Natürlich haben beide ihre Todesblei-Wurzeln endgültig hinter sich gelassen und wenden sich nun dem aufregendsten Jahrzehnt der Musikgeschichte zu. Im Falle der Deutschen wurden da vor allem die sphärischen Synthesizer über Bord geworfen, die Tastenklänge erzeugen hier ausschließlich die gute alte Hammond-Orgel und das Piano. Auch in Sachen Equipment bediente man sich viel mehr analogen Geräten als bei heutigen Produktionen üblich.
Die Schweineorgel wummert auch schon im Opener mächtig los, paart sich schön mit flächigen Gitarrensalven. Dabei pendelt „Toy" zwischen vertrackten Arrangements und relaxten Momenten. Das folgende „Eight Quiet Minutes" driftet dann zu Beginn stark ins psychedelische Fach ab wird aber von swingenden Gitarren und perlendem Piano aufgefangen. Diese leiten zu fast Stonerrockigen Riffs in der Strophe, während Niko Knappe im Refrain die Höhen seiner Stimme auslotet.
Ein Stilelement, welches auf „Orange" öfter auftaucht, wie im anschließenden „Elephant", dass aber nicht immer zu gefallen weiß. Überhaupt benutzt der singende Schlagzeuger sein Organ oft wie ein weiteres Instrument, seine normale Singstimme, die mir noch auf „Grave Human Genuine" so gut gefiel kommt daher zu selten zum Einsatz. Dadurch wirkt vieles noch überfrachteter als die instrumentalen Arrangements ohnehin schon tun.
Bestes Beispiel dafür ist „This Is Why They All Hate You In Hell", welches erneut von hoher Kopfstimme eingeleitet wird, ruhig akzentuierte Gitarren steigern sich rockig und brechen direkt danach in einer besonnenen Pianolinie zusammen. Das sind mir zu viele Motivwechsel in zu kurzer Zeit, wie schon bei der neuen OPETH fehlt mir auch hier das Ätherische, das Schwelgerische. Dass sie es können beweisen sie beim Outro eben jenes Titels oder bezeichnenderweise bei einem Instrumental, dem ruhigen, sphärischen „Not Enough Fingers".
So geartet präsentiert sich „Orange" ansonsten nur noch bei der THE TANGENT-mäßigen Lakonie von „Vespertine" und über phasenweise im abschließenden Longtrack „Antipole". Ansonsten wird munter die Kreativität ausgelotet, verquere Bassläufe in „Scaleman", wilde Saxophon-Soli, Postrock-Elemente, alles da, was das frei denkende Herz begehrt. Dazu gesellen sich noch allerhand jazzige Noten und ein Meer an Orgelspielereien, was wiederum den Kreis zu einem Werk namens „Heritage" schließt.
Und wie mit diesem komme ich auch mit dem neuen Output von DARK SUNS nicht ganz klar. Sicher ist die Ideenvielfalt bewundernswert, aber wie eingangs angedeutet, das Rad wurde nicht mehr neu erfunden. Rezitieren von stilistischen Phrasen ist nicht gerade förderlich für den experimentellen Charakter, dadurch gerät manches schnell aufgesetzt. Musikalische Parallelen bringen nicht automatisch den Zeitgeist mit und somit auch den Spirit, das erfrischende. Und das fehlt mir hier, das bekommen andere Retro-Progger besser hin, selbst im Vergleich mit OPETH hängt „Orange" hinterher. (Pfälzer)
Bewertung: 6,5 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 60:20 min
Label: Prophecy Records
Veröffentlichungstermin: 02.12.2011