Joe Bonamassa (09.10.2018, Esch-Sur-Alzette (LUX))

Bonamassa TourUnter dem Titel "Guitar Event Of The Year" finden jährlich zwei Tourneen des Bluesdominators aus New York statt. Dabei verlief sich der Tourname in den letzten Jahre etwas, da die Szenerie bei weitem nicht nur von seiner Gitarre beherrscht wird. Doch egal in welcher Konstellation JOE BONAMASSA auftritt, es sind immer Feste des Blues, ob mehr zum Soul und Jazz tendierend, wahlweise üppig oder reduziert akustisch, all die Arrangements bereichern die Songs zusätzlich. Dieses Mal hat er mit "Redemption" ein neues Album im Gepäck, wobei vier Stücke daraus bereits im Frühjahr vorgestellt wurden. Mit dem hat der Mann seine absolute Ausnahmeposition unter Beweis stellen können. Wie schlägt er sich auf der Bühne, die eigentlich seine Heimat ist? NECKBREAKER war für Euch im luxemburgischen Esch vor Ort, um dem Meister seine Aufwartung zu machen.

Wenig überraschend begann die Show exakt so wie auf der letzten Konzertrundreise, jenes Songquartett scheint sich am besten für die Livedarbietung zu eignen, auch wenn ich gerne noch mehr von dem Prachtwerk gehört hätte, wie etwa den Titeltrack. Doch man soll nicht meckern, die Nummern wurden allesamt großartig dargeboten, die zwei rockigen zuerst, wobei wieder die Plätze gegenüber der Konserve getauscht wurden. Und die wussten schon vollends zu überzeugen, die Band war bestens aufgelegt, das trieb nach vorne, ohne das Feeling zu vernachlässigen. Dazu gesellte sich noch ein Souleinschlag, der auch den ruhigeren Tunes zugute kam, großartig wie die Backgrounddamen ihre Gesänge unter das Solo legten.

Wobei hier allerdings Mahalia Barnes nicht an Bord war, so dass die beiden anderen nur als Duo agierten, aber ihre Kollegin kaum vermissen ließen. Der letzte Auszug des neuen Langspielers erwies sich wie bei seiner Premiere als ganz großes Kino, live bringt er sogar noch mehr PINK FLOYD-Atmosphäre mit rein. Reif, emotional, dicht, mitreissend bei aller Melancholie, die Bridge wird zum Gänsehautmoment. Wie sich Leadgitarre und weibliche Chöre ineinander schoben, machte den Titel zum unfassbaren Epos, am Ende gekrönt mit einem Clare Torry-Moment von Jade McRae, so muss Blues weiter entwickelt werden, um heute relevant zu bleiben.

Auch in der Folge blieb man dem Programm vom Frühjahr treu, es gab nur wenige Änderungen, und wenn blieb man beim Thema. So gab es andere Songs von Albert King und aus der "British Blues Explosion"-Geschichte ersetzte man eine LED ZEPPELIN-Coverversion durch einen Titel von JOHN MAYALL. Lediglich ein eigener Song fiel einer Nummer von B.B. KING zum Opfer, dabei könnte er problemlos die zwei Stunden mit eigenem Material füllen, so sehr hat er sich mittlerweile mit seiner etwas melodiöseren Herangehensweise definiert. In der Zugabe gab es noch eine Überraschung, als abschliessendes Epos kam eine seine ältesten Kompositionen, hier hätte man eigentlich "Sloe Gin" oder "Hummingbird" erwartet.

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Doch wie immer bei seinen Konzerten war es egal, was gespielt wird, oder wie Bonamassa es arrangierte, es ist immer ein Genuss, zu sehen, mit welcher Hingabe seine Band die Sachen auf die Bühne bringt. Der Chef selbst solierte dieses Mal noch häufiger als gewohnt und ließ seine Finger brillant über das Griffbrett gleiten, variierte dabei die Geschwindigkeit nach Belieben. Dazu kam der Anzugträger immer an den vorderen linken Rand der Bühne und zeigte sich auch in Sachen Posing sehr ausschweifend, wobei er jede Note zu fühlen schien.
Die Zuschauer rechts hatten da etwas das Nachsehen, doch eine Koryphäe wie Reese Wynans muss man ebenfalls am vorderen Rand positionieren. Sein Spiel ist so beseelt, dabei schien er unheimlich Spaß zu haben, hob ständig die Hand, um die Zuschauer anzufeuern, dabei schaute er mit seiner Brille wie eine Mischung aus verrücktem Professor und nettem Onkel von Nebenan aus. War er als Organist schon klasse, so zeigt sich seine Fingerkunst vor allem in jazzigen Pianopassagen, und was er aus dem Zep-Klassiker rausholte, hätte Ian Stewart zu Ehren gerreicht.

Neben ihm stand meist der schlacksige Michael Rhodes mit seinen schöne Vintage-Bässen, der Mann in schwarz war eine Erscheinung für sich. So lässig wie der Charakterglatzkopf mit dem eingeknickten linken Bein und dem ausgestreckten rechten dasteht, im Lexikon müsste unter "cool" ein Bild von ihm sein. Alleine sein Minenspiel ist das Eintrittsgeld wert, wie er die Augen rollt oder auch seinen Chef selbst beäugt, als würde ich meiner Tochter beim ersten Schulauftritt sehr kritisch zusehen, doch wer genau hinschaut erkennt stets das Zwinkern in seinen Augen. Und auch seine Bewegungen, besonders wenn er zusammen mit JOE BONAMASSA vorne rockt, sind so trocken, die beiden wippten immer schön hin und her, während seine vier Saiten dick groovten.

Sein Rhythmuspartner Anton Fig zockte locker aus dem Handgelenk und trieb die Truppe mit seinem warmen Ton voran. Dabei profitierte jeder von dem unglaublichen Sound, der bei der enormen Lautstärke jedes Detail plastisch heraus arbeitete, dass es eine wahre Freude war. Da muss man immer wieder die Rockhal hervor heben, deren räumliche Gegebenheiten das erst möglich machen, das kommt der Perfektion nahe, da auch nichts übersteuerte. Und sich mal zurücknehmen, wenn der Song es verlangt können dieses Ausnahmemusiker sowieso.
Hinten sorgte neben McRae auch noch Juanita Tippins für den ein oder anderen optischen Moment. Zu der punktgenauen Intonation ihrer Gesänge wie der gesamten Truppe bewegten sie sich auch sehr synchron auf ihrem Riser rechts hinten und untermalten damit die Dynamik der Songs. Natürlich besaßen auch die kleinen Schwarzen, welche sie auftrugen, unverkennbare Schauwerte. Beim Opener vom "Dust Bowl"-Album durften die beiden auch noch Teile des Leadgesangs übernehmen, was dem Song einen neuen Anstrich verlieh.
Dabei stand vor allem der Spaß im Vordergrund, so gelöst habe ich das Ensemble um Bonamassa selten erlebt, da merkte man wie eingespielt die Formation ist. Was allerdings der Gag sollte, dass jeder Mistreiter neben seinem Namen auch als Paulie Cerra vorgestellt wurde, erschloß sich mir nicht ganz. Auch er durfte ein paar Vocals beisteuern, ohnehin setzte er sich mit seinem Saxophon öfter in Szene, ebenso wie sein Nebenmann Lee Thornburg an der Trompete.

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So erlebt man immer etwas Neues, auch wenn man den Künstler in den letzten knapp fünf Jahren schon siebenmal gesehen hat. Mit seiner aktuellen Begleitung scheint er seine optimale Besetzung gefunden zu haben, sie verkörpern neben Blues noch so viel mehr. Puristen mögen das bemängeln, aber wer noch so tief in den Wurzeln beheimatet ist, die Klassiker mit so viel Respekt darbietet, der darf auch neue Türen aufbrechen. Es ist kein Wunder, dass derzeit niemand an ihn heran kommt, mit "Redemption" hat er wieder so großartig vorgelegt und live Taten folgen lassen. Wenn sich Zuschauer wirklich auf die neuen Stücke freuen, dann hat der Künstler alles richtig gemacht. JOE BONAMASSA geht weiter allein voran in seiner eigenen Liga. (Pfälzer)

Setlist JOE BONAMASSA:
King Bee Shakedown
Evil Mama
Just ´Cos You Can, Didn´t  Mean You Should
Self-Inflicted Wounds
I Get Evil
Little Girl
No Good Place For The Lonely
How Deep The River Runs
Breaking Up Somebody´s House
Slow Train
Nobody Loves Me But My Mother
Boogie With Stu
Last Kiss
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Mountain Time

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