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bst unterdeck200pxWenn man in Hamburg am Elbstrand steht und in sich gekehrt auf die Kräne blickt, die gegenüber schweigend und mächtig ihre Arbeit verrichten, dann fehlt dem geneigten Musikfan ein passender Soundtrack dazu. Schifferklavier und Hans Albers kommt einem da schnell in den Sinn, aber eigentlich mag ich beides nicht. Etwas langsames und mächtig mitreissendes, so wie abgebrochene Äste im Wasser der vorbeiziehenden Elbe, das wäre passender. Ich weiß nicht ob die Hamburger Jungs von B-S-T das genauso sehen, jedoch überraschten sie mich mit ihrem aktuellen Album „Unter Deck“, doch genau diesen Soundtrack in meinem Kopf zu treffen.

Die knorrigen Hanseaten scheinen öfters mal eine Trauerweide zu umarmen, denn eigentlich ist man im Norden zwar „steif wie eine Brise“, aber nicht gänzlich zerfressen und bei Bier auch gerne heiter.

Der Albumtitel „Unter Deck“ beschreibt wohl all das verborgene, unter den Teppich gekehrte, heimliche, still verzweifelte und Zwischenmenschliche im Leben.
 Die 10 Minuten langen Stücke „Stimmen“ und „Aufgabe“ zu Beginn lassen keinen Raum für Zweifel und zelebrieren sofort Unbehagen und Hoffnungslosigkeit. Besser wird die Stimmung auch bei den „kürzeren“ Stücken bis zum Ende des Albums nicht. Da freut man sich doch glatt über etwas flotter gespielte Passagen in CROWBAR-Art.


Abgerundet wird das soundmäßig ordentlich eingetütete Album von dem Cover „Ride On“ vom Irischen Folksänger Christy Moore.


Wer so schnell wie ich von Death Metal zum Doom gekommen ist hat Blut geleckt, sich im Hochsommer schweißgebadet nach Hause geschleppt und am helllichten Tage den Rolladen runter gelassen, um in Tränen aufgelöst den Riffs zu lauschen, die zu schleppendem Beat und verzweifelt klingender Stimme aus den Boxen quillen.

Vormals unter dem Namen „Blut, Schweiß und Tränen“ 1994 in Hamburg gegründet, zeigt sich der Sound der Truppe einer Wandlung von corelastigen Elementen gepaart mit zähflüssigem Doom, hin zu eher ursprünglichem Doom in der Art von frühen MY DYING BRIDE, CROWBAR, PARADISE LOST, CANDLEMASS, was mich sehr freut. 
Wer jetzt mault, das kann nur abgekupfert sein, irrt gewaltig. B-S-T schlagen zwar in diese Kerbe, kombinieren dennoch neu. 
Alleinstellungsmerkmal ist eindeutig der konsequente Gesang mit deutschen Texten. Ich war ja geradezu erleichtert, dass man hier keine schmalzigen oder schlagerartigen Zeilen präsentiert bekommt, sondern tiefgründige Lyrik.

Der Gesang klingt verzweifelt, kraftlos bis aggressiv, ist mir persönlich jedoch nicht in letzter Konsequenz und so hemmungslos wie bei MY DYING BRIDE oder CROWBAR ausgelebt. 
Es ist mir eigentlich ein Rätsel, warum mir B-S-T nicht schon vorher aufgefallen ist. Vermutlich liegt es an der Grüppchenbildung auch im Doom, deren Protagonisten den nächsten Horizont nicht wahrnehmen wollen. Zu schnell werden deutschsprachige Bands mit harten Texten und schwerer Musik in die Gothic- oder Deutschrock-Ecke gestellt. 

B-S-T bleiben dank tonnenschwerer Riffs im Doom verankert und müssen sich dank erfrischender Eigenständigkeit nicht hinter Genregrößen verstecken. Wenn BARABBAS aus Frankreich es in ihrer Muttersprache schaffen in der Szene Fuß zu fassen, muss es auch für B-S-T in deutschsprachigen Raum und darüber hinaus möglich sein. (Andreas)


Bewertung:

Andreas8,5 8,5 / 10


Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 42:15 min 
Label: Voodoo Chamber Records
Veröffentlichungstermin: 27.07.2017

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doom doom  
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