mikeoldfield thekillingfieldsDirekt nach der Tour zum 1983er „Crises"-Album begab sich der Soundtüftler erneut ins Studio, um ob des Erfolges nachzulegen. Nur mit seinem Drummer und Co-Produzenten Simon Phillips begab er sich ins schweizerische Villars-Sur-Ollon, um an „Discovery" zu arbeiten. Besuch bekam man zwischendurch vom Regisseur David Puttnam, der bei MIKE OLDFIELD anfragte, ob er nicht den Soundtrack zu seinem neuesten Film „The Killing Fields" komponieren könnte. Aus Sicht von Labelchef Richard Branson sicherlich ein interessantes Angebot, konnte sich sein Schützling doch so mit seinen instrumentalen Klanggemälden austoben und somit das reguläre Studiowerk mit Hitsingles vollpacken. Die Rechnung ging sicherlich auf, auf keinem Longplayer bis dahin waren so viele Popsongs vorhanden. Ein halbes Jahr später erschien dann auch der Soundtrack zu eben jenem Film, der auf einer wahren Begebenheit, die sich während des Terrorregimes der Roten Khmer in Kambodscha ereignet hatte. Nun wird die Scheibe wieder in remasterter Form neu aufgelegt und erscheint sowohl als CD als auch im von mir bevorzugten Vinyl.

Die Rechnung vom Virgin-Boss ging nur bedingt auf, oder besser nur auf seiner Seite. Denn so richtig konnte Oldfield seine Stärken nicht ausspielen, dazu musste er sich kompositorisch zu sehr an die Dramaturgie des Films halten und sich oft kürzer fassen, als ihm lieb war. Wo normalerweise endlos repetierende Themen mit den typisch mäandernden Arrangements den Ton angeben, gab es nur kurze Intermezzi, kaum ein Track dauert mehr als zwei Minuten. Das ist auch mit ein Grund dafür, dass ich mit solchen Score-Alben herzlich wenig anfangen kann, sie funktionieren ohne die Bilder nur teilweise, zumal ich den Film nicht kenne. Dazu werden viele große Melodien wie in „Pran Sees The Red Cross" nur kurz angedeutet, was nicht befriedigend für den Hörer ist.

Unterstützung hatte der Brite bei dem Unterfangen neben Phillips noch von weiteren Weggefährten, wobei von seiner Stammmannschaft nur Morris Pert ein paar Percussions zu „Étude" beisteuerte. Für die Orchesterparts konnte er den Arrangeur David Bedford verpflichten, den er schon seit den Zeiten bei der KEVIN AYERS BAND kennt. Dies war wohl Oldfields erste Wahl, arbeitete er doch bereits bei der „Boxed"-Bonusscheibe „Collaborations" und „The Orchestral Tubular Bells" mit ihm zusammen.
Als weiterer Dirigent konnte Eberhard Schoener verpflichtet werden, der vom Ansatz her Oldfield ähnlich ist. Er leitete das Orchester der Bayrischen Staatsoper und auch den Tölzer Knabenchor, der bei den Engelschören seine Szenen hat. Es musste doch eine Freude für den Herr der tausend Soundschichten gewesen sein, all diese übereinander zu türmen. Mit seinen Patchworkartigen Arrangements fügt er all die Teile besser zusammen, als jeder andere Künstler könnte.
Neben diesen klassischen Einflüssen wurde der Rest des Materials zumeist mit dem damals revolutionären CMI Fairlight Computer erschaffen, in jener Kreativphase Oldfields Lieblingsspielzeug. Seine Gitarrenkunst bleibt allerdings komplett außen vor, zumal sein typischer Sound klanglich nicht gepasst hätte. Dafür dürfen in „Captured" und The Killing Fields" die legendären Röhrenglocken wieder ran.

Hier stellt sich natürlich die Frage, ob dieses Album als ein MIKE OLDFIELD-Werk durchgeht, was nur bedingt bejaht werden kann. Große atmosphärische Klanggebäude wusste der Meister ja schon immer zu gestalten, diese hier fallen streckenweise noch gespenstischer aus als „Tubular Bells" oder „Ommadawn". Viele Stücke, wie die beiden Teile von „Year Zero", stellen lediglich kurze Geräuschkulissen dar, in denen es sich nur schwer versinken lässt.
Doch je länger die Kompositionen sich im Gehör breit machen dürfen, umso mehr erkennt man die Handschrift ihres Schöpfers. In „Execution" und „The Trek" kommen immer wieder sehr vertraute Rhythmen und Melodien vor, die klar zu identifizieren sind. Überraschenderweise ist es „Étude", ein Stück aus der Feder des spanischen Komponisten Francisco Tarrega, welches seinem bisherigen Schaffen am nächsten kommt. Doch an dieser Bearbeitung feilte Oldfield schon zu „Crises"-Zeiten, weswegen er sich den Song hier zu eigen macht.

Dem Briten gelang hier die Annäherung an ein anders Genre, mit dem er sicher den ein oder anderen Berührungspunkt hatte. Dank der konsequent durchdachten Ausführung ist diese einmalig gebliebene Auftragsarbeit eine Bereicherung in seinem Kosmos. Vor allem weil es gelang die bedrückende Stimmung des Filmes hier musikalisch einzufangen. Für Fans vielleicht leichtere Kost als so manches was sich der Mann in den Neunzigern erlaubte. Da alles soundtechnisch perfekt ausbalanciert wurde, dürfte die Scheibe vor allem die Klangfetischisten begeistern. Die kraftvolle Dynamik hat fast die Qualität von „The Orchestral Tubular Bells", das Spiel mit Laut und Leise wird wirkt grandios. Wer generell ein Faible für Soundtracks hat, sollte ohnehin zugreifen. (Pfälzer)

Bewertung:

Pfaelzer0,0 - / -

Anzahl der Songs: 17
Spielzeit: 48:03 min
Label: Virgin/Universal Music
Veröffentlichungstermin: 29.01.2016

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