Týr - Battle Ballads

Es ist viel passiert, seit TÝR im Jahr 2019 ihr letztes Album „Hel“ veröffentlicht haben. Im Februar 2020 konnten sie noch ihre fulminanten Auftritte mit dem färöischen Symphonieorchester absolvieren, aber kurz danach kam dann ja Corona und mehr muss man eigentlich nicht schreiben. Doch auch bandintern ist einiges passiert. Der Posten an der Leadgitarre, der in den letzten Jahren immer wieder wechselte und auch zumindest auf den Färöern live immer mal wieder vom ehemaligen Gitarristen Terji Skibenæs ausgefüllt wurde, ist endlich langfristig besetzt. Mit Hans Hammer ist nun ein junger, talentierter Mann gefunden, der zudem ebenfalls auf den Färöern wohnt. Auch Heri Joensen ist zurück auf die Färöer gezogen, so dass das gemeinsame Arbeiten an Songs deutlich einfacher ist.

„Battle Ballads“, das neunte Studioalbum der Färinger, unterscheidet sich dadurch dann doch recht deutlich von seinem Vorgänger „Hel“. Das zeigt sich schon an der Spielzeit, denn „Battle Ballads“ ist rund 25 Minuten kürzer als „Hel“. Das liegt vor allem daran, dass die einzelnen Songs einfach kürzer und knackiger sind. Ob einem das jetzt besser gefällt als die progressivere Herangehensweise auf „Hel“, das muss wohl jeder selbst entscheiden.

Jedenfalls startet „Battle Ballads“ schon ganz schön stark mit „Hammered“, das auch als zweite Single ausgekoppelt wurde (und von Hans Hammer mitgeschrieben wurde), gleich mit vollem Tempo. Eingeleitet wird es von Hammerschlägen und monumentalen Orchesterklängen, während die Drums ein hohes Tempo vorgeben. Schon bei den ersten Tönen erkennt man, welche Band hier am Werk ist. Sänger Heri Joensen singt meist roher als auf den früheren Alben der Band, was dem Song zusätzliche Härte verleiht. „Hammered“ ist ein wirklich guter Song und Opener für das Album, allerdings auch – für Týr-Verhältnisse - recht kurz. Das gilt auch für den Rest der Scheibe, die meisten Songs bleiben unter der Vier-Minuten-Marke (womit wir wieder bei kurz und knackig wären).

Für alte Fans wie mich ist das etwas unbefriedigend, weil die früheren progressiven Elemente mittlerweile fast vollständig verschwunden sind, dafür setzt man mehr auf Eingängigkeit und Gefälligkeit. Wobei auch das aufgehen kann und das ist es meiner Meinung nach auf diesem Album. Es gibt keine Schnörkel, sondern die Songs sind auf das Wesentliche reduziert und machen beim Hören trotzdem Spaß. Ja, ich bin ein Fan der frühen Phase der Band, aber ich muss sagen, dass mir „Battle Ballads“ trotzdem ausgesprochen gut gefällt. Es ist das erste TÝR-Album seit langem auf dem kein Song drauf ist, den ich überhaupt nicht mag. Das einzige Stück auf diesem Album, das in diese Kategorie fallen könnte, ist „Dragons Never Die“, weil mir der Text einfach überhaupt nicht gefällt. Und „Dragons Never Die“? Welche Band hat denn einen Song über Sjúrður, den Drachentöter gemacht? Möchte ich nur mal dran erinnern… Rein musikalisch ist es aber ein Stück von dem ich gleich nach dem ersten Hören gesagt habe: Das finden junge Leute bestimmt richtig gut.

Insgesamt wirkt das Album aber auch deutlich runder und ausgeglichener als die vorangegangenen, was sicher auch daran liegt, dass dieses Mal alle vier Bandmitglieder am Songwriting beteiligt waren und Schlagzeuger Tadeusz Rieckmann Heri bei den Texten unterstützt hat. Es gibt auch die ein oder andere positive Überraschung auf dem Album, wie z.B. das großartige „Row“, das mit Growls aus der Tiefe einleitet und dann sehr episch wird. Textlich spielt es auf die Rudertradition der Färöer an, die früher durchaus überlebenswichtig war.

Doch man trifft auch alte Bekannte auf dem Album: „Torkils Døtur“. Das Stück war bereits auf dem Livealbum „A Night At The Nordic House“ enthalten und ist damit quasi der erste Song des Albums, der live gespielt wurde. Man ist dabei geblieben, das Stück vor allem orchestral zu instrumentieren, doch gegen Ende wird es dann doch noch ganz schön heftig.

TÝR haben ja immer mindestens zwei traditionelle färöische Balladen (worauf auch der Title „Battle Ballads“ anspielt, denn gemeint sind Balladen im ursprünglichen Sinne) auf ihren Alben. Neben „Torkils Døtur“ ist das in diesem Fall „Vælkomnir Føroyingar“, der deutlich mehr Fahrt aufnimmt. Aber es gibt noch eine Überraschung auf dem Album. Denn mit „Causa Latronum Normannorum“ hat die Band erstmals lateinische Texte vertont. Allerdings ist nicht der ganze Song auf Latein, sondern es wechselt zwischen Färöisch und Latein; die lateinischen Parts sind Zitate aus der Schrift „De Mensura Orbis Terrae“ (geschrieben um 825) von Dicuil, in der nach heutigem Wissensstand zum ersten Mal die Färöer erwähnt wurden.

Insgesamt haben TÝR zwar richtig lange gebraucht, um dieses Album fertigzustellen, aber die Wartezeit hat sich gelohnt. Für mich ist es das erste Album seit – ja, eigentlich seit „Ragnarok“ - auf dem kein Song ist, den ich aus irgendwelchen Gründen nicht mag. Ja, ich vermisse die Progressivität, aber manchmal muss es eben auch einfach härter und einfacher sein. „Battle Ballads“ ist ein richtig gutes Album geworden, das wirklich Spaß macht und das man sich problemlos in Dauerrotation anhören kann. Insbesondere Songs wie „Axes“ oder „Hammered“ gehen sofort ins Ohr. Gerne mehr davon! (Anne)

 

Bewertung:

Anne8,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 42:17 min
Label: Metal Blade Records
Veröffentlichungstermin: 12.04.2024

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