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vintersorg tillfjällsdeliiAls die Ankündigung kam, dass das neue Album von VINTERSORG „Till Fjälls Del II“ (Del II heißt Teil II) heißen wird, da ging es hoch her im Fanlager. Wäre das doch das Album, auf das die Fans der ersten Stunde seit 1998 hoffen. Und das sie bisher nie bekommen haben, weil Andreas Hedlund eben nicht Andreas Hedlund wäre, wenn er sich selbst wiederholen würde. Nun aber ist er offenbar selber der Meinung, dass die neuen Songs diesen Titel verdienen.

Das ist zum einen etwas ungewöhnlich, da er mit diesem Album den Vier-Elemente-Zirkel von „Jordpuls“, „Orkan“ und „Naturbål“ unterbricht. Andererseits zeichnete sich diese Entwicklung auch schon länger ab. Musikalisch entwickelte sich VINTERSORG ja immer progressiver mit dem Höhepunkt bei „The Focusing Blur“ und verzichtete immer mehr auf schwedische Texte, bis es dann mit „Solens Rötter“ zur Umkehr kam und der Sound von VINTERSORG von Album zu Album wieder folkiger wurde und auf englische Texte vollständig verzichtet wurde. Eine Entwicklung, die ich persönlich sowohl nachvollziehbar als auch gut finde. Folkig und schwedisch gefällt mir VINTERSORG einfach besser.

Nun also „Till Fjälls Del II“. Schon mit der Wahl des Albumnamens hat Andreas Hedlund die Messlatte, an der diese Platte gemessen werden wird, entsprechend hoch gelegt. Doch schon der Opener „Jökelväktaren“ legt im typischen VINTERSORG-Stil los. Dass dieser Song die Fortsetzung von „Jökeln“ auf „Till Fjälls“ ist, das erkennt man zweifelsohne, auch wenn der Gletscher nun aus einer etwas anderen Sichtweise betrachtet wird. Und hier versteht man auch, warum das Album „Till Fjälls Del II“ heißen musste. Hier herrscht die Seele des fast 20 Jahre alten Vorgängeralbums.

Aber es gibt noch einen weiteren Grund. Einige der Songs, die auf dem Album stehen, wie z.B. „Tilbaka till källorna“ haben uralte Wurzeln und entstanden noch vor dem Release des Debüts „Hedniskhjärtad“, schafften es seinerzeit jedoch nicht auf die EP. Diese wurde nun von Andreas Hedlund wieder ausgegraben und völlig neu bearbeitet. Und diesen alten Geist hört man den Songs auch an.

Und selbst für DEN VINTERSORG-Übersong, „Till Fjälls“ gibt es ein Nachfolgestück. „Fjällets Mäktiga Mur“ erinnert nicht nur vom Songaufbau her - das Intro ist schon sehr an „Till Fjälls“ angelegt - an den großen Bruder, sondern der Ausruf „Till Fjälls“ taucht auch in den Backing Vocals des Refrains auf.

Wäre „Till Fjälls“ heute entstanden und nicht 1998, würde es wahrscheinlich genau so klingen. Was man Teil II jedoch auch anmerkt: Andreas Hedlund ist älter geworden. Teil II klingt längst nicht so wild und ungezügelt wie seinerzeit „Till Fjälls“. Was aber nicht heißt, dass das Album in seiner Gesamtheit auch ruhiger geworden ist. Bei Songs wie „Lavin“, die brutal, hart und schnell die Thematik des Textes auch musikalisch umsetzen, zeigt sich, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört (was er mit BORKNAGAR aber auch schon zu Genüge bewiesen hat).

Ein weiteres Highlight des Albums ist „Vinterstorm“, das die typischen VINTERSORG-Ohoho-Chöre mit einem Ohrwurmrefrain vereint, das ordentlich rockt, bei dem aber dennoch der Gesang im Vordergrund steht. Aber auch „Alt Mellan Himmel Och Jord“ hat es mir angetan, sowohl textlich als auch musikalisch. Einfach ein starker Song. Und auch bei „Vårflod“ gibt es ein Wiedersehen mit einer alten Bekannten: Cia Hedmark, die man schon auf „Till Fjälls“ hören konnte, hat auch hier einige Gesangsparts beigesteuert.

Ein Album mit dem Namen „Till Fjälls Del II“ herauszubringen, ist ein ambitioniertes Unterfangen, das auch gewaltig in die Hose gehen könnte. Aber ich muss sagen: Ich find’s gut. Die Entwicklung zu diesem Album hin ist über viele Jahre nachvollziehbar und logisch, das Album versprüht den Geist des Namensvetters und von daher war der Name eigentlich nur logische Konsequenz.

Insgesamt schließt sich mit „Till Fjälls Del II“ also der Kreis. Stellt sich nur die Frage, wie es nun weiter geht? Folgt das letzte Album des Elemente-Zirkels? Wird es wieder progressiver werden? Oder war es das gar mit VINTERSORG? Über letzteres will ich nicht einmal nachdenken. Auch wenn man die Band schon seit 13 Jahren nicht mehr live erleben konnte, so möchte ich die Truppe doch nicht missen. Andererseits wird es einem Andreas Hedlund mit seinen gefühlt tausend Projekten und Bands wohl gar nicht möglich sein, auf Musik zu verzichten und dann wird früher oder später auch noch einmal was herauskommen, auf dem VINTERSORG drauf steht. (Anne)

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 76:37 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 30.06.2017

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