BadReligion 190717Endlich mal wieder ein ausverkauftes Konzert in der Saarbrücker Garage. Wenn auch BAD RELIGION nie ganz so erfolgreich waren wie andere Bands in kommerzieller Hinsicht, so ist ihr Durchhaltevermögen und ihre Beständigkeit dennoch als edel und lobenswert anzusehen.
Über 35 Jahre sind die Mannen schon am Start, wenn auch nicht mehr in gleicher Besetzung, aber dennoch denken sie nicht ans Aufhören, selbst wenn ihr letztes offizielles Album ja auch schon vier Jahre zurückliegt, wenn auch erst letztes Jahr „30 Years Live“ gefeiert wurde.
Vielleicht freute man sich gerade deshalb besonders, die Väter des Punkrock in Deutschland noch einmal begrüßen zu dürfen.

ITCHY
Die Mitfahrgelegenheit wurde dieses Mal von ITCHY genutzt, deren Name mich an eine ähnlich klingende Band der vergangenen Jahre erinnerte...genau, ITCHY POOPZKID! Ein Bandname, der zwar hängenbleibt, aber dafür auch schon erahnen lässt, was einen musikalisch erwartet. Nun denn, nachdem der Appendix entfernt wurde, hat man scheinbar auch jetzt die Reifeprüfung bestanden. Es mag ja Ansichts- oder auch Geschmackssache sein, aber hier schienen sich nur die jüngeren Zuschauer völlig begeistern zu können, auch wenn die Truppe ihrer Aufgabe als Anheizer – die aufgrund der Wahnsinnstemperaturen kaum nötig war – völlig gerecht wurde. Die gut gefüllte nasstriefende Garage machte jeden Gimmick der Band mit, und das Trio war sichtlich angetan von dem warmfeuchten Empfang in der Halle.
Als Showhöhepunkt galt der Surfact des Gitarristen Sibbi auf einem Gitarrenkoffer, getragen von den Fans der ersten Reihen. Aber auch sonst war das Trio um keine Shownummer verlegen. Bei viel Kommunikation mit dem Publikum machte dies jede Aufforderung mit, ob es nun Rumgehopse, Freundschaftsbekundungen oder stimmliche Unterstützung war. Musikalisch wurden betagte Songs, aber auch neue vom mittlerweile erschienenen Album „All We Know“ dargebracht, und je jünger das Publikum, desto mehr war die Stimmung am Siedepunkt. Die ältere Generation würdigte dennoch den Auftritt der Eislinger und fühlte sich nach 30 Minuten verschwitzt genug für den Punkrock-Senat.

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Setlist ITCHY:
Why Still Bother
Take Me Back
Keep It Real
Out There
The Weight Of The Water
Nothing
Down Down Down

 

BAD RELIGION
Dieser machte weitaus weniger Aufsehen und blieb bei ihrer dezenten Aufstellung. Der Opener „American Jesus“ war Grund genug, ein Riesenfest aufzuziehen. Wenn auch die Herren aus Kalifornien schon ein Stück älter waren, so zeigten sie sogleich das entsprechende Mehr an Erfahrung und Routine. Ein dezentes und fast schon diskretes Bild hat man von BAD RELIGION ja sowieso, und gerade da man schon etwas in die Jahre gekommen ist, beschränkt man auch den Showanteil auf ein Minimum und überzeugt einfach nur durch eine perfekte musikalische Darbietung. Der promovierte Greg Graffin gab sich auch sehr zurückhaltend und überaus sympathisch auf der Bühne und glänzte mit einer beeindruckenden gesanglichen Leistung. Auch sein bodenständiger und eloquenter Umgang mit dem Publikum heimste ihm weitere Pluspunkte ein. In den wenigen Pausen fiel ihm in keiner Minute die Kommunikation mit dem Publikum schwer, es wurden Plektren und Drumsticks an die jüngsten Zuschauer verteilt, wobei sein wortgewandter Humor schon britische Züge aufwies.
Unterstützt vom Arbeitstier und Bassisten Jay Bentley, der den Löwenanteil der Zweitstimme sowie der essentiellen „Ooh“s und „Aaah“s übernahm, kamen die Gitarristen Gurewitz und Baker kaum zu Wort und hielten sich auch sonst eher bedeckt. Dem entgegen konnte Drummer Jamie Miller mit seinem beeindruckenden Spiel gerade die alten Songs erheblich aufwerten. BAD RELIGION bewiesen einmal mehr, wie sich intelligenter sozialkritischer Punkrock anhört, auf ihre ganz spezielle gewaltfreie und gutgelaunte Art.
Die Diskographie wurde von Anfang bis Ende bedacht, die Reaktionen des Publikums waren jedes Mal frenetisch, auch wenn man in der proppenvollen Garage nie wusste, welche Flüssigkeit einem wo und von wem den erschöpften Körper hinunterlief. Aber all das schien in den gut 80 Minuten völlig egal, BAD RELIGION machten ihre Sache mehr als gut, und keinem dürfte dieser Auftritt in schlechter Erinnerung bleiben, wenn auch der Sound nicht immer mitspielte und einen kleinen schwarzen Fleck für den Auftritt bedeutet haben könnte. Dann noch zwei Zugaben hinterher, und der Fünfer aus L.A. durfte sich verschwitzt und glücklich verabschieden.
So sollte ein Konzert einer renommierten Band ablaufen, nicht mehr und nicht weniger.

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Abgesehen von dem tollen Auftritt war allerdings die An- und Abreise mehr als ärgerlich.
Nach knapp einer Stunde (!) einen Parkplatz finden sollte auch in der Saarbrücker Innenstadt nicht zur Gewohnheit werden. Abgesehen von den überteuerten Gebühren ist einfach nichts frei, so dass man sich als Autofahrer wirklich überlegt, den Weg überhaupt noch anzutreten. Da die öffentlichen Verkehrsmittel mitunter auch keine Alternative sind, kann ich mir gut vorstellen, dass die teilweise mageren Besucherzahlen auch diesem Umstand geschuldet sind.
Nicht jeder kann oder will den zeitintensiven An- und Abreisestress unterhalb der Woche hinnehmen, selbst wenn man ortsansässig ist. Und dieses Konzert hat mal wieder bewiesen, aus wie vielen Richtungen das Publikum kam. Damit wird der erfreuliche Faktor der zahlreichen interessanten Konzerte in Saarbrücken meiner Meinung nach immer mehr überschattet. (Jochen)

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Setlist BAD RELIGION:
American Jesus
New Dark Ages
Do What You Want
Atomic Garden
Let Them Eat War
Stranger Than Fiction
Along The Way
Conquer The World
Fuck You
Streets Of America
Tomorrow
Suffer
No Control
Against The Grain
Only Gonna Die
Wrong Way Kids
Anastesia
Come Join Us
No Direction
LA Is Burning
Overture/Sinister
Generator
Chico Digital
Sorrow
You
Punk Rock Song
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Handshake
Infected
Fuck Armageddon

(Fotos: Klaus)

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