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paradiselost medusanb mehrfachwertungNicht zum Wohle all ihrer Fans haben sich die Dark Metal-Großmeister in ihrer Karriere schon weit aus dem Fenster gelehnt. Die todesmetallischen Anfänge haben sie früh hinter sich gelassen, dem Gothic Metal seinen Namen gegeben, um sich mittels Elektronik fast in die Sphären von DEPECHE MODE vorzuwagen. Seitdem sind PARADISE LOST ein Stück zurück gerudert, haben es sich aber in einer Nische irgendwo dazwischen bequem gemacht. Auf dem letzten Album "The Plague Within" waren plötzlich wieder eindeutige Death Metalelemente zu vernehmen, was ihnen vor allem Respekt entgegengebracht hat, denn nach so langer Zeit war das ebenso mutig wie seinerzeit "One Second". Nun bleibt die Frage, ob das Mitwirken bei VALLENFYRE und BLOODBATH den Herren Mackintosh und Holmes genug Raum gibt, ihre alte Leidenschaft auszuleben, oder diese auf "Medusa" eher noch anstachelt.

Die Orgel zu Beginn führt auf die völlig falsche Fährte, manch einer dürfte schon an den Doom Rock ihrer neuen Labelkollegen AVATARIUM gedacht haben. Doch nach und nach setzen sich die Gitarren durch, bis dann dieses Riff vor einem steht, kraftvoll, zäh, tonnenschwer. Wo die Briten dieses noch einmal gefunden haben, weiß ich nicht, aber es verbeugt sich so knietief vor der „Shades Of God“-Großtat, dass alte Fans erneut vor Verzückung umher hüpfen dürften, auch wenn das Riff rein musikalisch gar nicht dazu einlädt. Nick Holmes grunzt tief aus der Seele und im Refrain begleiten die typischen Leads die Szenerie, und das unheilvoller wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Nur kurz in der Bridge gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer in Klarstimme, der jedoch im Keim erstickt wird.

So lavaartig verhält sich ansonsten nur noch der Rausschmeißer „Until The Grave“, in dem sogar die Leadgitarren mit einer spürbaren Schwere belastet sind. Auch wenn man ansonsten nicht komplett im doomigen Sumpf versinkt, wird doch deutlich, dass vor allem das unscheinbare „Flesh From Bone“ vom Vorgänger wegweisend für diese Platte war. Was ja auch die eingangs gestellte Frage zum Teil beantwortet, denn solche Klänge können die beiden Hauptsongschreiber nicht in ihren Nebenprojekten umsetzen. Dabei geht die Rückbesinnung sogar noch weiter, denn PARADISE LOST frönen nicht mehr der voluminösen, modernen Hochglanzproduktion, sondern gehen viel roher zu Werke. Die Gitarren sind kantiger, mahlen mehr anstatt aufzubrausen und der Bass unterstützt sie knarzig verzerrt.

Sehr schleppend beginnt auch das zweite Stück „Gods Of Ancient“, zieht aber später hinaus etwas an, allerdings klar im Rahmen der vorherrschenden Atmosphäre. Die Riffs sind nun klar von BLACK SABBATH geprägt, wie auch „No Passage for the Dead“. Währenddessen verrichtet der neue Drummer Waltteri Wäynynen viel sphärische Arbeit an seinen Toms. So etwas kennt man normalerweise eher von Progbands, da soll noch mal einer sagen, im Gothic Metal wäre das Schlagzeug austauschbar.
Von der Atmosphäre ist auch „From The Gallows“ bestimmt, wobei hier ganz klar die so typischen Leadgitarren federführend sind, wobei es immer wieder zu derben Attacken kommt. Setzt Holmes hier weiterhin auf fiese Grunts, so packt er im flirrenden „The Longest Winter“ erstmals die Klarstimme aus, was in dem Fall für Abwechslung sorgt. Der Beitrag hätte sicher auf einem der jüngeren Scheiben stehen können, aber eben nicht in diesem Sound.

Im Titeltrack geht es wieder sehr zähflüssig zu, wenngleich der gute Nick hier zumeist mit seiner Klarstimme agiert. Die sechs Saiten sind sehr tief gestimmt, analog dazu ist auch der Gesang für die cleane Herangehensweise auf einem ganz tiefen Niveau. Wenn er dann die Grunts auspackt, kann er das ganze sogar noch weiter runter ins Düstere ziehen, das tolle Solo passt sich dem nahtlos an. Leadgitarren satt gibt es dann in „Blood And Chaos“, bei dem sehr hitverdächtig gerockt wird, Parallelen zu „As I Die“ dürfen gerne gezogen werden.
Jene Nummer brachte ja seinerzeit den Durchbruch, auch wenn sie auf dem dritten Album fast deplatziert wirkte, dafür aber die Marschrichtung für die beiden kommenden vorgab. So betrachtet ist „Medusa“ tatsächlich nach einem Vierteljahrhundert das Pendant dazu, auch wenn weder die Qualität noch der Spirit ganz erreicht werden. Dennoch ist es für die Altfans von PARADISE LOST ein weiteres Geschenk, welches sie nicht mehr erwartet hatten, und auch die Zutaten der Jahre dazwischen werden nicht vollkommen verleugnet. (Pfälzer)

 

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 42:36 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 01.09.2017

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Andreas 7,0 7 / 10

Anne8,0 8 / 10

Jochen8,5 8,5 / 10

Maik7,5 7,5 / 10

Matthias7,5 7,5 / 10

Alex28,0 8 / 10

Karin 7,07 / 10


paradiselost medusa700

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