Child - Blueside

Child Blueside

Bei der unglaublichen Anzahl an Veröffentlichungen jeden Monat fallen viel zu viele Bands durchs Raster. Ähnlich wäre es fast den Australiern CHILD mit ihrem neuen Album „Blueside“ ergangen. Und das wäre wirklich sehr schade gewesen, denn die Band und ihr Stil sind außergewöhnlich.

Eben jene Außergewöhnlichkeit ist heute schwer zu finden, denn wollen wir ehrlich sein, musikalisch erfinden Bands nur noch wenig neu. Bei CHILD ist das etwas anders, denn die drei Herren aus Down-Under entführen den Zuhörer tatsächlich in neue musikalische Gefilde. Sie selbst schreiben sich zwar nicht „Doom-Blues“ auf die Flaggen, aber die geniale Mischung aus Blues, Doom, Psychedelic Rock, Heavy und Sludge lässt sich für mich am einfachsten darunter zusammenfassen. In der Pressemitteilung ist auch von „Swamp-Blues“ die Rede, auch eine gute Bezeichnung. Jedenfalls hat mich in den letzten Jahren kaum eine Band musikalisch derart in ihren Bann gezogen.

Sobald die Nadel des Plattenspielers die Oberfläche der Platte berührt und das kultige „Nailed To The Ceiling“ beginnt, ist man vollends im Kosmos von CHILD gefangen. Die Anziehungskraft des sehr gelungenen Cover-Artworks lässt sich vollends auf die Musik übertragen. Keiner der fünf Songs kommt unter die Fünf-Minuten-Grenze und dennoch erscheinen die einzelnen Songs nicht übermäßig lang. Der eingangs erwähnte Opener zählt mit sechs Minuten noch zu den kürzeren Stücken, das Abschlussstück „The Man“ schlägt mit über elf Minuten zu Buche. Doch eben das macht diese Platte aus, man spürt deutlich, dass Matthias Norway, Danny Smith und Michael Lowe voll in ihrem Element sind. So lässt sich die Band mit vielen Passagen Zeit, verliert sich dabei aber nicht in wilden jazzartigen Jam-Sessions, die auf Dauer anstrengend werden. Die Musik der Band schafft viel mehr eine ganz eigene Atmosphäre, die es zulässt, alles um sich herum zu vergessen. So wechselt man in der Tat zur blauen Seite „Blueside“.

Dabei besticht jeder Song von unglaublicher Dichte und viel Abwechslungsreichtum. „It’s Cruel To Be Kind“ ist sehr doomig und düster und die blues-artigen Licks, die Matthias Northway darüber legt, klingen wie eine Art Gegenpol - ein großartiger Stil. „Blue Side Of The Collar“ kommt deutlich freundlicher daher und besticht durch ein tolles Gitarrensolo gegen Ende des Songs. Der zum Solo treibende Rhythmusteil ist wirklich ansteckend und lässt sogar beide Beine mitwippen. Das mag zwar merkwürdig aussehen, aber wenn man sich völlig auf der „Blueside“ befindet, kann man sich nicht dagegen zur Wehr setzen. „Dirty Woman“ wird durch den Bass von Danny Smith gut vorangetrieben und bietet sehr viel Blues-Rock. Die Stimme von Matthias Norway kommt hier besonders gut zur Geltung. Den Abschluss bestreiten CHILD mit dem großartigen Opus „The Man“. Damit entlässt die Band den Zuhörer aus einem fast vierzigminütigen musikalischen Sturm, der noch lange in Erinnerung bleibt.

Nicht nur musikalisch überzeugt die Band auf ganzer Linie, der Gitarrensound ist wirklich wahnsinnig gut, und auch das hochwertige Blue-Vinyl passt perfekt zum Album. Das geniale Artwork sieht auf dem Gatefold-Cover noch besser aus, und man hat hier wirklich noch den oft genannten Effekt von Vinyl-Liebhabern beim Auflegen der Platte. Es gleicht einer richtigen Zeremonie, einer Zeremonie, die einen in eine andere Welt eintauchen lässt.

CHILD haben mit „Blueside“ eines der besten Alben des Jahres vorgelegt. Was diese Band mit fünf Songs erzählt, schaffen manch andere nicht mit zehn. (Pascal)


Bewertung:

Pascal9,0 9 / 10


Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 39:27 min
Label: Kozmik Artifactz
Veröffentlichungstermin: 02.12.2016

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