Sari Schorr (30.03.2019, Freudenburg)

sarischorr tourplakatVor etwa drei Jahren konnte die New Yorkerin mithilfe ihrer gewaltigen Stimme ein paar Akzente in der mittlerweile recht unüberschaubaren Blueslandschaft setzen. Kein Geringerer als Produzentenlegende Mike Vernon holte die Dame aus dem Background ins Rampenlicht und produzierte ihr Debüt "A Force Of Nature". Mittlerweile ist der zweite Longplayer "Never Say Never" auf dem Markt und SARI SCHORR hat sich mit viel Touren einen Namen erarbeitet, wobei sie immer gerne Station im Freudenburger Ducsaal macht. Dort habe ich die Sängerin zum ersten Mal auf der Bühne gesehen, so dass ich gerne wieder hin bin, um auch ihre Entwicklung zu sehen.

Jene Entwicklungen betreffen vor allem ihre komplett neue Begleitband sowie die rockigere Ausrichtung des jüngsten Materials. Etwas das man in der altehrwürdigen Location nicht findet, und das ist auch gut so, denn das Flair dort ist unvergleichlich, so dass hier alles gerne beim Alten bleiben kann. Die fast familiäre Atmosphäre und die vielen bekannten Gesichter, welche dem Ducsaal die Treue halten sorgten natürlich dafür, dass sich die Band direkt wohl fühlte. Zuerst groovten sich die Instrumentalisten kurz ein, bevor die Frontfrau die Bretter enterte.
Den Opener hätte ich jetzt nicht unbedingt erwartet, dennoch machte er sich ausgesprochen gut an der Position und zeigte sogleich alle Elemente der Show in Topform. Vor allem überrascht es immer wieder was für einen tollen Sound sie in diesen kleinen, winkeligen mit viel Holz verkleideten Club zaubern. Dass sich hier ein massiver Schalldruck entwickeln kann, ist zwar durchaus abzusehen, doch hier dröhnte und wackelte nichts. Alle Instrumente waren sehr gut miteinander ausgewogen, so dass der Zuschauer jedes kleine Detail erhaschen konnte.

Profitieren davon konnte vor allem Keyboarder Stevie Watts, der rechts hinten nur optisch eher unscheinbar wirkte, aber an Orgel und E-Piano starke Beiträge lieferte. Von der Instrumentenwahl fiel er gegenüber anderen Tastenkollegen aus dem Rahmen, zumindest mir sagten die Namen seiner Arbeitsgeräte gar nichts. Doch in Zeiten von den immergleichen Nord-Teilen war es interessant zu sehen, dass man auch mit einer Marke wie Viscount sehr nahe an die gute alte Hammond heran kommen kann. Vor allem bei der lange zelebrierten Fassung des Willie Dixon-Klassikers schlechthin zu Beginn des zweiten Sets durfte er am Ende zeigen, wie großartig er seine Finger über die Tasten gleiten lassen kann.

Dafür bekam Watts sogar Szenenapplaus aus den eigenen Reihen, Bassist Matt Beable kam extra zu ihm herüber und beglückwünschte ihn für diese Leistung. Jedoch war dies nur ein weiteres Indiz für den phantastischen Zusammenhalt der Truppe, denn ähnliche Erlebnisse hatte man öfter auf der Bühne. Immer wieder scherzten die Musiker miteinander oder Beable stand mit seinem Bass tief in der Hocke vor seinem Rhythmuspartner Roy Martin um so die gute Kommunikation untereinander zu visualisieren. Die beiden lieferten ein dickes Fundament, auf dem der Rest der Begleitformation aufbauen konnte, speziell Beables Basstöne drückten wunderbar tief in die Magengrube.

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Da gab es niemanden, der sich hervor gehoben hätte, auch die Frontfrau hielt sich zurück und gab ihren Mitmusikern genügend Raum, wie im bereits erwähnten Gassenhauer. Beim letzten Konzert war mir der damalige Sechssaiter Innes Sibbun etwas zu präsent, mit Ash Wilson ist da jemand am Start, der eine Spur lässiger ist. Schon bei Soundcheck bewies der Mann seine Coolnes mit seiner locker auf dem Kopf sitzenden Sonnenbrille. So agierte er auch an dem Abend, immer im Dienst des Songs, aber auch mit einem spitzbübischen Zug zum Publikum. Die vier betrieben typisch britisches Understatement, doch nicht nur da zeigte sich ihre Herkunft, auch vom Spiel her bewegten sie den amerikanischen Blues ihrer Sängerin in Richtung "British Blues Explosion".

So blieb es an der guten Sari diese starke Vorlage zu verarbeiten und ihr beeindruckendes Organ zu benutzen, um die Songs zum Leben zu erwecken und die Emotionen ins Publikum zu transportieren. Leben und Emotion war auch das, was sie auf der Bühne versprühte. Wie sie mit ihrer Stimme eine Dynamik zeichnete war umwerfend, ob im Titeltrack des aktuellen Langspielers oder der Bearbeitung der durch RAM JAM populär gemachten Lead Belly-Komposition. Schon in den ruhigen Passagen vibrierte die Luft, doch wenn sie ihre ganze Wucht hinein legte, bebte der Saal.
Wo seismische Bewegungen am meisten an der Oberfläche reiben, bilden sich überall Vulkane, und wie in der Geologie so verhält es sich auch im Blues. SARI SCHORR kann ausbrechen wie ein Vulkan in den Situationen, sich komplett in einen Song hinein werfen und ihre Gefühlen ungezügelt den Lauf lassen. War ihre Performance vor zwei Jahren noch etwas gehemmt, so ist sie in die Frontrolle in vielen Konzerten hinein gewachsen. Heute hat sie keine Scheu mehr, ihre Kompositionen zu leben, sowohl gesanglich als auch von der Präsenz her.
Sicher hielt sie sich noch gerne am Mikroständer fest, doch vermochte sie auch loszulassen, sich wie in Freudenburg an dem Gestänge vorbei zu schlängeln und ihr Publikum anzuflirten. Sinnlichkeit paarte sich mit Verletzlichkeit, so umgarnte sie dieses metallische Gebilde mit einer Mischung aus Laszivität und tiefem Gefühl. Der Hüftschwung ging im Takt weit herunter, während der Kopf in den Wogen der Emotionen schwang. Und dann konnte sie sich komplett befreien, riss die Arme hoch, ihre schwarze Mähne wehte, während sie mit einer Inbrunst die Oktaven durchsprang.

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Zwischen ihren Gesangspassagen wusste sie auch immer sich in ihr Konzept zu integrieren, bewegte sich da aber eher im Hintergrund oder feuerte ihre Jungs an. Als sie so da oben stand, den Kopf in den Nacken legte und selig lächelte, spürte jeder welche Freude sie dabei empfindet für die Anwesenden zu singen. Ihre Lebensfreude ging auf diese wie auch auf die Band über, so dass gerade bei den euphorischen Titeln wie dem letzten des regulären Sets die Stimmung im Ducsaal überschwappte. Sicher hätte man länger als die guten eineinhalb Stunden spielen können, doch die Intensität war durchweg auf einem enormen Level.
In der Auswahl ihrer Coversongs ging sie ähnlich offensichtlich vor wie ein gewisser Yngwie Malmsteen auf dem am Tag zuvor veröffentlichten Bluesalbum. Bis auf einen sind diese aber auf ihren Alben zu hören und zum Teil sehr eigen arrangiert. Wobei ihr eigenes Material sich nirgends verstecken muss, aber vielleicht will sie ja den Zuhörern einen vertrauten Zugang verschaffen. So endete ein großartiger Abend im Zeichen des allmächtigen Blues mit der wohl lockersten Nummer der neuen Scheibe. (Pfälzer)

Setlist SARI SCHORR:
The New Revolution
Damn The Reason
King Of Rock´n´Roll
Thank You
Ready For Love
Demolition Man
Ain´t Got No Money
Maybe I´m Fooling
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I Just Want To Make Love To You
Kiss Me
Never Say Never
Valentina
Freedom
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Black Betty
Back To LA

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