Alicecooper Paranormal200nb mehrfachwertungGanze sechs Jahre hat es gedauert, bis uns der Meister des Schock-Rock wieder mit neuem Material beehrt. So eine lange Pause gab es nur in den unsäglichen Neunzigern, wobei Onkel Alice aber dieses Mal live und bei anderen Projekten sehr aktiv war. Und seien wir ehrlich, bislang stehen 26 Alben zu Buche, da kann man es mal ruhiger angehen lassen, viel Platz in den Konzerten für neue Songs ist ohnehin nicht. Nach dem großartigen "Welcome 2 My Nightmare" war viel spekuliert worden, ob ALICE COOPER erneut einen seiner Klassiker fortführen würde. Doch etwaige Ideen wurden wieder verworfen, so dass man sich zusammen mit Produzentenlegende und langjährigem Weggefährten Bob Ezrin auf neue, eher unabhängige Songs einigte. Die NECKBREAKER-Redaktion war so würdig und durfte geschlossen in "Paranormal" hinein lauschen.

Wie beim Vorgänger so lässt man es auch hier mit dem Titeltrack erstmal ruhig angehen. Wer allerdings im Intro nicht genau hinhört, der könnte beim akustischen Picking und den Harmonien schon auf die Idee kommen, dass die SCORPIONS „Love Hurts“ gecovert hätten. In den Strophen nimmt das Stück ein wenig Fahrt auf, später zieht es kurz rockig an, die wavigen Gitarren erinnern am ehesten an die Frühachtzigerphase von Cooper. Da passt auch das Drumming sehr gut hinein, welches auf fast der kompletten Scheibe U2-Schlagwerker Larry Mullen Jr. übernahm.

Der ist nicht die einzige Überraschung im Opener, denn Roger Glover von den Kollegen DEEP PURPLE zupft hier die dicken Saiten. Ansonsten übernimmt Jimmy Lee Sloas diesen Part, ein paar Mal darf auch Dennis Dunaway von der originalen ALICE COOPER BAND ran. Von seiner Livemannschaft hat „The Coop“ lediglich Tommy Henriksen dabei, der sich die Gitarrenparts mit Studiocrack Tommy Denander teilt. Dieser wiederum war auch ins Songwriting involviert, ebenso wie die Legende hinter den Reglern.

Deutlich von den Achtzigern inspiriert ist auch „Paranormal Personality“, in welchem der Bass schön stampft. Das knallige Riff im Refrain zeigt sehr schön, wie es gelingt, den typischen Sound von ALICE COOPER in die heutige Zeit zu transportieren, ohne dabei allzu angepasst zu klingen und an Identität zu verlieren. Sicherlich die zugänglichste Nummer der Scheibe, weswegen sie ja vorab schon veröffentlicht wurde. Und am Ende kommt mit dem atmosphärischen „The Sound Of A“ ein bisschen die Zusammenarbeit von Ezrin mit PINK FLOYD in jener Dekade zum Vorschein.

Eine andere Zusammenarbeit scheint im treibenden „Fireball“ durch, das mit cooler Orgel von Meister Ezrin selbst aufwartet. Witzigerweise klingt das ein wenig wie DEEP PURPLE, ohne dass es mit deren gleichnamigen Lied etwas zu tun hätte. Sowie mit den Achtzigeranleihen gelingt auch der Spagat zwischen Moderne und Siebzigerausflügen. „Oh Oh“-Chöre führen das lässige rockende „Private Public Breakdown“ auf die Glamspur.
„Fallen In Love“ wird vor allem im Solobereich von einem anderen Gast geprägt, das charakteristische Spiel von Billy Gibbons gibt es nicht nur bei ZZ TOP. Dass er gerne mal mit dem Punk flirtet hat die Rockikone schon öfter bewiesen, „Rats“ hätte sich locker auf „The Eyes Of Alice Cooper“ wiederfinden können. So weit wie auf der vor sechs Jahren erschienenen Wundertüte lehnt er sich bei allem Eklektizismus nicht aus dem Fenster.
Dort durfte in „Disco Bloodbath Boogie Fever“ sogar der Discosound mitgrooven, hier gibt es in „Dead Flies“ eher funkiges zu hören, das schön nach vorne rockt. „Dynamite Road“ lässt mit dem Eingangsriff kurz auf einen Abstecher zur Hair Metal-Phase, doch die von der Rhythmussektion getragene Strophe möchte ebenfalls lieber grooven. Rhythmisch ähnlich gelagert gibt sich noch „Holy Water“, doch hier geben Bläsersätze dem Ganzen noch eine sehr interessante Note.

„Paranormal“ ist jetzt nicht unbedingt die beste Zusammenarbeit der beiden alten Buddies, als ihr großes Alterswerk wird eher der zweite Teil ihres Meisterwerks in die Annalen eingehen. Das ist zwar alles sehr sauber eingespielt, doch irgendwie fehlt das die ganz große Inspiration, und vor allem die Hits, welche der Vorläufer fassweise hatte. Ob uns Alice deswegen gleich noch eine Bonus-CD spendiert, weiß nur er.
Darauf sind zwei Titel enthalten, welche er komplett mit seinen frühen Weggefährten, ohne den verstorbenen Glen Buxton, eingezockt hat. Beide sind knietief im Siebziger-Glam Rock, wobei „Genuine American Girl“ die lässigere Nummer ist, während „You And All Of Your Friends“ etwas knackiger daher kommt. Mit den früheren Glanztaten können sie indes nicht mithalten, aber nett, die Truppe mal wieder vereint zu sehen.
Am Ende gibt es dann noch sechs Livetracks obendrauf, welche im letzten Jahr in Columbus, Ohio aufgenommen wurden. Die zeugen durchaus von der Livepower, welche seine aktuelle Backingband entfachen kann, die aber im Studio zuhause bleiben musste, wobei man da lieber ein ganzes Konzertdokument hätte bringen sollen. Mit allen Bonifikationen schnürt ALICE COOPER dann doch ein Paket, welches die Fans nach der langen Wartezeit zufrieden stellen sollte. (Pfälzer)



Anzahl der Songs: 10 (CD1) / 8 (CD2)
Spielzeit: 34:12 min (CD1) / 33:13 min (CD2)
Label: EAR Music
Veröffentlichungstermin: 28.07.2015

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Andreas 6,0 6 / 10

Anne6,5 6,5 / 10

Maik5,0 5 / 10

Matthias7,5 7,5 / 10

Pascal7,0 7 / 10

Alex29,0 9 / 10

Alex26,0 6 / 10


Alicecooper Paranormal700

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Andreass Avatar
Andreas antwortete auf das Thema: #21476 6 Jahre 7 Monate her
Ich mochte Alice Cooper schon, als ich noch gar nicht alt genug war, die Band mal live zu sehen, Dennoch hatte ich Zugang zu den Alben "Love It To Death" und "School's Out" und war sehr froh damit. Als ich dann alt genug war Alice Cooper mal live zu erleben, fand ich "Poison" wegen seines auf Hit getrimmten Charakters eher abstoßend als spannend. "Paranormal" fällt auch in diese Hit-Kategorie, jedoch hab ich gelernt mit solchen Songs umzugehen und weiß welche Mühe es ist und welcher Zufall eintreten muss damit ein Song auch wirklich ein Hit wird.
Das Schlimme jedoch ist, wenn man um so einen Hit herum ein Album produziert, auf dem dann am Ende sonst eigentlich nur Lückenbüßer zu finden sind. Bis auf die beiden Songs, die mit der originalen Alice Cooper-Band Besetzung komponiert wurden, taugt das alles noch nicht mal zum einschlafen, so nervig ist das alles. Sechs Punkte gibt es von mir dafür und für den belanglosen Rest keinen einzigen. ("Holy Water" geht für mich echt gar nicht)
Ich freue mich jedoch über die Livesongs, die man als Bonus bekommt und da wird deutlich welche Kraft diese teils vierzig Jahre alten Kompositionen haben, denen die Lieder der Neuzeit keinesfalls das Wasser reichen können.
Manus Avatar
Manu antwortete auf das Thema: #21475 6 Jahre 7 Monate her
Ich hatte mich sehr gefreut auf das Album und dachte noch beim Titeltrack "Juchhu, das wird eine Hammer-Scheibe". Der gefällt mir nämlich richtig gut. Nur leider kam danach nichts mehr Gescheites - für meinen Geschmack zumindest, man sieht ja, dass die Redaktion hier recht gespalten ist

Beim mehrmaligen Anhören habe ich es teilweise nicht über Track 8 ("Holy Water") hinaus geschafft, den finde ich richtig nervig. Insofern sind die 6 / 10 eigentlich noch sehr lieb gemeint - aber ich glaube insgesamt vertretbar, da es andere eben nicht einfach mal schaffen so einen Überhit wie "Paranormal" zu schreiben.

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