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tygersofpantang tourplakatEin wenig angehängt kommen sich die Mannen um das einzig verbliebene Urmitglied Robb Weir schon vor, denn während IRON MAIDEN oder SAXON längst Legendenstatus haben, reicht es für sie nur zum Liebhaberthema. Dabei konnten sie zu Beginn ihrer Karriere mit den Größen durchaus mithalten, schlugen dann aber den falschen Weg ein oder vertrautem dem falschen Produzenten. Natürlich geht es im Musikbusiness nicht immer logisch oder gerecht zu, wenn die TYGES OF PAN TANG heute Stadien füllen würden, könnte ihnen keiner nachsagen, es wäre unverdient gewesen. Doch obwohl es das Schicksal anders wollte, ließ sich Weir nie entmutigen und lebt bis für seine Band. Nachdem sie im Herbst mit dem selbstbetitelten Longplayer die Kritiker überzeugen konnte, ging es damit im Gepäck dahin, wo sie sich am wohlsten fühlt, auf die Bühne. NECKBREAKER nutzte die Chance und sah sich die Show im Aschaffenburger Colos-Saal an, bei dem sie von ihren Labelkollegen HEADLESS supportet wurden.

HEADLESS
Ziemlich unspektakulär verlief der Einlauf der italienischen Combo, die zu dem Zeitpunkt nur von wenig Zahlenden begrüßt wurde. Obwohl sie schon mehr als zwanzig Jahre am Start sind, habe ich von den Herren noch nie etwas gehört, was auch daran liegen könnte, dass es eine lange Veröffentlichungspause gab. Es fiel auf den ersten Blick gar nicht auf, dass sich unter ihnen jemand befindet, der schon einmal höhere Weihen genießen durfte. Doch der lange, etwas ältere Schlacks am Mikro ging eher als Mischung aus Sozialarbeiter und Oberstudienrat durch den als Rockstar.

Erst als man mit „Save Your Love“ ein ungewöhnliches Cover auspackte, dämmerte es mir, dass es sich hierbei um jenen Barden handelt, der für YNGWIE J. MALMSTEEN dessen stärkstes Album „Eclipse“ einsang. Dafür dass das zweite Album „Fire & Ice“ den Abstieg des schwedischen Saitenhexers einläutete kann Göran Edman indes wenig. Leider ist er heute von der damaligen Form doch ein Stück weit entfernt. Zwar beherrscht er noch die tollen Phrasierungen, doch in der Höhenluft beginnt seine Stimme zu wackeln. Und auch sein Stageacting ist her an sein biederes Erscheinungsbild als an seine Glanzzeit angelehnt.

Somit kann er nicht alles für seine Nebenleute herausholen, was in manchen Passagen schon etwas gebracht hätte. Die Mischung aus melodischem Metal mit dezenten modernen Versatzstücken, rockigen Elementen und progressivem Anspruch wusste kompositorisch zwar zu gefallen, aber so richtig bekam es der Fünfer auf der Bühne nicht rüber. Für so erfahrene Musiker waren die Timingschwankungen doch ein bisschen zu viel, dadurch liefen die Arrangements Gefahr aus dem Ruder zu laufen.
Ansprechend war das in Sachen Melodie schon, einiges wie „The Backstabbers Around Us“ ging ganz gut ins Ohr, doch man bekam die Passagen nicht zusammen. „So Much Of A Bore“ rockte anständig, aber richtig Druck konnte das Stück auch nicht entwickeln und der Titeltrack des aktuellen „Melt The Ice Away“ war als Opener zu sperrig. Druck konnte hingegen der Sound entfalten, der im Colos-Saal wie gewohnt von Beginn an stark war. Doch die Differenziertheit offenbarte so einige Schwächen noch viel mehr.

Punkten konnte die Truppe mit ihrem sympathischen Auftreten, wobei vor allem Gitarrist Dario Parente und Bassist Domenico De Girolamo die Akzente setzen. Der Viersaiter erregte immer wieder mit seinem Tapping Aufsehen, während Parente optisch die Blicke auf sich lenken konnte und viel Spielfreude versprühte. Sein Partner an den sechs Saiten, Walter Gianciusi hingegen war zu sehr auf sein Instrument fixiert, mit dem er ein paar gute Soli präsentierte. Das Publikum goutierte die Leistung von HEADLESS zwar, doch mehr als Höflichkeitsapplaus war nicht drin, zu vieles blieb einfach Stückwerk.

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TYGERS OF PAN TANG
So richtig füllen wollte sich der Laden auch in der Pause nicht, die Hälfte des Platzes blieb ungenutzt, die Reihen standen eher licht. Den Tigern war dies indes egal, denn wie Sänger Jacopo Meille ankündigte, wollten sie den Dienstagabend in eine Freitagnacht verwandeln. Und so legten sie auch los, der Opener ihres aktuellen Albums könnte nicht besser gewählt sein, obwohl ihn vielleicht nicht alle Anwesenden kannten. Doch das Ding schießt an der Schnittstelle zwischen Hardrock und Metal so deftig nach vorne, dass sofort die ersten Fäuste hochgingen. Und den Druck sollte der Fünfer die ganze Zeit hochhalten, die Intensität, mit der gerockt wurde lässt sich schon anhand von Zahlen ablesen - achtzehn Songs in etwas mehr als achtzig Minuten ließen kaum Raum für Kompromisse.

Und plötzlich stand da oben auch eine Truppe, die perfekt agierte, die so unglaublich tight zockte, so dass das dicke Soundgewand nun endlich seine Wirkung entfalten konnte. Das Urgestein hat mit Micky Crystal wirklich einen idealen Partner gefunden, mit dem die Riffs nur so peitschten. Was die beiden an kernigen Attacken ritten, war die wahre Freude und ging sofort in die Nackenmuskulatur. Auch bei den doppelten Leadgitarren wussten beide zu überzeugen, sich als Einheit zu präsentieren, während sie sich bei den Soli brav abwechselten. Der gute Robb gab das etwas untersetzte dauergrinsende Honigkuchenpferd, dem der Spaß in den Backen anzusehen war.

Er hält den Zirkus zusammen und hat immer noch so viel Enthusiasmus bei der Sache. Doch was hat er sich da für einen Teufelskerl an die Seite geholt, in den Achtzigern wäre Crystal ein Star geworden. Schon seine große, schlanke Erscheinung in typischem Rockstaroutfit uns lässigem Bart wäre damals wie gemacht gewesen für Fanverehrung. Und dann sein Spiel, vor allem bei den Soli ist so außerordentlich fingerfertig, wobei er sich von allzu viel Gedudel fern hält und diese in den Dienst der Songs stellt, damit diese noch mehr treiben. Und was hat er mit seiner verhältnismäßig geringen Erfahrung für Gesten drauf, da zog er alle Register, riss die Gitarre in die Höhe und haute Posen raus, die selbst ich noch nicht kannte.

Und so wie er seine sechs Saiten der gemeinsamen Sache unterordnete, so integrierte er sich auch bei der Bühnenpräsenz als Teamplayer, auch wenn man ihm auf der rechten Seite etwas mehr Platz zugestand. Bei dem Bewegungsdrang der Vier vorne wurde ohnehin immer viel durchgetauscht und auch im Rampenlicht durfte sich jeder mal suhlen, um direkten Kontakt zum Publikum zu haben. Der coole Hund Gavin Gray spielte den breitbeinigen Arbeiter am Bass und schüttelte fortwährend seine Matte. Und dazwischen haben die TYGERS OF PAN TANG auch auf der Frontmannposition seit Längerem eine Idealbesetzung gefunden.
Der exaltierte Meille ist schon optisch mit Lockenmähne und schickem Dressing der geborene Rockstar und so verhielt er sich auch auf der Bühne. Wo ein Dio auf theatralische Gesten setzte und ein Coverdale gerne mit dem Mikroständer post, bewegte er sich sehr gekonnt zwischen beiden Polen. Immer in Bewegung wurde er im Laufe des Konzerts immer ekstatischer und hatte so Späße wie das Kreisen des Mikro am Kabel drauf. Auch sein Bandboss war vor ihm nicht sicher und wurde während eines Solos in einen kleinen Ringkampf verwickelt, ein Ausdruck, wie sehr die Herren Freude daran haben, miteinander zu rocken.

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Wie toll die Bandchemie stimmte, wie kompakt die Einheit war, das sah man vor allem, als sich alle beim Einstieg in ihre Referenznummer Schlagzeuger Craig Ellis zuwandten. Dieser trieb seine Mitstreiter noch einmal an, bevor sie allesamt auf den Bühnenrand zurannten. Der Mann ist der Motor, der von hinten heraus die Power vorgab, der kraftvoll auf seine Felle und Becken drosch und dabei mit knalligen Breaks noch mehr aus den Liedern heraus holte. Ständig wurde gerade beim Schlussakkord nochmal die Schraube angezogen, um Band und Publikum weiter anzustacheln. Dabei konnte man die Leute vor der Bühne immer schön miteinbeziehen und ihnen so manchen Chor entlocken.

Wobei das gar nicht nötig gewesen war, den bei dem was da von der Bühne rüber kam, konnte keiner still stehen. Bei den „Tygers, Tygers“-Sprechchören musste sich der Verfasser dieser Zeilen verwundert umdrehen, ob nicht doch noch ein paar Nasen von der Straße den Weg in den Colos-Saal gefunden hatten. Und die Anhängerschaft wurde auch fürstlich bedient, die neuen Songs wurden schön unter die Klassiker verteilt, wobei sie denen in Nichts nachstehen. Natürlich standen die beiden Alben mit John Sykes im Fokus, doch auch anderes neues Material wusste zu gefallen. Ob es wirklich Sinn machte, in der Zugabe ein ZZ TOP-Cover zu bringen lasse ich mal dahin gestellt, obwohl man nicht verleugnen darf, dass die Nummer immer Laune macht und entsprechend abgefeiert wurde. Mir persönlich wäre aber etwas Eigenes wie „Don´t Touch Me There“ oder „Paris By Air“ lieber gewesen.

Letzteres hätte aber weniger gepasst, denn die Briten waren auf Vollgas gebürstet, ruhiger als der atmosphärische Schlusspunkt von „Spellbound“ wurde es nicht. Gecovert wurde am Ende noch einmal, doch ihren größten Hit haben sie sich bereits damals auf „The Cage“ zu Eigen gemacht, womit die Party ihren abschließenden Höhepunkt fand. Nur schade, dass so wenige mitgefeiert haben, Die Sachsen würden den Laden zweimal hintereinander ausverkaufen und die eisernen Jungfrauen haben kurz zuvor zweimal die nicht weit entfernte Festhalle vollgemacht. Beim allergrößten Respekt vor beiden Formationen, aber mit deren Qualitäten konnten die TYGERS OF PAN TANG an dem Abend auch mithalten. Ganz ehrlich gibt mir „Tygers Of Pan Tang“ sogar mehr als „Battering Ram“ oder „Book Of Souls“. (Pfälzer)

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Setlist TYGERS OF PAN TANG:
Only The Brave
Love Don´t Stay
Gangland
Blood Red Skies
Do It Good
Euthanasia
Glad Rags
Take It
Never Give In
Keeping Me Alive
Don´t Stop By
Raised On Rock
Devil You Know
Rock´n´Roll Man
Hellbound
Suzie Smiled
-------------------------
Tush
Love Potion No. 9

 

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