Asia - XXX

Mehrfach-Wertung der Redaktionasia_xxxSie scheinen es mit der Reunion Ernst zu nehmen, denn seit "Phoenix" 2008 halten die vier altgedienten Musiker einen schönen Zweijahresrhythmus. Dabei gab es in der nun, wie der Titel andeutet, dreißigjährigen Karriere einige Kunstpausen, und auch eine lange Phase, als mit Keyboarder Geoff Downes lediglich ein Originalmitglied zu ASIA gehörte. Dabei war diese Zeit durchaus kreativ, vor allem das arg unterbewertete "Aria" wusste 1994 zu überzeugen. Man hatte sogar noch ein weiteres Album in der Pipeline und Festivals gebucht, als diese Pläne verworfen wurden, weil der ursprüngliche Vierer wieder zusammen fand. Seitdem ist der Arbeitseifer ungebremst, im vergangenen Jahr waren Gitarrist Steve Howe und Downes noch mit YES unterwegs, die nach einem Jahrzehnt auch wieder eine Scheibe auf den Markt warfen. Und doch fand man Zeit, das Jubiläum mit "XXX" standesgemäß zu begehen.

 

Begannen die beiden voran gegangenen Dreher mit recht flotten Nummern, so kommt man hier mit Pianoklängen nur langsam in Fahrt. „Tomorrw The World" legt eher gediegen los, kein Vergleich zu „Finger On The Trigger" vom Vorgänger, das direkt zu Beginn knallte. Zwar sind die Keys von Geoff Downes schon fordernd, doch über Mid-Tempo kommt man beim Opener nicht hinaus. Bei der Bridge sorgt eine Synthesizer-Fanfare erstmal für hoch gezogene Augenbrauen. Ich bin ja durchaus ein Freund solcher Klänge, aber das ist doch ein wenig zu nah am Kitsch gebaut; ihr seid doch nicht FREEDOM CALL. Insgesamt dank großartiger Melodieführung für den Auftakt griffig genug.

Wie man von den Vieren gewohnt ist, wird es bei der zweiten Nummer noch eine Ecke ruhiger, „Bury Me In Willow" ist fast ein reiner, wenn auch sehr schöner Pop-Titel. Etwas in der Form hätte auch von dieser schwedischen Band mit kurzem Namen sowie vorne und hinten ebenfalls ein „A" (mir fällt der Name nicht mehr ein) stammen können. Was mich da etwas abschreckt, sind diese scheinbar programmierten Rhythmus-Spuren, eine der Untugenden der Achtziger.

Die bekommt man auch bei „Face On The Bridge" zu hören, wobei die „UhUh"-Chöre am Liedanfang so schmalzig sind, dass selbst ABBA (jetzt fällt es mir wieder ein) die Schamesröte ins Gesicht gestanden hätte. Was die bedenkliche Rhythmusgeschichte angeht, so muss man zugeben, dass die Ballade „Faithful" dadurch gewinnt. So bekommt der Song den notwendigen Drive und wirkt nicht so dröge wie „Ever Yours" oder „Heroine". Das hat allerdings wieder zur Folge, dass sich die Songs vor allem bei der Dynamik kaum unterscheiden.

Doch nicht nur das lässt das Album gleichförmig wirken, vor allem der Sound verwässert viele Details. Hatte Mike Paxman „Omega" und vor allem dem aktuellen URIAH HEEP-Werk noch eine direkte, am Liveklang orientierte Produktion verpasst, so geht es auf „XXX" sehr poppig und geschliffen zu. Zwar ist der Sound klar, satt und druckvoll ausgefallen, doch es fehlen ein paar Ecken und Kanten. Besonders deutlich wird dies bei „No Religion", das eigentlich nach vorne rocken sollte. Die Gitarre und die Orgel wollen gerne losröhren, doch sie werden unter allzu viel Zuckerguss begraben.

So haben es die kleinen Details, wie die an SUPERTRAMP erinnernden Keys in „I Know How You Feel", noch schwerer aufzufallen. Zumal auf der Scheibe kaum etwas vom einstigen Bombast zu vernehmen ist. Soli sind auch Mangelware, stattdessen bringen Downes und Saitenakrobat Steve Howe viele Harmonien, die oft unter Vocalarrangements gelegt sind. Dergleichen haben die beiden auch schon letztes Jahr häufig auf „Fly From Here" abgeliefert. Das klingt alles gut, zieht aber manche Komposition, die fast alle bei sechs Minuten einlaufen, unnötig in die Länge. Gerade den flotteren Songs stünde es besser, wenn sie bei knapp vier Minuten ins Ziel gegangen wären. Für vier Musiker, welche alle den Progressive Rock geprägt haben, passiert zu wenig, alles zu unspektakulär.

Denn das, was den Longplayer rettet, ist vor allem die individuelle Klasse der einzelnen Beteiligten. Viele Licks haut der Saitenprofessor nicht heraus, aber seine Beiträge wirken alle inspiriert und mit viel Gefühl eingezockt. Das beweist auch der Mann an den Tasten, die meistens die Stücke prägen. Er verfügt einfach über die Erfahrung, seine Parts genau an dem passenden Punkt einzubringen. Und John Wetton läuft wieder mal zu Höchstform auf, seine charismatische, warme und dezent melancholische Stimme macht aus durchschnittlichen Melodiebogen immer noch etwas Besonderes. Daher fällt „XXX" alles andere als schlecht aus, aber bei dem Vorläufer doch eine Enttäuschung. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10


Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 49:58 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 29.06.2012

Wertung der Redaktion
David Bernie Pascal Maik Anne Kevin Dirk
7,5 7,5 6,5 7,5 7,5 7,5 6
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