Hamferð - Evst

hamferd evstUnter Hamferð versteht man auf den Färöern das Phänomen, daß Angehörigen oder Freunden verstorbene Menschen, oft auf See gebliebene, erscheinen. Der passende Name also für eine Band, die sich ganz dem Doom Metal verschrieben hat. Und die gibt es gerade mal seit 5 Jahren. Nach der EP “Vilst Er Síðsta Fet”, die im Jahr 2010 erschien, war es jetzt lange relativ ruhig um die Band. Relativ, denn HAMFERÐ konnten letztes Jahr die Wacken Metal Battle für sich entscheiden. Fehlte nur noch das Debütalbum.

Und das liegt mit „Evst“ nun endlich vor. Lange habe ich auf neues Material der Band von den Färöern gewartet. Aber das war es wert. Denn HAMFERÐ haben es in meinen Augen genau richtig gemacht. Statt den mit der Wacken Metal Battle gewonnenen Plattenvertrag mit Nuclear Blast anzunehmen, haben sie sich für ein kleineres Label – und mehr künstlerische Freiheit – entschieden.

„Evst“ ist ein Konzeptalbum geworden, in dem es um die Geschichte eines Mannes geht, der mit seinem Sohn in den Bergen unterwegs ist, wo dieser abstürzt. Mithilfe der Hulden, unsichtbaren Geistern, sucht er nach seinem Sohn und lebt auch bei diesen, bis er nach einigen Jahren das Hulda-Abbild seiner Frau tötet, die ihn einst verlassen hatte. Als er endlich wieder zu sich kommt und versteht, was alles geschehen ist, springt er in seiner Verzweiflung in die Tiefe, um endlich wieder mit seiner Familie vereint zu sein. Zu dieser Geschichte haben HAMFERÐ auch eine Bilderserie (eins je Song) auf ihrer Facebookseite veröffentlicht, die genauso düster und doch schön sind wie die Musik des Sechsers.

„Evst“ ist ein Album, mit dem sich HAMFERÐ nicht vor den Größen der Szene verstecken müssen. Dazu kommen die Texte, die ausschließlich in Färöisch gehalten sind und die den Songs eine noch mystischere Atmosphäre verleihen. Beeindruckend ist auch insbesondere die Gesangsleistung von Jón Aldará, der spielend zwischen Cleangesang (den er in erstaunliche Höhen schrauben kann) und tiefen, grollenden Growls wechselt. Alleine dafür muß man die Band eigentlich schon lieben.

Dafür und für die düsteren Soundwände, die melancholische Atmosphäre, die sie mit einer Leichtigkeit aufbaut, daß es fast schon unheimlich ist. Die Songs sind oft sehr ruhig und haben dennoch eine Schwere und Düsternis, wie sie wohl nur jemand entwickeln kann, der im hohen Norden zu Hause ist und die lange Dunkelheit des Winters in öder Landschaft durchlebt. Und trotzdem sind HAMFERÐ härter als so manche Band aus vermeintlich harten Sparten. Denn Härte ist nicht immer proportional zur Geschwindigkeit.

Bei „Sinnisloysi“ erhält Jón Alderá am Mikro Unterstützung von Eivør Pálsdottir, der international bekanntesten färöischen Sängerin (auch eine absolute Ausnahmekünstlerin, die sich jeder, der nicht nur auf Metal steht, mal anhören sollte), was dem Song ein ganz besonderes Flair verleiht. Und wieder beeindruckt der Sänger mit seiner Stimme, die bedrohlich growlend oder herzzerreißend klagend sein kann, ohne dabei auch nur einmal weinerlich zu wirken. Es ist wirklich beeindruckend, auf welchem Niveau sich diese Band bereits mit ihrem Debüt bewegt. Ich habe ja schon die EP geliebt, aber mit „Evst“ können sich die Färinger noch einmal steigern.

Und doch ist „Evst“ unheimlich schwer zu beschreiben. Laßt euch einfach eines sagen: Das hier, das ist ganz große Kunst. Musik, in die man absolut eintauchen kann. Die einem die Tränen in die Augen treibt. Bei der man ein komplettes Album mit geschlossenen Augen hören kann. Der Soundtrack für dunkle Herbst- und Wintertage. In Noten umgesetzte Emotion. Einfach nur großartig. So, und genau so muß Doom klingen. Dieses Album sollte sich nicht nur anhören, wer auf Doom Metal steht. Diese Scheibe sollte jeder mal gehört haben. Für mich ist „Evst“ auf jeden Fall eines der Alben dieses Jahres. (Anne)


Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 45:14 min
Label: Tutl / Cargo Records
Veröffentlichungstermin: 15.11.2013

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