lynyrdskynyrd sweethomelabamaEs bedarf eigentlich keines weiteren Beweises, welch großartige Liveband die neben den ALLMAN BROTHERS wichtigste Southern Rockband sind. Davon konnten sich erst im Frühjahr auf dem ausverkauften Deutschlandkonzert in Ludwigsburg mehr als 5000 Menschen überzeugen. Bei so einer Legende wie LYNYRD SKYNYRD schlummert natürlich noch viel brauchbares Material in den Archiven, welche nun wieder geöffnet wurden. Mit „Sweet Home Alabama" geht es zurück in die Zeit als der Neustart so richtig Fahrt aufnahm. Rickey Medlocke und Hughie Thomasson waren gerade als Gitarristen eingestiegen und die Veröffentlichung ihres stärksten Spätwerks „Twenty" stand bevor. Bei einem Abstecher in unsere breiten traten sie im Rahmen des „Rockpalast" auf der ebenso legendären Freilichtbühne auf der Loreley auf, dieser Gig ist nun als DVD erschienen.

Die gute Stimmung in der Band zu jener Zeit übertrug sich auf die Bühne, die Truppe präsentiert sich auf dem Mitschnitt in blendender Spiellaune. Daran haben die beiden damaligen Neuzugänge maßgeblichen Anteil, vor allem der frühere BLACKFOOT-Fronter ist viel unterwegs und mimt in seiner Armeejacke den stolzen Schwarzfußhäuptling. Thomasson, früher bei den OUTLAWS aktiv, gibt den beseelten Blueser, welcher die ruhigeren Solospots absolviert. Beide harmonieren sehr gut mit Urgestein Gary Rossington, der wie immer leicht bärbeißig unter seiner Hutkrempe hervor linst.
Auf die bewährte, massive Gitarrenreihe müssen die Zuschauer aber bis zu den letzten Songs warten, dann wird das Bühnenmarkenzeichen exzessiv zelebriert. Da darf auch der gewohnt schräge Basser Leon Wilkeson nicht fehlen, der bei jedem Titel eine neue Kopfbedeckung hervor zaubert. Neben der soliden Rhythmusarbeit liefert er viele Backgroundgesänge. Und wenn sie dann da vorne aufgereiht steht, macht sich die Axtfront die Begebenheiten der Loreley zu Nutze, immer wieder steigen die Vier die Stufen hinab und suchen den direkten Kontakt zum Publikum.

Den findet Johnny van Zandt auch aus der Entfernung, bei den Ausflügen begleitet er sine Mitstreiter nur selten. Es ist seine kumpelhafte, sympathische Art, mit der er die Show an sich reißt, es herrschen Begeisterung aber kein übertriebenes Gepose, sogar die beiden Damen im Background gehen richtig mit. Lässig schlendert der Mann über die Bühne schleppt dabei seinen Mikroständer immer hinter sich her. Oft hat er nur diesen in der Hand, bewältigt seinen Gesang ohne sein Mikro festzuhalten. Mit dieser Technik gibt es auch nach seinem Unfall Hoffnung für den Wendler seine Karriere fortzusetzen. Im Gegensatz zu dem übt sich der Frontmann hier ebenso wie seine Gefolgsleute in Understatement, ja der "Simple Man" lebt in jedem von ihnen.

Neben diesem unsterblichen Klassiker finden sich natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Lieder aus den ersten beiden Alben in der Setlist. Ein wenig schwelgen LYNYRD SKYNYRD hier zu sehr in der Vergangenheit, geändert hat sich bis heute nichts daran, nur Stücke aus "Street Survivors" tauchen noch öfter auf. Einzige Überraschung ist "Down South Jukin´", das seinerzeit auf "Gold & Platinum" veröffentlicht wurde, hier hätte man sich vielleicht noch "Travellin´ Man" gewünscht, welches schon auf "One More From The Road" zu hören war und auf "Twenty" auch als Studioversion veröffentlicht wurde.
Von der Aufnahmequalität gibt es wenig zu bemängeln, allerdings wirkt die DVD druckvoller als die beigefügte Doppel-CD mit gleichem Inhalt. Dies könnte aber einfach an der visuellen Unterstützung durch die mitlaufenden Bildern liegen. Gut eingefangen wurde vor speziell das sehr präzise Spiel der Herren, das ein wenig kantiger rüber kommt als heute. Das Bild ist leider nicht so stark ausgefallen, irgendwie scheinen mir die damaligen begrenzten Mittel mit moderner Technik aufgemotzt worden zu sein, was ein wenig künstlich wirkt.

Nur das Publikum wollte besser eingefangen werden, doch könnte dies an ihm selbst liegen, denn sonderlich toll war die Stimmung nicht. Mag sein, dass es an dem Juniabend nicht sonderlich warm war, die vielen Jeansjacken würden das belegen. Doch eigentlich loderte im Gig von LYNYRD SKYNYRD genug Feuer, um die Massen zu erwärmen. Nun war es in den Neunzigern um den Classic Rock nicht gerade gut bestellt, die Musik, welche die Massen in diesem dunklen Zeitalter begeisterte machten andere.
Das dann ausgerechnet beim Überhit alle aus sich heraus gehen, schürt ein bisschen die Befürchtung von Eventpublikum. In der Tat waren die geneigten Fans zu der Zeit eher mit der Familienplanung beschäftigt und finden heute eher den Weg zu den Konzerten. Und wenn dann im Publikum einer auf sich aufmerksam macht, dann dieser Jüngling, der es für eine coole Idee hält, während „Simple Man" den Mittelfinger permanent in die Kamera zu strecken. Sicher haben die Southernrocker einige Nummern mit entsprechender Attitüde im Gepäck, nur hier ist es völlig unpassend.

Als Bonus gibt es noch „Working For MCA", Free Bird" und „Sweet Home Alabama" als Mitschnitt von einem Konzert aus der Hamburger Markthalle am 1974. Bemerkenswert wie tight die Sieben damals schon zusammen spielten, vor allem der viel zu früh von uns gegangene Allen Collins beweist ein tolles Feeling. Bei diesen Bildern, auch von Ronnie van Zandt selig am Mikro, macht sich die ganze Tragik dieser Band bewusst, nur zwei Protagonisten weilen heute unter uns.
Dazu gibt es schöne Einblicke, unter welchen Umständen in jenen Tagen Konzerte abgehalten wurden. Der Saal erinnert eher an ein barockes Ambiente und die Bühne erlaubt niemanden wirklich Bewegungsspielraum. Dazu wirken die Jungs recht konzentriert, Posen kannte damals kaum jemand. Irgendwie hat dies den sehr unschuldigen Charme einer Schülerband, welche einfach mal so kommende Klassiker zockt. Klangtechnisch muss man zwar ein paar Abstriche machen, dennoch sind diese drei Lieder ein lohnenswertes Zeitdokument. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 17
Spielzeit: ca. 119 min
Label: Eagle Vision
Veröffentlichungstermin: 29.05.2015

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