kamelot havenDer Schock saß tief, als Roy S. Khan seinen Posten als Sänger der Powermetaller zur Verfügung stellte. Nach dem beinahe Aus 1997 war es der frühere CONCEPTION-Fronter, der über Jahre das Bild der Band prägen sollte. Zuerst stand die Zukunft von KAMELOT in den Sternen, Fabio Lione von RHAPSODY half auf Tour aus, doch mit dem Schweden Tommy Karevik fand man letztendlich einen starken Ersatz. Dass er auch aus Europa stammt, störte die US-Amerikaner schon bei seinem norwegischen Vorgänger nicht, da man ohnehin immer in Deutschland aufnimmt. Mit "Silverthorn" feierte Karevik vor drei Jahren einen guten Einstand und konnte die Redaktion auf dem letztjährigen SwedenRock auch live überzeugen. Kann da die neue Scheibe "Haven" noch einen drauf setzen?

Beim Blick auf die Spielzeiten stellt man erst einmal fest, dass diese im Schnitt kürzer ausfallen als auf dem letzten Longplayer. Da gab es einige ausufernde Momente und längere orchestrale Parts, hier schient es die Truppe etwas kompakter angehen zu wollen. Fans müssen allerdings keine Angst haben, die orchestralen Momente, welche Oliver Palotai aus seinen Tasten zaubert, sind neben der Gitarre von Mastermind Thomas Youngblood immer noch tonangebend.
Schon beim ruhigen Einstieg begleiten sie Kareviks Gesang, bevor dann der Chef selbst mit Leads auf sich aufmerksam macht. Schon bei "Fallen Star" macht sich unter dem wuchtigen Gewand ein moderner Touch bemerkbar, der sich auch mal in ein paar elektronischen Spielereien äußert. Nachdem "Silverthorn" klanglich eher konventionell gehalten war, so wurden hier vor allem die sechs Saiten tiefer gestimmt. Damit rückt man näher an dessen Vorgänger "Poetry For The Poisoned", weiß aber vom Songwriting mehr zu überzeugen.

Der Eindruck verstärkt sich im folgenden "Insomnia" noch mehr, bei dem die Gitarre in tiefen Tönen quietschen darf und Staccatos die Szenerie bestimmen. Diese Staccatos gibt es auch bei "My Therapy", wenn auch in melodischerem Kontext, die Leads und das dominante Piano führen dann wieder auf  bekannte Pfade zurück. Richtig düster wird es beim schleppenden "Citizen Zero", welches neue Klangfarben ins Spiel bringt, aber frühen Fans durchaus missfallen könnte. Die Chöre kommen zudem in die Nähe von einigen bekannten Symphonic Metalacts, die zuletzt auch schwermütigere Töne anschlugen.

Eine davon ist DELAIN, deren Sängerin Charlotte Wessels sich mit Karevik in der schönen Ballade "Under Grey Skies" ein tolles Duett liefert. Melodien stapelweise gibt es ebenso in "Veil Of Elysium", das mit DoubleBass-Einsatz auch auf Klassikern wie "Karma" hätte stehen können, gleichfalls das wuchtige "End Of Innocence". Im Chorus verarbeiten KAMELOT sogar AOR-Anleihen, was die Nummer sehr griffig macht.
Herzstück der Scheibe ist dann "Liar, Liar (Wasteland Monarchy)", der längste Track von "Haven", in dessen knapp sechs Minuten einiges passiert. Zu Beginn recht aggressiv unterwegs übernehmen die Streicherflächen die fordernde Stimmung. Wer vom Songnamen her auf eine deutsche Band mit einem ähnlichen Titel schließt liegt vom Tempo gar nicht mal verkehrt. Den Unterschied machen allerdings die Grunts aus, welche Alisse White-Gluzz beisteuert, die diesen Part auch live übernimmt und bei "Revolution" ebenso zum Einsatz kommt.

Die Formation versucht mit der Scheibe ihr ganzes Spektrum abzustecken, was gelingt und über weite Strecken starke Momente liefert. Nur beim Spiel mit der Dynamik gerät sie ab und an ins Schlingern, ruhige Parts fallen öfter zu sehr in eine Stille, in der nichts passiert. Das wirkt manchmal nicht ganz auskomponiert, weil der Spannungsaufbau fehlt. Dennoch überzeugt auch der zweite Dreher mit Karevik mehr als die beiden Longplayer nach "The Black Halo". Trotz leichter Kurskorrekturen können Fans nichts falsch machen, weil sie genug auf ihre Kosten kommen. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 54:25 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 08.05.2015

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