr, „Das Bett“ hüpfte kollektiv und forderte lautstark Zugabe. Bei der durften dann auch die Vorbands mitwirken, wobei Spike und Alexx tierisch Spaß dabei hatten, sich den Mikroständer gegen seitig zuzuwerfen. Das war ein klein wenig chaotisch, aber hey, so muss Rock´n´Roll sein, der Schweiß kam von ganz alleine. (Pfälzer)

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Setlist QUIREBOYS:
Twisted Love
Too Much Of A Good Thing
Misled
There She Goes Again
Gracie B.
This Is Rock´n´Roll
Mona Lisa Smiled
Breaking Rocks
Tramps & Thieves
Hey You
I Don´t Love You Anymore
Roses & Rings
Sweet Mary Ann
7 O´Clock
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Dirty Town
Sex Party


(Fotos: Manu)

 

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