rogerwaters amusedtodeathObwohl "The Pro´s And Cons Of HicthHiking" bereits im Jahr seiner PINK FLOYD-Demission erschien, war das Solooutput des Bassisten und Sängers nicht wirklich umfangreich. Lässt man die Soundtracks von Music From The Body" und "When The Wind Blows" ebenso außen vor, wie seine Oper "Ca Ira" so erschienen lediglich drei reine Studiowerke von ROGER WATERS. Nach längerer Tour mit dem "The Wall"-Material soll er angeblich an neuen Songs arbeiten, das erste Mal seit 1992. "Amused To Death", sein letzter Longplayer liegt nun auch schon 23 Jahre zurück und wurde jetzt wieder neu aufgelegt. Die neu von den Originalbändern remasterte Version erscheint als Blu-ray Audio mit 5.1 Mix, als normale CD, als hochauflösender Download und als Doppelvinyl, sowohl als normale als auch als Picture LP. Uns liegt die klassische Schwarze im neuen 200g Standard vor, die für Audiophile die beste Wahl sein dürfe.

Doch egal wie alt die Scheibe schon ist, wenn man das Gatefold aufklappt und den Lyrics folgt, wird man feststellen, dass die Themen brandaktuell sind. Erst wenn die Themen veraltet sind, wird die Welt ein besserer Ort sein, die andere Alternative lässt das Abspielen dieses Werkes wohl nicht mehr zu. In seiner typischen Art prangert Waters der Macht der Medien und Krieg an, inspiriert wurde er dazu von der Novelle "Amusing Ourselves To Death" von Neil Postman. Das ursprüngliche Artwork wurde von Sean Evans, dem Art Director seine letzten Tour, überarbeitet, anstatt des Affen sitzt nun ein kleines Kind vor dem riesigen Bildschirm und ist der Informationsflut ausgeliefert.

"The Ballad Of Bill Hubbard" handelt von einem Kriegsveteranen, der seinen verletzten Kameraden im Stich lassen muss, in "The Perfect Sense" und "The Bravery Being Out Of Range" geht es um den ersten Irak-Krieg und in "Late Home Tonight" um die Bombardierung Lybiens. Alleine die eher sanften Songtitel zeigen den ganzen Zynismus, der in dem Werk des Manes innewohnt. Ein Zynismus, der in "Watching TV" auf die Spitze getrieben wird, wenn die Berichterstattung der Medien über den blutig niedergeschlagenen Aufstand in China angeprangert wird. Neben der Zerstörung der Umwelt aus Profitgier, einem Thema, zu dem NEIL YOUNG jüngst sogar Namen nannte, kommt ein weiterer von vielen Rockkollegen damals besungener Missstand in "What God Wants" auf den Tisch. Die amerikanischen TV-Prediger wurden zu Beginn der Neunziger von Bands wie IRON MAIDEN oder BLACK SABBATH ebenfalls attackiert.

Wer das Werk seiner alten Formation genau kennt, der weiß, wie sich die Truppe auf den letzten Alben unter seiner Ägide gewandelt hat, und welche Richtung es ab Mitte der Achtziger annahm. Stilistisch und auch inhaltlich ist "Amused To Death" die logische Weiterentwicklung von "The Final Cut". Jener Inhalt stand bei Waters immer deutlich im Mittelpunkt, das Anprangern, die Botschaft war oft wichtiger wie das Vehikel der Tonkunst. So vermisst man auch hier die Musikalität von Gilmour und Wright, ihre einhüllenden Flächen und ihre betörenden Melodien. Ohne ihre Zugabe gelingen dem Mann immer noch starke Kompositionen, welche das Lyrische und Theatralische beherbergen, das PINK FLOYD seitdem fehlt. Es zeigt auch, wie überragend die Art Rock-Väter waren, wenn die Einzelteile der Summe immer noch in der Lage sind, Großes zu schaffen.

Beim sphärischen Einstieg mit "The Ballad Of Bill Hubbard" weht sogar noch einmal der alte Geist der Siebziger vorbei, kein Geringerer als Jeff Beck brilliert mit feinfühligen Leads. Bei der instrumental gehaltenen Nummer laufen die ganze Zeit gesprochene Sequenzen des Soldaten Alfred Razzell, die das Elend des Krieges schildern. Rockig stampft dann der erste Part von "What God Wants, Part I" daher, mit seiner kraftvollen Slides, den dröhnenden Synthesizern und den wuchtigen weiblichen Chören erinnert das Stück an "Not Now John". Interessant wie es gelingt im zweiten Teil der Melodieführung nahe zu kommen, und trotzdem eine viel lockere, nun trügerische Atmosphäre zu zaubern. Die fast ausschließlich sehr ätherischen und getragenen Kompositionen beziehen ihre Dynamik oft von den tollen Gesangsarrangements.
Gerade wenn Waters seine Stimme wie in "The Bravery Of Being Out Of Range" oder "Too Much Rope" erhebt, kann er damit die Intensität ungeheuer erhöhen. Im erstgenannten Song steuert TOTO-Mitbegründer David Paich ein paar wuchtige Hammondflächen bei. Mit seinen vielen Backgroundsängerinnen verleiht ROGER WATERS den beiden Teilen von "A Perfect Sense" fast schon eine gospelmäßige Atmosphäre. Wunderbare Duette liefert er sich mit EAGLES-Mann Don Henley in der Akustiknummer "Watching TV", einer der beschwingten Momente des Werkes und Rita Coolidge. Die sanfte Stimme der Countrysängerin dürfte am ehesten vom James Bond-Titellied "All Time High" (Octopussy) bekannt sein, hier ergänzt sie sich mit dem PINK FLOYD-Musiker punktgenau.

Es sind nicht die Songs an sich, welche "Amused To Death" so eindrucksvoll geraten lassen, sondern die Art wie es in bekannten Studios wie Abbey Road oder Compass Point eingespielt wurde. Neben den bereits erwähnten Größen gesellten sich noch viel andere Weltklassemusiker dazu wie etwa der Jazzpercussionist Luis Conte oder der Produzent und zeitweilige JOURNEY-Bassist Randy Jackson. Mit Rhythmusgitarrist Andy Fairweather Low und Schlagzeuger Graham Broad sind auch zwei langjährige Weggefährten an Bord. Bei bekannten Studiomusikern dürfen die Herren von TOTO nicht fehlen, neben Paich war auch Steve Lukather mit ein paar Gitarrentönen beteiligt, und der kurz darauf verstorbene Jeff Porcaro trommelte beim bitterbösen "It´s A Miracle". Ferner war es der ebenfalls viel zu früh verschiedene Michael Kamen, der wie auf "The Wall" und "The Final Cut" für das Orchester in Liedern wie dem zweiteiligen "Late Home Tonight" zuständig war.

Dieses riesige Aufgebot an brillanten Mitstreitern wurde von Patrick Leonard, der auch viele Synthesizer selbst bediente, absolut grandios eingefangen. Ihm gelang es das Beste aus allen heraus zu holen, alles kommt so unfassbar auf den Punkt, dass der Hörer auf jedem einzelnen Ton davon schweben möchte. Dabei sind es oft nur wenige Töne, ein paar Licks, doch die lassen einfach nach mehr verlangen, was eine süchtig machende Spannung aufbaut. Ein phänomenal agierender Jeff Beck ist beim Großteil des Materials beteiligt, hat aber im eher rockigen "Three Wishes" sein einziges Solo. Waters und Leonard tun gut daran die Arrangements nie zu überfrachten, so kommt jeder einzelne Ton ideal zur Geltung, hier klingt jeder noch so kurze Moment durchdacht.
Ich benutze ja öfter die Floskel, dass jeder Ton genau dort sitzt, wo er hingehört, doch dieses Album hebt das noch einmal auf eine neue Stufe. Dazu wurde es vom PINK FLOYD-Intimus James Guthrie mit einer nie gehörten Perfektion abgemischt, was er beim Remaster mit der neuen Q Soundtechnik leistet, ist mit Ohren fast nicht zu glauben. Jeder einzelne Ton ist klar und mit einer räumlichen Weite erfassbar, dass sich bei jedem Hördurchgang neue Details erfasst. Wo Dynamik immer mehr aus der Musik verschwindet zeigt er, wie man es richtig macht. Irgendwo schweben im Titeltrack leise Synths durch den Raum, lullen den aufmerksamen Hörer ein, bevor nur wenige Akkorde aus Becks sechs Saiten den Raum fast zum Platzen bringen. Die 200 g Resonanzkörper vollenden dieses klanglich makellose Meisterwerk, trotz der Schwere des Materials ein Hörgenuss in einer neuen Dimension! (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 72:45 min
Label: Columbia/Sony
Veröffentlichungstermin: 24.07.2015

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