Geäst - Schwarze Leiber

geaest SchwarzeLeiber160pxWenn man durch den Wald streift und von den vorgegebenen Wegen abweicht, trifft man gerne auf faulende Bäume und moderige Blätter. Dazwischen gibt es jedoch auch noch das Geäst des Baumes, welches erst sehr viel später verrottet. Die einst mächtige Krone eines Baumes liegt nach dessen Fall zerschmettert zwischen noch standhaften Bäumen.
Einfach nur ein Baum, das ist den Mannheimer Jungs von GEÄST zu profan. Es ist die Krone des Baumes, die dem ganzen Charakter verleiht.

2010 als Soloprojekt von Sänger Volker gestartet, hat sich das Projekt zu einer recht ansehnlichen Band gemausert. Die letzte Veröffentlichung "Wanderer" war sehr hochwertig produziert und gestaltet. Das neue Album "Schwarze Leiber" kommt ebenso hochwertig gestaltet und zu meiner Freude als Vinyl-Promo daher. Ich konnte glücklicherweise schon vorab in Bandcamp in die Musik reinhören und war angenehm überrascht wie viel besser die Vinylausgabe klingt. Hier kann man die ganze Atmosphäre der Aufnahme nachempfinden. Ohne große Effekthascherei und Sampels geht es mit einem hart angeschlagenen Gitarrenintro los welches dann in ein Inferno mit Blastbeat und Geschraddel mündet. Sänger Volker keift einen Text von einem zerschundenen Leib. So sehr ich deutsche Texte auch ablehne, hier erzeugt es zusätzliche Atmosphäre und wirkt zu keiner Sekunde peinlich oder aufgesetzt. Man muss sich einfach mal trauen so etwas zu machen. Das Lied "Von Ästen Und Schnee" überrascht mit einer tollen Melodie inmitten des infernalischen Getrümmers. So macht Post-Black-Metal Spaß. Kaum haben sich die restlichen Klangfragmente auf eine Lichtung verzogen, geht es weiter mit einer roh eingefangen Solo-Schlagzeug-Passage. Auch "Nie Mehr Träumen" ist sehr atmosphärisch und warten mit wütenden Passagen auf, welche mit angenehmen Melodien aufgelockert sind. Mitten im Lied gibt Bassist Daniel ein Solo zum Besten und der Song geht plötzlich musikalisch in eine etwas andere Richtung. Letztendlich wird die schon hypnotische Melodie nocheinmal aufgegriffen und von einer Orgel unterstützt. Schräg aber schön! Stellenweise werde ich hier an die progressiven Experimente von der Band IHSAHN erinnert, manchmal auch an ARCTURUS.
Das Album "Schwarze Leiber" entfacht in mir große Lust die von mir vergessene Musikrichtung einmal neu zu erforschen. In "In Einsamkeit" geht es dann auch textlich endlich mal um die schwarzen Leiber. Die Gitarren sind hier stellenweise nur dezent angezerrt und entwickeln zusammen mit Bass, Orgel und Schlagzeug eine ungeheure Wucht. Das gefällt mir richtig gut und das wäre dann auch meine Empfehlung auf dieser EP, die gerade mal 28 Minuten dauert. In den Text kann man gerne selbst noch ein bisschen was hinein Interpretiren, jedoch ist die Richtung klar vorgegeben: "Kein Entrinnen - farbloser Himmel - Nie mehr lastet Schuld - in Einsamkeit." Ein verstörender Sample beendet dann diesen großartigen Song. Das letzte Lied "Wo Es Dunkel Ist" startet sehr stark und episch, enttäuscht jedoch dann etwas mit dem, wie ich finde, unpassenden tenorartige Klargesang, der wie gewollt und nicht gekonnt klingt. Gruselig ist das schon und soll dem Lied eine gewisse Anmutung verleihen, jedoch gelingt das nur vereinzelt. Am Ende wird gekeift und gegrowled und die doomige Note rettet den Song dann doch noch. Das Album schließt mit dem gleichen akustischen Gitarrenspiel welches auch die Einleitung gebildet hat.
Die Dunkelheit legt sich langsam über die modernde Lichtung und die letzten Sonnenstrahlen verschwinden zwischen den Ästen der abgestorbenen Bäume. Der zerfetzte Leib versinkt langsam im weichen Waldboden.
Schön, so ein Thema. Ich gehe ja gerne in den Wald und das soll zukünftig mein Soundtrack dazu sein. Die morbide Stimmung findet man leider nur sehr tief im Wald, wo dieser vor groben Eingriffen geschützt ist und sich selbst überlassen wurde. Die Veröffentlichung war zwar schon im Sommer, jedoch taugt das Thema eher für die dunkle Jahreszeit.
Ich kann diese EP allen ans Herz legen, die gerne musikalische Experimente in den Grenzen des Black Metal zulassen. Wer anspruchsvolle lyrische deutsche Texte bevorzugt, ist hier sehr gut aufgehoben. Ich kann die nächsten musikalischen Schritte kaum abwarten. (Andreas)

www.geaest.de

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 4
Spielzeit: 27:14 min
Label: Eigenproduktion
Veröffentlichungstermin: 01.07.2014

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