Tarja - The Shadow Self

taja theshadowselfAuch wenn „The Brightest Void“, das so genannte Prequel Album zur neuen vollwertigen Veröffentlichung von Tarja Turunen, nicht gerade das Gelbe vom Ei gewesen ist, ist es aus Promotions- und Marketingaspekten gesehen interessant in Bälde zu erfahren, wie sich „The Shadow Self“ nun schlagen wird. Schließlich konnte TARJA mit Hilfe von „The Brightest Void“ bereits seit einigen Monaten Werbung in eigener Sache betreiben und zumindest einige der Songs ließen darauf hoffen, dass das vierte rockige TARJA Studioalbum nach „My Winter Storm“, „What Lies Beneath“ und „Colours In The Dark“ einen drauf setzen wird.

Rein optisch erkennt man „The Shadow Self“ als große Schwester zu „The Brightest Void“ sofort, nicht nur das schwarz-weiß Thema des Coverartworks wurde beibehalten, auch die Sache mit weißer Schrift auf weißem Hintergrund und schwarzer Schrift auf schwarzem Hintergrund findet sich hier erneut und ich frage mich wirklich, wer sich diesen „Scheiß“, man verzeihe die Wortwahl, ausgedacht hat.

Was aber natürlich wirklich zählt ist die Musik auf diesem Album und da kann ich inzwischen beruhigt feststellen, dass sie nicht nur mir persönlich deutlich besser gefällt als ich das noch vor acht Wochen erwartet hatte, sondern objektiv auch über weite Strecken als mehr als akzeptabel durchgeht. Die beiden Highlights des Vorabalbums finden sich erneut wieder und „No Bitter End“ und insbesondere „Eagle Eye“ geben auch hier ein gutes Bild ab, fallen aber nicht ganz so stark aus dem Rahmen, weil es noch einige weitere Stücke gibt, welche überzeugen können; dazu später mehr.

„The Shadow Self“ knüpft stilistisch auf jeden Fall nahtlos an „Colours In The Dark“ an, TARJA versucht sich hier erneut als Ernst zu nehmende Künstlerin zu präsentieren und bietet dem Hörer weder 08/15 Pop/Rock noch eine Kopie von NIGHTWISH. „The Shadow Self“ ist eines dieser Alben, die nicht beim ersten Hören komplett zünden, es fordert einen heraus und das finde ich ausgesprochen gut.
Ebenfalls gelungen ist die Produktion des Albums, was heutzutage keine Selbstverständlichkeit ist, TARJA schafft auf „The Shadow Self“ den Spagat zwischen einer modernen und professionellen Produktion auf der einen Seite, die auf der anderen Seite aber nicht zu gekünstelt oder zu clean wirkt, so kommen auch die Ecken und Kanten zum Tragen. Am ehesten geschieht dies beim Duett „Demons In You“ mit Alissa White-Gluz, die in Sachen Gastbeiträge zunehmend zum weiblichen Pendant zu Michael Kiske mutiert.

Wie bereits angekündigt finden sich auf dem aktuellen TARJA Album auch noch weitere Perlen, namentlich sind diese die angenehm unaufdringliche Ballade „The Living End“ sowie das opulente „Undertaker“. Als etwas zwiespältig entpuppt sich der Opener „Innocence“, der zwar wunderschöne Pianomelodien und eine wie entfesselt agierende TARJA aufbietet, wegen der rigorosen Tempowechsel aber etwas unrund wirkt.

Ebenfalls diskutabel ist „Supremacy“, eine Nummer, die eigentlich ganz gut zu Tarja Turunen‘s Stimme und ihrem symphonischen Rock passt, aber das Stück ist einfach noch zu prägend in den Ohren als Albumopener des 2012er MUSE Albums „The 2nd Law“ und wenn man das britische Trio covert, kann man eigentlich nur verlieren. Davon abgesehen hätte ich, wenn denn schon MUSE, lieber eine TARJA Variante des opulenten „Knights Of Cydonia“ gehört.
Aber egal, das sind eher Randnotizen, auf der Negativseite haben wir leider noch den Abgang des Albums zu notieren, „Calling From The Wild“, das wieder recht heavy ausfällt, gehört definitiv zu einer der schlechteren TARJA Nummern und auch das etwa 8-minütige „Too Many“ ganz am Ende ist nicht mehr als ein netter Albumabschluss mit Stärken und Schwächen, dem Song fehlt einfach das gewisse etwas; „Medusa“ war auf dem Vorgänger auch dank der gesanglichen Unterstützung des großartigen Justin Furstenfeld (BLUE OCTOBER) ein ganz anderes Kaliber.

Für den Hiddentrack mit dem vermuteten Titel „Hate Song“ müsste ich übrigens meiner Bewertung einfach bereits aus Prinzip mindestens einen Punkt abziehen, denn dieser furchtbare Mix aus Thrash Metal und Dancefloor Pop geht gar nicht, soll vermutlich auch mehr ein Scherz sein, trotzdem werde ich nie verstehen, wie ein Künstler sein Werk mit so einem Mist selber in den Dreck zieht. Ein Album ist schließlich ein in sich geschlossenes Werk, ein Maler bewirft sein Gemälde ganz am Ende ja auch nicht mit Dreck, sofern es nicht unbedingt zum künsterlischen Aspekt gehört.

Man merkt, „The Shadow Self“ ist auf der einen Seite nicht das perfekte Album geworden, was auch nicht zu erwarten war, vor allem deshalb, weil TARJA und ihr Team nicht die Songwriting-Qualitäten eines Tuomas Holopainen mitbringen, manche Idee bleibt einfach Stückwerk und wirkt in ihrer jeweiligen Umsetzung zuweilen nicht konsequent durchdacht. Auf der anderen Seite ist „The Shadow Self“ erfreulicherweise ein Werk, über das man reden und diskutieren kann, ein Werk einer Künstlerin, die ihren eigenen Weg geht anstatt sich um des Erfolges willen wie eine Marionette fremdbestimmen zu lassen. Und als Sängerin gehört TARJA natürlich nach wie vor zur Elite der Elite der internationalen Rock & Metal Szenerie. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20167,5 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 55:00 min
Label: ear Music
Veröffentlichungstermin: 05.08.2016

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