Saxon + Phil Campbell & The Bastard Sons (05.12.2016, Saarbrücken)

saxon tourflyerDie NWOBHM-Urgesteine werden einfach nicht müde, immer weiter rollt die Tour und auch die Alben purzeln regelmäßig herein. Nun hat „Battering Ram“ schon mehr als ein Jahr auf dem Buckel, doch die Tour steht immer noch unter dem Motto. Das liegt auch daran, dass SAXON direkt im Anschluss an die Veröffentlichung mit MOTÖRHEAD auf deren wenig geplante Abschiedstournee gingen. Nun sind es die Sachsen selbst, die sich als Headliner beweisen müssen, aber wegen der Bruderschaft nimmt man gerne PHIL CAMPBELL & THE BASTARD SONS mit durch Europa. Die Garage ist mittlerweile schon eine Art Wohnzimmer für die Formation, wenn man auch im letzten Jahr in der größeren Saarlandhalle gastierte, und trotz der hohen Frequentierung ist diese wieder richtig gut gefüllt.

PHIL CAMPBELL & THE BASTARD SONS
Zuerst hieß es einmal warten für die Anwesenden, denn der MOTÖRHEAD-Klampfer und seine Söhne steckten dank einer Panne und Stau irgendwo auf dem Weg zwischen Leipzig und Saarbücken fest. Letztendlich schafften sie es kurz nach offiziellem Beginn im Club zu sein. Eiligst wurde das Equipment hinter dem Vorhang aufgebaut, so dass es gegen acht Uhr endlich losgehen konnte. Natürlich wurde der langjährige Weggefährte Lemmys mit viel Applaus empfangen, was schön für war. Immerhin muss es ja für ihn weitergehen, ein Musiker will immer auf die Bühne.

Da finde ich den Ansatz seine eigene Familie mitzunehmen mehr als cool. Bis auf Sänger Neil Starr sind nämlich alle anderen höchst direkt mit dem Bandoberhaupt verwandt. Dabei sah man Bassist Tyla, Gitarrist Todd und Schlagzeuger Dane schon ihre Verwandtschaft an, alle drei mit kurzen Haaren und Bart ehr die Vorzeigehipster. Nur so richtig Ähnlichkeit zu ihrem Vater war da nicht auszumachen, zumindest rein optisch. Der kam mit Käppi und halblange Haaren lässig wie eh und je, während die anderen die Bandfarben auf den Jeansjacken trugen.

Musikalisch blieb es auch sehr familiär, man merkte bei den Stücken von der Debüt-EP schon, dass Phil die meisten Riffs der letzten Scheiben mit der Legende schrieb. Auch qualitativ konnten der schnelle Opener „Big Mouth „ oder das schwere „Spiders“ durchaus mit MOTÖRHEAD-Krachern mithalten. Es sollte nicht lange dauern, bis diese dann auch immer mehr eingestreut wurden, zuerst „R.A.M.O.N.E.S.“, gegen Ende immer mehr, wobei man wieder Bekanntschaft mit selten gespielterem Material wie „Eat The Rich“ oder „Born To Raise Hell“ machen durfte.

Man merkte auch die Routine und die Bühnenerfahrung des Leaders an, denn er war am aktivsten auf der Bühne, drehte wie gewohnt seine Runde auf der Bühne, obgleich er einen weit geringeren Radius wählen musste. Seine Söhne auf der anderen Seite bewegten sich kaum vom Platz, auch wenn sie unablässig ihre Köpfe schüttelten. Dafür machte Todd seine Sache bei einigen Soli, die ihm der Herr Papa überließ richtig gut.
Frontmann Starr besitzt eine gute rotzige Attitüde, sollte seine Schreihals-Qualitäten aber noch etwas kultivieren. Die Formation tat auch gut daran, nicht völlig zur Covertruppe zu mutieren wie bei ihren ersten Auftritten, sondern nur unverzichtbares MOTÖRHEAD-Material zum Besten zu geben. Das brachte natürlich die meiste Stimmung, aber die Band ist auch so interessant genug, um weiter nach vorne zu kommen.

 

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SAXON
So sehr die vielen MOTÖRHEAD-Cover auch die Stimmung nach oben trieben, gegen das was sich schon beim Empfang der Sachsen abspielte, war das ein laues Lüftchen. Die Halle stand von Beginn an hinter der Truppe, die mit dem Titelsong des aktuellen Albums loslegte, um direkt danach schon den ersten Klassiker nachzulegen. Wie immer war es vor allem Bassist Nibbs Carter, der von Beginn an auch auf der Bühne für volle Action sorgte. Immer sprang er wild herum und erklomm die Frontmonitore, dass der Zuschauer ständig Angst haben musste, dass er mit ihnen umkippt.

Seine Nebenleute waren da nicht so aktiv, speziell Paul Quinn schien zu Beginn noch nicht auf Betriebstemperatur zu sein. Die Soli überließ er fast komplett Doug Scarrat, der sich aber eher darauf beschränkte den direkten Blickkontakt zum Publikum zu suchen. So war es eigentlich das Publikum, welches die Band auf Touren brachte. Das taten sie vor allem, bei den großen Hymnen, wenn Frontmann Biff sie ganze Textzeilen mitsingen ließ. Dabei war der Lautstärkepegel richtig hoch, nach all den Jahren kennen die Anhänger aber auch die Songs aus dem Stegreif.

Laut war auch der Gesamtsound, was allerdings nicht unbedingt ein Vorteil war. Gerade wenn eine Band schon öfter in der Garage war, sollte sie wissen, dass man da die Regler nicht unbegrenzt hochfahren sollte. Doch an dem Tag war der Klang deutlich übersteuert, selbst für so geradlinig rockende Mucke. Schade, da war es ja schon fast Glück, dass die Anhänger die Titel ebenso gut kennen, damit man nicht noch groß identifizieren musste.
Mit der Zeit wurde aber auch die Band warm, am Ende zockte Quinn seine Soloparts ganz vorne zwischen den Monitoren kniend, auch seine Miene war jetzt nicht mehr so angestrengt. Ab der Mitte gab die Band Vollgas, da brodelte die Stimmung fast über. Natürlich gab es für die Musiker auch Verschnaufpausen in Form der alten Spielchen des Peter Byford. Das Zerreißen der Setlist ist ein ebenso alter Hut wie die Frage nach einem schnellen oder langsamen Song, doch diese Rituale ziehen immer wieder.

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Überraschenderweise wurde bei den zur Auswahl gestellten Songs der unterlegene im Publikumswettstreit nicht gespielt. Doch als drei Stücke zur Wahl standen gab es immerhin zwei davon, wobei der Beitrag von „Innocence Is No Excuse“ vor allem aufgrund von lautstarkem Zuruf einer einzelnen, hier nicht näher beschriebenen Person gebracht wurde. Am Ende konnte man es sich sogar erlauben Standards wie „Denim & Leather“ weg fallen zu lassen, aber SAXON haben eben dieses Arsenal an Hits, dass es noch genug gab, damit auch „Motorcycle Man“ nicht vermisst wurde. Da zog man ein Stück von „Call To Arms“ vor, dass selbst auf der damaligen Tour nicht gespielt wurde oder ein seltenes vom „Wheels Of Steel“-Werk.

Es ist auch immer wieder bewundernswert, welch Freude Biff mit seinen 65 Jahren an solchen Spielen hat. Seine Aura verhinderte auch, dass er ins Lächerliche abdriftete, er ist die graue Eminenz des Metal, da begegnet jeder mit Respekt. Der Mann gab wie immer alles, da verlangte er auch ein wenig, da wurden schon mal die Mitmusiker wieder von der Bühne runtergeschoben, wenn ihm die Zugaberufe nicht laut genug waren.
Doch mit einer Geste wurden noch einmal die letzten Kräfte mobilisiert, dann war auch der Meister zufrieden. Ganz am Ende bretterte dieses gnadenlose und gnadenlos geniale Riff durch den Raum, bevor die Band noch einmal mit voller Wucht einstieg und den gefeierten Abschluss präsentierte. Da störte es auch nicht, dass noch ein paar Minuten bis zum Curfew gewesen wären, wer will bei 110 Minuten unter Strom noch meckern. SAXON haben sich erneut als Livemacht bewiesen, die sich auf ihre treuen Fans verlassen kann. (Pfälzer)

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Setlist SAXON:
Battering Ram
Heavy Metal Thunder
Sacrifice
Solid Ball Of Rock
Never Surrender
The Devil´s Footprint
Stand Up And Be Counted
Chasing The Bullet
Strong Arm Of The Law
Broken Heroes
Power And The Glory
20.000 Feet
Queen Of Hearts
And The Bands Played On
Dallas 1 P.M.
Wheels Of Steel
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Let Me Feel Your Power
747 (Strangers In The Night)
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Crusader
Princess Of The Night



(Fotos: Klaus)

Kategorie: Konzerte