Ratt - Infestation

ratt_-_infestation_artwork.jpgIch kann mich noch gut daran erinnern, als ich Ende der Achtziger bei einem Kumpel zum ersten Mal "Invasion Your Privacy" von RATT gehört habe. Ich war hin und weg von diesem Gesamtkunstwerk! In der Folgezeit lernte ich die ebenso starken Vorgänger, aber auch die weniger prallen Nachfolger kennen. 1990 keimte mit dem tollen "Detonator" noch mal Hoffnung auf, sie können wieder an ihre alten Glanzzeiten anknüpfen.
Doch das Teil floppte aufgrund des beginnenden Ausverkaufs im Hairmetal und der Riesenkonkurrenz im "Goldenen Herbst", die Band löste sich auf, später starb auch noch Gitarrist Robin Crosby. Ende der Neunziger gab es einen halbgaren Reunionsversuch, bei dem zumindest das selbstbetitelte Album ansprechend war. Nun soll alles besser werden, nach mehr als zweijähriger Veröffentlichungsschwangerschaft geht "Infestation" ins Rennen.

Und es geht gut los, das Eingangsriff des Up-Tempo-Openers "Eat Me Up Alive" ballert einen richtig weg und auch im Verlauf des Songs ist Dampf dahinter. Das ist die L.A.-Legende wie man sie hören will, ihren Stil hört man sofort heraus. Ähnlich charakteristisch folgt die erste Single "Best Of Me", feine Leadfills zu Beginn und eine rockige Mainstreamanbiederung, erinnert ein wenig an "Givin´ Yourself Away".
Die Gangshouts im treibenden "A Little Too Much" lassen ebenfalls an frühere Alben denken, als man gerne rotzig nach vorne rockte wie man es heute noch bei "Last Call" und "Take A Big Bite" tut. Auch auf knallige Arrangements braucht man nicht zu verzichten, Bobby Blotzer lässt bei "Lost Weekend" und "Garden Of Eden" sein Kit krachen. Ruhiger geht es beim relaxt swingenden "As Good As It Gets" und der Ballade "Take Me Home" zu.

Ja, das tönt genauso wie es sein sollte, Partymetal pur, man rettet den Sound ins neue Jahrzehnt rüber. Guitar Hero Warren DeMartini spielt eine tolle Axt, hat knackige Riffs am Start, soliert prima und duelliert sich mit seinem neuen Partner Carlos Cavazo, der noch von QUIET RIOT bekannt sein dürfte. Am Gesang von Stephen Pearcy scheiden sich natürlich heute noch die Geister, aber sein latentes Quäken gehört einfach dazu. Und Blotzer erhält jetzt von der ehemaligen Vince Neil-Entdeckung starke Unterstützung in der Rhythmusabteilung.

Eigentlich sollte der Dreher alle alten Fans begeistern, doch irgendwie werde ich nicht ganz warm damit, und das hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Melodielinien in den Refrains nicht so griffig und elegant wie beispielweise auf "Detonator". Gut, da arbeitete man mit Outside-Writern, die hätte man bei "Infestation" auch ab und an mal zu Rate ziehen können.
Sind die Songs schon nicht ganz die Klasse, so macht der Sound auch einiges kaputt. Ich war ja bisher eher ein Verfechter, dass ein zu komprimierter Sound einem Album nicht zwangsläufig schadet. Doch hier wurde ich eines besseren belehrt, die Scheibe wirkt seltsam kalt. Auch wenn die Truppe gerne mal den Blues zitiert, es fehlt einfach das Feuer, die wohlige Wärme der alten Aufnahmen. Dadurch leidet auch der Druck des Klanggewandes, das Volumen fehlt. Gitarre und der Rest kommen oft einfach nicht so zusammen, es hagelt gute Licks und andere Ideen aber manches wirkt regelrecht geflickt.

Es ist jetzt nicht so, dass "Infestation" keinen Spaß machen würde, aber die ganz großen Hits vom Schlage "You´re In Love", "Lay It Down" oder "Heads I Win, Tails I Loose" fehlen. Gut abgehen tun RATT aber immer noch, auf diversen Partys könnte damit schon Stimmung entstehen. Dennoch hatte ich mit so einem Label im Rücken doch ein wenig mehr erwartet als nur solide Kost. Ob RATT damit wieder Fuß in der Szene fassen können, weiß ich nicht. Ein wenig Enttäuschung macht sich schon breit, dabei hat alles so gut angefangen, hach, wenn es doch auf dem Niveau weitergehen würde wie beim ersten Riff. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 42:37 min
Label: Roadrunner Records
Veröffentlichungstermin: 16.04.2010

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