Amorphis - The Beginning Of Times

Mehrfach-Wertung der Redaktion

amorphis_thebeginningoftimesUnd weiter geht der Höhenflug, der mit dem Einstieg von Frontmann Tomi Joutsen begann. Nachdem man sich schon wie viele Bands, die Mitte der Neunziger unter dem Überbegriff Gothicmetal auf dem absteigenden Ast wähnte, kippte bei den Finnen das Schicksal. Seitdem kann man mit gleichbleibendem Line-Up auf einer viel professionelleren Ebene arbeiten. Die Hallen werden wieder größer vor allem weil es gelingt auch Fans, die nicht so viel mit Metal anfangen können zu ziehen. Die neue Popularität will natürlich untermauert werden und so werden die Intervalle zwischen den jeweiligen Alben kürzer. Heuer brauchte man zwei Jahre bis zur Fertigstellung des zehnten Longplayers  "The Beginning Of Times". Und das obwohl dazwischen noch die  DVD "Forging The Land Of The Tousand Lakes" sowie die Neueinspielungen alter Klassiker unter dem Titel "Magic & Mayhem - Tales From The Early Years" auf den Markt gebracht wurden. Ob es der Truppe gelingt das hohe Niveau der Vorgängeralben zu halten?

Schnell wird zumindest klar, dass die altbewährten Zutaten immer noch am Start sind, so prägen die melodischen Leads von Esa Holopainen und das perlende Piano von Santeri Kallio schon den Opener. Auch die variable Stimme von Tomi Joutsen, welche der Band so gut tut zeigt in „Battle Of Light" schon viele Facetten. Also alles gehabt im Hause AMORPHIS, aber nicht ganz, denn wie so oft sind es die Details, welche einem bei der Band erst nach mehrmaligem Hören alle auffallen, die den kleinen Unterschied machen.
Die Pianolinien sind etwas klarer, ich will nicht sagen steriler produziert, doch insgesamt geht man ein wenig vom gewohnt warmen Klangbild. Bei „Mermaid" wartet dann die zweite Überraschung, denn erstmals taucht bei den Mannen aus dem Norden eine Frauenstimme auf. Diese gehört der Freundin eines Studiomitarbeiters und wurde schon von NIGHTWISH in die engere Auswahl genommen und soll auf dem Album noch öfter in Erscheinung treten.


Wiederum anders präsentiert sich „My Enemy", so tief im Death Metal, vor allem was auch die Rhythmusarbeit angeht war man schon seit „Greed" auf „Tuonela" nicht mehr. Ähnliches gilt für „Soothsayer", bei dem die Dame im Refrain auch mehr als nur Harmonieparts bekommt. Das lässt die Nummer ein wenig in die Ecke der Gothic Metal-Acts gehen in welche die Truppe Mitte der Neunziger ebenfalls gesteckt wurde, wo sie aber nie hin gehörte.
Wie schon vorher angemerkt sinkt der Anteil der Hammond-Sounds, dafür dürfen es bei der Single „You I Need" auch mal Quietsch-Keyboards der Casio-Kategorie sein. Diese Entwicklung, auch hin zu gradlinigeren, weniger verspielten, teilweise etwas poppigeren Titeln beobachte ich schon seit „Silent Waters".

Die Folk-Einflüsse gehen immer weiter zurück, treten nur noch bei „Song Of The Sage" offen zu Tage. Ebenso werden die psychedelischen Seventies-Zitate reduziert, am meisten klingen sie noch in der einzigen schwelgerischen Nummer „Reformation" durch, aber eher in Form von Moog-Synthesizern.
Dafür kommen die orientalischen Motive von „Tales From The Thousand Lakes" verstärkter zum Einsatz wie etwa beim wuchtigen Intro von „Three Words". Hier machen sich auch die ein oder andere dezente Keyboard-Orchestrierung bemerkbar, im sehr ruhigen, fast süßlichen „On A Stranded Shore" auch ein paar Synth-Streicher. Und über dem für AMORPHIS typischen eruptiven Refrain von „Escape" weht ebenfalls ein Hauch von so bislang unbekanntem Bombast.

Doch das alles sind nur Nuancen, höchstens Flirts mit den neuen Ideen, wie eingangs erwähnt ist auch „The Beginning Of Times" alles andere als Etikettenschwindel. Zumal sich am Ende mit „Crack In The Stone" und dem Titelsong ein Weg zu gewohnten Klanglandschaften auftut. Überflüssig zu erwähnen, dass sich auch die Texte erneut um die Kalevala drehen, hier wird die Hauptfigur „Väinämöinen" behandelt.
AMORPHIS haben sicherlich schon zwingendere Hits geschrieben, aber es nötigt einem sehr viel Respekt ab, wie sie ihren Weg hin zum progressiven Rock unbeirrt weiter beschreiten. Aus den unterschiedlichsten Stoffen weben sie einen homogenen Klangteppich, bei dem alles fein eingearbeitet wird ohne besonders heraus zu stechen. Auch wenn sie sich oft von neuen Strömungen inspirieren lassen, sie biedern sich nie an und sind dadurch unverkennbar. Das können allenfalls RUSH noch besser, ein größeres Kompliment kann ich nicht machen. (Pfälzer)

Bewertung: 8 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 55:08 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 27.05.2010

Wertung der Redaktion
David Brix Anne Maik Mika Jannick Seb
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