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iq scrapeacrosstheskyMan könnte sie die Band der Rückkehrer nennen, denn bis auf Gitarrist Mike Holmes war jedes Mitglied schon einmal draußen. Zuerst ging der theatralische Frontmann Peter Nicholls in der Major-Pop-Phase Ende der Achtziger von Bord und wurde auf zwei Alben von Paul Menel ersetzt. Nachdem er wieder zurück kehrte wurde Tim Esau von John Jowitt am Bass abgelöst. Der Tausendsassa hielt sich zwanzig Jahre in der Band, bevor er seinen vielen Nebenbeschäftigungen Tribut zollte und sein Vorgänger reaktiviert wurde. In der schwierigen Phase nach „Dark Matter“ verlißen Drummer Paul Cook und Keyboarder Martin Orford von Bord. Während der erste nur kurz weg war, hat sich der Tastenmann komplett aus dem Musikbusiness zurück gezogen, nicht ohne uns mit „The Old Road“ ein geniales Abschiedswerk zu hinterlassen. Fast wieder im ursprünglichen Line-Up veröffentlichten IQ 2014 „The Road Of Bones“, um anschließend damit zu touren. Ein Mitschnitt eines Konzertes ist nun unter „Scrape Across The Sky“ erschienen.

Aufgezeichnet wurde ein komplettes Konzert am 6. Dezember jenen Jahres, welches nun als erste Blu-Ray der Truppe erhältlich ist. Als Location wählte man mit dem Boerderoij im niederländischen Zoetermeer eines der Epizentren der Progszene, wo schon viele Bands ihre Konzerte filmten. Uns liegt leider nur die CD-Version vor, weswegen ich über die visuelle Umsetzung keine Aussagen machen kann. Nur so viel, dass die Audiospuren mit großer Sorgfalt übertragen wurden, der Sound fängt die Liveatmosphäre gut ein, ist aber sehr fein abgemischt. Wenn sich die Verantwortlichen beim Bild ähnliche Mühe gegeben haben, dann ist großes zu erwarten.

Mühe gaben sich auch die Musiker auf der Bühne, die einen sehr dichten Klangteppich weben, bei dem jeder wohldosiert sein Instrument einsetzt und genau auf den Punkt kommt. Dabei hält sich das einzige ewige Mitglied mit seinen sechs Saiten merklich zurück, Holmes beschränkt sich auf sphärische Riffs und die genretypischen langen Soli. Doch auch hier steht Neil Durant an seinen Keyboards öfter im Vordergrund und übernimmt das ein oder andere sehr starke Solo, beispielsweise in „Without Walls“.
Ansonsten sind es seine flächigen Sounds, welche die Songs prägen, bei denen er zwischen verschieden Tasteninstrumenten wie Mellotron, Synthesizer oder der Orgel wie in „From The Outside In“ wechselt. Nur selten gehen IQ zu einer Fanfare wie in „Ocean“ über. Im Rhythmusbereich macht sich vor allem der Mann am Langholz bemerkbar, der nicht nur für die nötige Tiefe sorgt, sondern auch ab und zu Führungsaufgaben übernimmt.

Im Gegensatz zu MARILLION haben die Fünf nie die Grenzen des Neo-Prog verlassen, wodurch das gesamte Konzert stilistisch sehr eng wirkt. Man kann ihnen mangelnde Innovation vorwerfen, doch im Errichten konzertanter Klangkathedralen macht ihnen kaum einer etwas vor. So unterscheiden sich auch die älteren Titel nur unwesentlich von den aktuellen, wobei „The Road Of Bones“ komplett über das Set verteilt wird und es sogar noch einen Track der Bonus-CD gibt. Dass den alle Anwesenden kennen, spricht für die Treue der Anhänger, die vielleicht etwas besser hätten eingefangen werden können.

Neben Stücken vom letzten Album gibt es noch vom Vorgänger „Frequency“ und „The Seventh House“ jeweils den Titelsong. Dass man aus der Major-Phase keinen Beitrag erwarten konnte, war klar, doch warum man die beiden stärksten Werke „Subterranea“ und „Dark Matter“ vollständig vernachlässigt, verstehe ich weniger. Dafür gibt es bei den ganzen Longtracks noch ein paar Epen aus den ersten beiden Alben, schon nach dem klassisch angehauchten Intro erklingt „Awake And Nervous“ vom Debüt in einer ausgiebig improvisierten Version.

Auch ohne die ganz großen Hits bietet „Scrape Across The Sky“ wundervolles Kopfkino in dem man sich so richtig treiben lassen kann. Die vereinzelten Querverweise an den klassischen Siebziger-Prog unterstützen diesen Eskapismus zusätzlich. Das funktioniert auf Audiokonserve ebenfalls sehr gut, wobei man die untermalende Show selbst dazu denken muss. Der Humor kommt in der Version zu kurz, wobei man schon ein paar Sachen heraus hört. Alleine wie man den Achtziger-Pop-Megahit „Relax“ in das basslastige „Ten Million Demons“ einbaut ist schonrichtig cool. Für Autofahrten in der Nacht auf jeden Fall geeignet. (Rainer)



Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 92:17 min
Label: Giant Electric Pea
Veröffentlichungstermin: 20.01.2017

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