Fifthangel TimewilltellDie ganze Sucherei nach einem Label verbaute der US-Metalhoffnung Ende der Achtziger ein wenig die Möglichkeiten, an Liveauftritte war nicht zu denken und mit James Byrd und Ken Mary verließen zwei Mitglieder die Truppe. Der Gitarrist startete eine Solokarriere, während der Schlagzeuger von der Konkurrenz umworben wurde. So spielte er „Fireworks“ von BONFIRE ein und schloss sich dann HOUSE OF LORDS an. Als FIFTH ANGEL dann bei Epic/CBS unterschreiben konnten, schien sich alles zum Guten zu wenden, mit Kendall Bechtel kam ein neuer Gitarrist und Ken Mary war immerhin noch für Studioaktivitäten zu haben. In der Besetzung nahm man „Time Will Tell“ auf, ein Werk, welches das Zeug zu ganz hohen Weihen gehabt hätte, und nun von Metal Blade neu aufgelegt wird. Leider begann damals die unsägliche Ära Tommy Motolla beim Medienriesen, der neue A&R strich die Gelder für den Toursupport von EUROPE und die Formation löste sich desillusioniert auf.

Natürlich fürchteten Fans seinerzeit den Wechsel zu einem Major, die oft in einer softeren Gangart mündete. Doch das Riesentalent, das beim Debüt offensichtlich wurde, konnte schon auf diesem knackige Gitarrensalven mit traumwandlerischen Melodien mischen, ohne auf einer Seite Kompromisse eingehen zu müssen. Das Zweitwerk ist auch etwas geschliffener, doch bei aller Reife verlor man nicht diesen ungeheuren Enthusiasmus, die große Frische in den Kompositionen. Eine etwas rockigere Linie ist nicht von der Hand zu weisen, was sich im starken UFO-Cover „Lights“ Out“ manifestiert.
An die schnellen Nummern des Erstlings erinnern zwar nur noch wenige Momente, ebenso fallen die ganz schwerfälligeren Songs verstärktem Mid-Tempo zum Opfer. Da wäre vor allem „We Rule“ zu nennen, bei welchem die DoubleBass so richtig mahlen darf, überraschenderweise vor allem im Refrain, während schon die Strophe schnell nach vorne treibt. In ähnlich forscher Gangart geht es dann nur noch bei „Midnight Love“ und dem CHASTAIN-Cover „Angel Of Mercy“ zu Werke. Die haben aber eher eine rockige Legierung, wobei man sich auch die zweite Fremdkomposition gut aneignet.

Im Opener hält noch einmal der zurückhaltende, etwas schleppende Stampfrhythmus, der das Debüt geprägt hat Einzug, und vor allem viele Leadfills. Der Einfluss von Schenker auf das Spiel von Bechtel und Archer ist da nicht zu überhören, zu der Zeit baute der Gitarrengott ähnlich viele in seine Kompositionen ein. Bei der Bridge von „Cathedral“ dürfen die sechs Saiten etwas flirren, bevor der Chorus komplett in Richtung Stadion abhebt. Hier zeigt sich die komplette Klasse des Zweitwerks, wie die öfter verwendeten mehrstimmigen Gesänge arrangiert sind, ist großartig. Die Melodien gehen zudem mit dem ersten Durchlauf sofort ins Ohr, ohne sich ansatzweise anzubiedern. An dem Schmiss bissen sich zu der Zeit Horden von Hairmetallern vergeblich die Zähne aus.

Wer nicht genug von den Leads und den vielen brillanten Soli kriegen kann, mit denen die beiden um sich werfen, der wird am Ende mit „Feel The Heat“ noch einmal richtig bedient. Hier geht es trotz einer latenten Schwermut nach vorne, was in den unglaublichen Breaks von Ken Mary begründet ist, er war eigentlich auch nicht zu ersetzen. Durch den Druck, den er erzeugt wirken selbst hochmelodische Gesangsharmonien immer noch kernig. Stark auch, was er im schwer treibenden „Seven Hours“ leistet, dessen wuchtige Schläge die Atmosphäre perfekt unterstützen.
Ein weiteres Musterbeispiel ist das Titelstück, in dem die Gitarren zwischen sphärischen Licks und kurzem Galopp pendeln. Es ist immer wieder beeindruckend, wie es der Band gelingt, durchaus verspielte Riffs so griffig klingen zu lassen. Im Chorus, in dem Pilot eine sehr feine und flüssige Melodielinie findet, gibt es dann ein paar Keyboardflächen zu hören, die sich sehr gut integrieren. Jene gibt es auch bei „Wait For Me“ zu hören, das sehr knallig einsteigt, bevor die Synths die Strophen untermalen. In der Bridge weiß Ted Pilot auch im Falsett zu glänzen, bevor dieser unfassbare Refrain seine Schwingen ausbreitet.

Auch ohne rockiges Beiwerk weiß der Mann zu überzeugen, das Zweitwerk hat zwei balladeske Momente, in denen er viel Gefühl beweisen kann. Warum die beiden Titel seinerzeit keine Hits wurden, bleibt bis heute ein Rätsel, bei gleicher Zugänglichkeit hatten sie viel mehr Klasse als die Konkurrenz. Alleine diese unglaubliche Weite der Melodien nimmt einen völlig ein. Während „Broken Dreams“ auf wunderbare Akustikmotive setzt, stehen bei „So Long“ die Tasten etwas mehr im Vordergrund.
Das Talent, mit dem FIFTH ANGEL ausgestattet waren, ist heute noch schwer zu fassen, hier stimmt alles, die Balance zwischen Härte, Anspruch und Melodie ist ideal. Technisch ist das überragend, ohne die Fähigkeiten in den Vordergrund zu stellen, umso mehr kommen die Phrasierungen auf den Punkt. Mit dem langjährigen RUSH-Produzenten Terry Brown fanden sie zudem jemanden, der das perfekt in Szene setzen und die Stärken des Debüts noch weiter entwickeln konnte. Wenn es jemals eine unterbewertete Band gab, dann diese hier, wer es nicht glaubt, der kauft sich diese Wiederveröffentlichung. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer0,0 - / -


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 48:56 min
Label: Metal Blade Records
Veröffentlichungstermin: 18.05.2018

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