Joe Bonamassa - Redemption

JB Redemption cover 200nb mehrfachwertungWarum er die absolute Nummer Eins im Bluesgeschäft ist, muss man normalerweise nicht mehr näher erläutern. Jedes seiner Konzerte, die ich bisher besucht habe, war ein Ereignis, spieltechnisch ist das immer absolute Klasse inklusive Mitmusikern. Dazu hat er noch nie ein schlechtes Album veröffentlicht, was selbst RUSH, BRUCE SPRINGSTEEN und JUDAS PRIEST verbockt haben, dafür hat er diverse Meisterwerke geschaffen. Die Messlatte liegt bei JOE BONAMASSA beängstigend hoch, doch dahinter schwingt auch immer eine andere Angst mit, die Angst vor dem Einbruch. In der Tat geht man als Fan an solch ein Album nicht nur mit einer Erwartungshaltung ran, irgendwann kommt da auch die Skepsis, wie lange er das Niveau bei der weiterhin hohen Veröffentlichungsfrequenz halten kann. Nun liegt mit "Redemption" der dreizehnte Studiodreher vor und die Fachwelt schaut wieder gespannt auf den Branchenführer.

Man könnte sagen, dass er es sich einfach macht, doch genau das macht er nicht, vielmehr nimmt er bei jedem neuen Werk das Risiko in Kauf, nicht einfach an das letzte anzuknüpfen. Er lotet seit jeher die Grenzen des Genres bis zum Anschlag aus und versucht jedes Mal einen neuen Ansatz, so hat er hier beispielsweise zusätzliche Gitarristen an Bord. Jedes seiner bisherigen Alben hatte eine eigene Identität, was bei den engen Vorgaben dieser Spielart nur schwer möglich ist. Setzte "Dust Bowl" auf Atmosphäre, so war "Driving Towards The Daylight" sehr melodisch, "Different Shades Of Blue" watete mit viel Bläsern tief in den Ursprüngen und "Blues Of Desperation" rockte mit LED ZEPPELIN-Schlagseite.
Und auf die Fährte des Luftschiffes will er uns wohl mit den eröffnenden Drums locken, denn diese sind eindeutig bei deren "Rock And Roll" entlehnt. Das erste Riff geht ebenfalls noch in diese Richtung, man könnte meinen die vielen Cover zuletzt auf der Bühne hätten ihre Spuren hinterlassen, doch dann nimmt "Evil Mama" seine Wendung. Spätestens wenn sich die Bläser und funkigen Gitarren gegenseitig jagen zeigt die neue Scheibe ihr Gesicht, das meiste ist viel verspielter gestaltet, weniger druckvoll, dafür offener, mit mehr Tiefe, was Kevin Shirley kongenial im Klangbild umsetzt.

Das starke Wechselspiel von Bläsern und sechs Saiten geht auch in "Just ´Cos You Can Don´t Mean You Should" in die nächste Runde, wobei es hier eindeutig in Richtung Soul geht. Einfach großartig wie er in der Lage ist bei all der Dichte jeden Song so individuell zu gestalten, die Blasinstrumente sind da epischer arrangiert, man wird wohlig an GARY MOOREs beste Blueszeiten erinnert. Zum Glück hat wurde das Album nicht so mit den Beiträgen von Lee Thornburg und Paulie Cerra überfrachtet wie "Different Shades Of Blue", bei dem sie auf jedem Track zu hören waren.
Hier wurden die ganzen Feinheiten viel dosierter eingesetzt, etwa dem klassischen Blues "Love Is A Gamble". Das gilt ebenso für die grandiosen Hammond - und Pianoeinsätze von Reese Wynans, so dass alles viel mehr Raum hat, um sich zu entfalten. Auch hier zeigt die Studioarbeit von Shirley Wirkung, wird doch jedes Detail sehr gut heraus gearbeitet. Man höre nur das Saxophonsolo in "Pick Up The Pieces", so bequem hat es sich JOE BONAMASSA seit "Jockey Full Of Bourbon" nicht mehr in der Bar gemacht.

Zu der Offenheit kommt auch ein neuer Ansatz im Spiel des Meisters, weniger Riffs, stattdessen viel offene Stimmungen, die eine gewisse Lässigkeit versprühen wie in "Deep In The Blues Again". "The Ghost Of Macon Jones" besitzt dezente Country-Anleihen, Anton Fig schlägt den Besen schnell aber dennoch cool, die Nummer versprüht einen Hauch von DIRE STRAITS. Im Titelstück packt er die Slide-Dobro aus und verleiht der ruhigen Strophe einen sumpfigen Touch, bevor sich die souligen Chöre mächtig erheben. Die wissen bei "Self-Inflicted Wounds" ebenso ihre ganze Power auszuspielen, wenn sie von den Breitwandarrangements getragen werden kommen sie sogar PINK FLOYD nahe.
Jene Parallele zog ich schon beim Konzert in Frankfurt, und der atmosphärischste Titel straft mich nicht Lügen, wobei auch er von dem neu entdeckten Spiel lebt. Richtig introvertiert wird er bei "Stronger Now In Broken Places", in dem er sich nur selbst auf der Akustischen begleitet und so ruhig wie nie agiert. Natürlich darf auf "Redemption" auch gerockt werden, ein paar Sachen wie das ebenfalls schon live vorgestellte "King Bee Shakedown" lassen den Kompass Richtung Südstaaten ausschlagen. Und "Molly O´" zelebriert schweren Bluesrock und könnte am ehesten mit dem Vorläufer in Verbindung gebracht werden, doch auch hier kommen diese offenen Stimmungen zu Zuge.

Man mag es kaum glauben, wie sich Bonamassa nach zweieinhalb Jahren aufgestellt hat, man kann es nicht oft genug erwähnen, dass trotz so eigenständiger Lieder das tiefe Feeling, das alles zusammen hält, bei jedem zum Tragen kommt. Spieltechnisch ist das wie eh und je eine Klasse für sich, hier wird jede einzelne Note genau durchdacht, ohne ihr die Frische zu nehmen. Dadurch dass man die einzelnen Parts mehr atmen lässt, zeigt es sich noch deutlicher wie supertight er mit seinen Nebenleuten zusammen musiziert. Nebenbei zeigt der Mann die wohl gefühlvollste Gesangsleistung seiner Karriere, hier kann er sich stets noch verbessern, seine Gitarrenarbeit indes ist ohnehin perfekt, was er wieder an Soli auspackt ist einfach nur überwältigend. Wiedergutmachung muss er für "Redemption" also keinesfalls leisten, der Tag mag kommen, an dem wir ein schwaches JOE BONAMASSA-Werk zu hören bekommen, doch dieser Tag ist noch fern! (Pfälzer)


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 65:20 min
Label: Provogue/Mascot
Veröffentlichungstermin: 21.09.2018

Bewertung:

Pfaelzer9,0 9 / 10


Anna8,0 8 / 10

Anne7,0 7 / 10

Maik8,0 8 / 10

Matthias7,5 7,5 / 10

Pascal8 8 / 10


Joe Bonamassa Redemption

Kategorie: Gruppenzwang