fateswarning theoriesofflightNach längerer Durststrecke stehen die Prog Metal-Pioniere seit ein paar Jahren wieder voll im Saft. Nachdem man vor allem den alten Kontinent live vernachlässigt hat, tourt man auch dort wieder regelmäßig. Dazu erschien vor drei Jahren das langerwartete Studiowerk „Darkness In A Different Light“, welches an alte Glanzzeiten anknüpfen konnte. Zuletzt machten FATES WARNING ihren Fans ein ganz besonderes Geschenk, als sie auf dem Keep It True-Festival ihren Klassiker „Awaken The Guardian“ im damaligen Line-Up komplett auf die Bühne brachten. Doch für eine progressive Band geht es immer weiter und trotz der Versöhnung von Bandchef Jim Matheos mit seinen „Jugendsünden“ führt der Weg musikalisch nicht mehr dorthin zurück. Wohin es mit „Theories Of Flight“ geht, erfahrt ihr hier.

Ging es bei dem jüngsten Festivalauftritt überraschend ganz weit zurück in die Geschichte der Truppe, so verirrt der Beginn der Scheibe noch überraschender in der Frühphase des Genres. Dezente PINK FLOYD-Atmosphäre war ihr zwar noch nie fremd, doch über dem Einstieg von „From The Rooftops“ weht ein Hauch Blues. Weniger neu sind die Riffattacken, die nach kurzer Anlaufzeit einsetzen und mächtig nach vorne treiben, bis sich im Refrain tolle Harmonien aufbauen.
Überhaupt wird der Melodieanteil nochmal erhöht, in der Hinsicht kommt man fast an die etwas kommerzielleren Frühneunzigerscheiben heran. „Theories Of Flight“ knüpft dort an, wo der Vorgänger aufgehört hat, der ja gegen Ende auch ruhiger wurde. Einigen Fans stießen aber damals Songs wie „Firefly“ wegen ihrer Zugänglichkeit ein wenig auf,dDas schadet den Titeln aber keineswegs, weswegen man das unter Geschmackssache verbuchen kann.

Noch griffiger präsentiert sich dann das fast schon THRESHOLD-mäßig rockende, dezent groovende „Seven Stars“, bei dem schon die einführenden Leads melodisch ausfallen. Ein paar Bassläufe sind die einzigen Kontrapunkte in der ansonsten sehr harmonieseligen Nummer. Dass sie diese immer noch zu setzen wissen beweisen FATES WARNING anschließend in „SOS“, in dessen kurze Spielzeit sie unglaublich viele Ideen einbauen, ohne den Song aus den Augen zu verlieren.
Der Rhythmus setzt bei dem schweren Beginn erst später zu den Gitarren ein, beides schiebt druckvoll zum großen Chorus, der ihnen auf „Theories Of Flight“ öfter gelingt. Jener knallt im Anschluss auf jazzige Abfahrten und sphärische Parts im Stil von „A Pleasant Shade Of Grey“. Hier zeigt sich die Brillanz und das blinde Verständnis des Duos Matheos/Aresti, dessen Zukunft allerdings in den Sternen steht, live steht der zweite Axtmann derzeit nicht zur Verfügung.

Zu welcher Form die Formation aufläuft, wenn sie eine zweistellige Minutenzahl zur Verfügung haben, beweisen sie in den beiden Longtracks. „Light And Shades Of Things“ beginnt erneut schwerfällig, mit viel Atmosphäre und von einem Bassmotiv begleitet. Wenn die Dynamik ansteigt, gipfelt diese Schwermut in wuchtigen Riff, der Rhythmus weiß sie dennoch wunderbar nach vorne zu peitschen. Die großen Melodien entfalten durch dieses Spiel mit den Stimmungen erst ihre ganze Wirkung, die Bridge wird mit dem jeweils passenden Tempo interpretiert.

In „The Ghosts Of Home“ kehren verschiedene Themen ebenfalls wieder, was die Kompositionen schlüssiger macht. Akustische Gitarren geistern durch den Raum, bündeln sich zu einer flirrenden Atmosphäre, welche durch das einsetzende Wechselspiel aus Riffs und Leads übernommen wird. So nah wie im Hauptthema waren FATES WARNING noch nie an den Szenegiganten RUSH. Zwischen den beiden Mammutstücken sorgen das fast schon thrashige „White Flag“ und „Like Stars Our Eyes Have Seen“ für einen gesteigerten Härtegrad. Am Ende sorgt das mit gesprochenen Passagen verzierte titelgebende Instrumental für einen schönen Ausklang.

Der Fünfer hat auf dem mittlerweile zwölften Longplayer noch mehr zueinander gefunden, die Songstrukturen sind harmonischer arrangiert. Wo auf „Darkness In A Different Light“ die ruhigen Titel noch alleine standen, werden diese Parts nun komplett integriert, auch die gesamte Melodieführung wirkt flüssiger. Die Staccatos sind zwar immer noch ein wichtiger Bestandteil im Kosmos der Band, doch hier kommen sie nicht mehr so kalt und präzise rüber, die Produktion klingt organischer. Auch beim Gesang ist diese Theatralik etwas gewichen, es macht sich eine gewisse Wärme breit. Im selben Maß sind die Soli sind offener, spontaner gehalten, lassen rockige Töne zu.

Nun geben diese Veränderungen manchem Prog Metaller nicht unberechtigten Anlass zur Sorge. Immerhin waren es genau die Attribute, mit denen die langjährigen Weggefährten QUEENSRYCHE einst ihre „Trilogie Des Schreckens“ bewarben. Doch zum Glück hat man immer noch genug Wiedererkennungswert, so dass „Theories Of Flight“ eindeutig als FATES WARNING zu identifizieren ist.
Gerade durch das Besinnen auf die eigenen Stärken gelingen den Herren abermals starke Songs, was bei den Kollegen aus Seattle auf jenen Alben völlig verloren ging. Genau so funktioniert sinnvolle Weiterentwicklung, wenn man inspiriert ist und nicht unbedingt etwas erzwingen will. Ein weiters großes Werk, mit dem die Band ihre Spitzenposition behaupten wird. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 52:37 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 01.07.2016

 

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