nativewindow.jpgWas tut eine Band, wenn ihnen die Songschreiber abhanden gekommen sind? Sie löst sich auf, sucht neue Songschreiber, spielt nur noch live oder schreibt die Songs selbst. Im Falle von KANSAS passierten die beiden letzten Möglichkeiten. Denn auf der Bühne ist die Truppe nach wie vor eine der herausragendsten Acts, wie wir letztens in Saarbrücken sehen konnten und zum ersten Mal kommt man ohne die Kreativkräfte Steve Walsh und Kerry Livgren aus.
Die trauen sich beide nicht mehr zu ein komplettes neues Album zu komponieren, von daher blieb den restlichen Vier nichts anderes übrig, als selbst tätig zu werden, da man Lust auf neues Material hatte. Da das Ganze nun doch nicht die wahren KANSAS sind, hob man eine neue Formation aus der Taufe, die aber nicht als Konkurrenz zu sehen ist. NATIVE WINDOW war geboren und die veröffentlichen diese Tage ihr Debüt, welches den Geist der Mainstream-Prog-Legende weiterführen soll. Ob das gelingt?

Gleich bei „Money“ würde man sogar bejahen, die eröffnende Violine von David Ragsdale tönt so typisch nach den Amerikanern. Dass der Song eher ruhiger Gangart ist, dürfte auch nicht ungewöhnlich sein, selbst als Opener, die Fülle der Melodien ebenso wenig die Gesangsharmonien. Doch wo sind die Gitarren, also die elektrischen, verzerrten, die kantigen Prog-Riffs, das rockende Element? Gut, nach vorne läuft die Nummer schon ein wenig, aber getragen von der Akustischen.

Da muss man aber eben mal den Kompositionsstil genauer in Betracht ziehen. Walsh und Livegren kamen aus dem Prog, der eine mit einem Hang zum Pathos, der andere mit einer rockigen Affinität. Und wenn die übrigen Herren einen völlig anderen Ansatz verfolgen, dann klingt das Ergebnis im Studio eben anders, auch wenn man es von den Arrangements her in dieselbe Richtung bearbeitet.
Die Resttruppe hat einen eindeutigen Einfluss aus dem Singer/Songwriter-Bereich, was sie auch nicht verneinen. Ein Kriterium für die Lieder war, dass sie auch reduziert funktionieren können, und das könnten sie in der Tat, wenn man seine Phantasie spielen lässt.

Nur ist das eben nicht unbedingt das, was man von diesem Musikern hören will. Die rhythmischen Variation sind meist nur unterschwellig vorhanden, wie etwa in „An Ocean Away“ und es dauert bis zu Song Nummer vier „The Way You Haunt Me“ bis Rich Williams zum ersten Mal ein bisschen zupackt. Doch seine Akkorde sind sehr locker, offen, könnten auch von BON JOVI stammen, dafür gibt es am Ende endlich eine der tollen Gitarren-Violinen-Harmonien. Nur beim bluesigen „Blood In The Water“ hat er seinen Auftritt, zaubert schöne Licks hervor und duelliert sich mit Ragsdale.

Ebenso unterfordert wirkt Phil Ehart, der es bei simplen, zurückhaltenden Grooves belässt und kaum Breaks zum Besten gibt. Nur einmal hebt er seine Sticks, um richtig auf die Becken zu dreschen, der Refrain von „Miss Me“ gewinnt dadurch enorm, schreit nach Stadion.
Hier zeigen NATIVE WINDOW, welch tolle Melodien sie schreiben können, die vor allem bei den mehrstimmigen Gesängen zur Geltung kommen. Billy Greer, der den Leadgesang übernimmt verfügt ebenfalls über eine gute Stimme, auch wenn er weder an das raue Timbre von Robbie Steinhardt noch an die kraftvolle, klare Stimme von Walsh kommt.

Auch in Punkto Abwechslung und Arrangements können sie nicht die volle Bandbreite ausschöpfen. Die ruhigen Momente wie bei der Ballade „The Light Of Day“ kommen genauso wenig atmosphärisch getragen daher wie eben die rockigen Momente den nötigen Druck aufweisen. Da hätte man ein Stück mehr ausfeilen können, aber gerade aufgrund des Ansatzes ist man da auch limitiert. Am ehesten zitiert noch das pulsierende an „Point Of No Return“ erinnernde „Got To Get Out Of This Town“ die Hauptband.

“Native Window” jetzt als Flop zu beschreiben wäre aber sicherlich falsch, das Album hat seine Momente. Neben den erwähnten Melodien muss man eben auch die Fähigkeiten der Musiker erwähnen. Da sitzt einfach jeder Ton, das Zusammenspiel ist über alle Zweifel erhaben, wurde auch von Produzent Steve Rawls gut eingefangen, der einen klaren, differenzierten Sound auf den Silberling gebannt hat. Als Melodicrock-Scheibe sicherlich eine Empfehlung wert, Spaß machen NATIVE WINDOW auf alle Fälle. Nur eben ganz die Klasse von KANSAS besitzen sie nicht, da fehlt einfach das letzte Quäntchen Ausstrahlung. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 41:18 min
Label: InsideOut
Veröffentlichungstermin: 13.11.2009

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