Elysion - Silent Scream

elysion_silentscream.jpgBereits der erste Blick auf das Cover von „Silent Scream“ macht unmissverständlich klar, wohin die Reise auf „Silent Scream“ gehen wird – Gothic Rock/Metal natürlich. Wer jetzt allerdings spontan auf Finnland als Herkunftsland von ELYSION tippt, der liegt ganz gewaltig daneben. Dieses Quartett, das sich nach der „Insel der Seligen“ benannt hat, kommt nicht etwa aus dem düsteren und kalten Norden Europas, sondern aus dem warmen Süden, genauer gesagt aus Griechenland. Öfter mal was Neues, so aus dem Stehgreif fällt mir nämlich keine Female-Fronted Gothic-Band aus diesem Land ein.

Ganz so einzigartig sind ELYSION dann aber doch nicht, wenn man sich erst mal mit der Musik ihres lange erwarteten Debütalbums auseinadersetzt. Pop-beeinflusster, aufs Wesentliche reduzierter, Gothic-Rock mit einigen dezenten Auswüchsen ins metallische Lager, so würde ich die 11 Songs von „Silent Scream“ oberflächlich beschreiben. Und das ist in Zeiten, in denen EVANESCENCE und LACUNA COIL zu Megasellern in den USA wurden, nun wirklich nichts Außergewöhnliches mehr. Das klingt jetzt erst einmal recht langweilig und austauschbar, ist es aber über weite Strecken von „Silent Scream“ dann zum Glück doch nicht, wofür es mindestens drei gute Gründe gibt.

Erstens haben ELYSION mit Christianna eine Sängerin in ihren Reihen, der man gerne zuhört und die weder durch ungekonntes Operngeträller noch durch schlecht vorgetragenen „Pop-Gesang“ nervt. Zweitens stimmt auf „Silent Scream“ das Verhältnis zwischen den Gitarren und den Keys, das heißt ELYSION sind, mal abgesehen von den Balladen, hart und atmosphärisch, aber nie bombastisch, und das ist auch gut so. Für beides (Gitarre/Synthies) ist übrigens Bandkopf Johnny Zero verantwortlich. Und drittens haben ELYSION auf „Silent Scream“ eine ganze Reihe starker Songs parat, die es zu entdecken gibt.

Wobei ich sagen muss, dass man die besseren Songs merkwürdigerweise in die zweite Hälfte von „Silent Scream“ verbannt hat. So geht zum Beispiel der Beginn des Albums mit „Dreamer“ tendenziell erst mal in die Hose, denn dieser Song präsentiert ELYSION wie ein seelenloses Pop-Gothic Projekt. Ein netter Refrain, der bis zum Exzess wiederholt wird, reicht eben noch nicht aus, um einen guten Song zu haben. Auch das rockigere „Killing My Dreams“ (schon wieder Träume), die Radionummer und Single „Never Forever“ sowie die Halbballade „Weakness In Your Eyes“ zeigen eine Band, die wenig wagt und deshlab auch erst einmal wenig gewinnt. Damit will ich nicht sagen, dass die ersten vier Songs von „Silent Scream“ schlecht sind, zum Einstieg vielleicht sogar die richtige Wahl, ein Gefühl von „am Reißbrett entworfen“ entsteht aber bei jedem vollständigen Durchgang des Albums.

Die große Klasse, die ELYSION zweifelsohne besitzen, offenbart sich erst in der zweiten Hälfte des Albums. Irgendwie habe ich beim Hören von „Silent Scream“ immer so das Gefühl, dass die Band ab dem fünften Song „Don't Say A Word“ von ihren Fesseln entbunden wurde, und das tut Nummern wie eben „Don't Say A Word“, „The Rules“, „Walk Away“ sowie dem abschließenden und für ELYSION Verhältnisse schon experimentellen „Erase Me“ hörbar gut. In der ersten Hälfte erinnern die Songs stark an die bereits erwähnten LACUNA COIL und EVANESCENCE, in der zweiten Hälfte meine ich häufiger etwas von den total unterbewerteten Holländern von AUTUMN zu hören. Und das ist ganz klar als Kompliment zu verstehen.

Zusammengefasst ist „Silent Scream“ ein Album mit 11 guten bis sehr guten und kompakt arrangierten Songs, denen leider noch das gewisse Etwas fehlt, um vollends begeistern zu können. Trotzdem legt man „Silent Scream“ immer wieder gerne auf, zumal die 45 Minuten recht kurzweilig ausfallen. (Maik)


Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 43:52 min
Label: Massacre Records
Veröffentlichungstermin: 18.12.2009     
Kategorie: CD-Reviews