Opeth - Pale Communion

opeth palecommunionEin Aufschrei ging vor drei Jahren durch die Szene als die als Deathmetalcombo gestarteten Schweden plötzlich ein Album ohne Growls aufnahmen. Dabei war die Entwicklung nicht ganz abzusehen, weil OPETH eben jenes Stilelement beibehielten, obwohl sie ihre Wurzeln längst hinter sich ließen. Doch auf der Suche nach immer obskureren Ausdrucksmöglichkeiten fischte "Heritage" in Krautrockgewässern und ging damit zum ersten Mal konsequent zurück zu den Siebzigern. Dem immer weiteren Aufstieg in die Oberliga des harten Rock indes tat das keinen Abbruch, die zehnte Scheibe wurde zur erfolgreichsten der Bandgeschichte. Nun steht "Pale Communion" in den Läden, da darf man wieder gespannt sein, was Mastermind Mikael Akerfeldt dieses Mal in die Wundertüte gepackt hat.

Der alte Schelm führt uns zu Beginn erstmal gehörig auf den Holzweg. Die ersten eineinhalb Minuten lassen einen Orgelschübe und trockene, jazzige Breaks glauben, dass seine Band direkt da anknüpft, wo sie beim Vorgänger aufgehört hat. Spätestens nachdem sich das Piano aus der darauf folgenden Stille heraus schält wird deutlich, dass wieder alles anders bleibt. Mir persönlich stieß nicht etwa der Wegfall der todesmetallischen Stilmittel auf "Heritage" sauer auf, sondern vielmehr das staubige, unzugängliche Soundgewand. Das ließ alles etwas sperrig und unzugänglich wirken, und erstickte so manche Melodie im Keim.
Auf "Pale Communion" kehrt man hingegen zu dem warmen, erdigen Klang zurück, der vor allem bei den Alben seit "Blackwater Park", trotz Death Metalelementen alles sehr harmonisch wirken ließ. Das Einschmeichelnde öffnet sofort mehr Türen auf dem neuen Dreher, hier zeigt Steven Wilson beim Mix wieder all seine Fähigkeiten. Auch wenn sich die Formation abermals stark gewandelt hat, stellt das keinen Schritt nach vorne dar, sondern man versucht eher den Ansatz von "Ghost Reveries" und "Watershed" aufzugreifen und in eine andere Richtung zu entwickeln.

Wer nun die Hoffnung hegt, dass die gutturalen Vocals zurück wären, der irrt, man geht stilistisch im Prinzip den selben Weg wie mit "Heritage", nimmt aber mehr von den New Artrockeinflüssen mit. Wie schon der Vorläufer versteht sich auch die neue Scheibe nicht als Fortsetzung von "Damnation", da man nicht rein akustisch agiert. Harte Gitarren spielen weiter eine tragende Rolle, aber diese haben ihren Ursprung eher in den Siebzigern, im Hardrock und Prog dieser Ära. Immer wieder branden die Riffs auf, duellieren sich oft mit der immer präsenteren Orgel. Beide Instrumente fusionieren auch in den instrumentalen Parts zu tollen Progabfahrten, die an die Größen wie YES oder GENESIS denken lassen. Auch der ein oder andere Ausbruch findet statt, doch haben diese eher etwas von PORCUPINE TREE, denn von derbem Metal.

Der sanftere Sound passt optimal zu den neuen Kompositionen, das macht schon der eigentliche Einstieg nach der Finte deutlich. Die Orgel weint unter einem geigenverhangenen Himmel, erstmals setzt Akerfeldt auf echte Streicher. Dann machen sich diese unglaublichen Gesangsharmonien breit, welche man so von KING CRIMSON, GENTLE GIANT oder PINK FLOYD in der "Meddle"-Phase kennt. Der Mainman hat sich gesanglich spürbar weiter entwickelt, vielleicht mit ein Grund, nicht mehr auf Growls zu setzen, weil er sich nun besser ausdrücken kann.
Die Zeiten der kauzigen, krautigen und allzu verdrehten Ausflüge sind erstmal vorbei, analog zum Klangbild wirken auch die Songs nachvollziehbarer, obwohl sie wieder länger ausfallen. Doch hier lassen OPETH den Melodiebögen einfach mehr Zeit, sich zu entfalten, die ziemlich drastischen Wechsel auf "Heritage" werden hier von einem angenehmen Schweben abgelöst. Martin Mendez unterstützt diese Atmosphäre mit seinem Bassspiel, das den oft düsteren Songs mehr Tiefe verleiht. Alles erscheint fließender, nicht mehr so verkopft, so dass sich der Hörer besser fallen lassen kann.

Keine Ahnung, ob Mikael Akerfeldt im Nachhinein mit seinem letzten Werk nicht vollends zufrieden war, weil er nun einen neuen Entwicklungsansatz wählte. Auf mich wirkte das alles zu gewollt, als ob er eine Veränderung erzwingen wollte. Nun geht die Reise ins Wunderland des Siebziger-Prog, hin zu konzertanten Arrangements, die mit einer Vielzahl an Details gespickt sind. Neben den erwähnten Gesängen wartet der Meister mit sehr glaubwürdigen Blueslicks auf. Akustische Weisen, fast hippesker Folk, Synthsoli oder auch orientalische Anklänge sind nur ein paar Ideen, die scheinbar aus der Formation heraus sprudeln. Das alles wird von der wunderschönen Melancholie zusammen gehalten, die sich über das gesamte Werk legt. Mit "Pale Communion" darf man endlich froh darüber sein, dass OPETH dem Todesblei abgeschworen haben, weil ihnen hier wieder wahrhaft Großes, lange nachwirkendes geglückt ist. (Pfälzer)

Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 55:56 min
Label: Roadrunner Records
Veröffentlichungstermin: 22.08.2014

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