Uriah Heep + The Zombies (02.11.2018, Saarbrücken)

uriahheep tourflyerIn Zeiten, in denen viele der alten Acts ans Aufhören denken oder tatsächlich die Instrumente beiseitegelegt haben, sind die britischen Hard Rocker davon noch weit entfernt. Einst als Kronprinzen hinter den großen Drei gestartet, waren diese eine der produktivsten Acts in dem Metier. Eine Zeitlang sah es ja so aus, als würden URIAH HEEP als Nostalgieact versauern, doch seit zehn Jahren haben sie einen Lauf, der auch vom Ausscheiden oder Tod verdienter Mitglieder nicht zu stoppen ist. Neben ihren Konzertverpflichtungen fanden sie die Muse, im Herbst ein neues Studioalbum rauszuhauen, mit dem sie ihren Sound in die heutige Zeit überliefern. Mit dem äußerst vitalen „Living The Dream“ leben sie ihren Traum der ewigen Rockstars weiter, auch wenn der Job heute ein ganz normaler ist. Auf der dazugehörigen Tour war NECKBREAKER für Euch in Saarbrücken dabei, als sie mit ihren alten Freunden von THE ZOMBIES unterwegs waren.

THE ZOMBIES
Ohne jeden Zweifel sind URIAH HEEP live stets eine sichere Bank. Der ausschlaggebende Grund für den freitäglichen Konzertbesuch gab mir allerdings der mitgereiste Special Guest THE ZOMBIES. Obgleich die Band immerzu rege und munter geblieben ist, und zwar sowohl im Studio als auch auf der Bühne, haben ihre Abstecher nach Deutschland eher Seltenheitswert.
Somit konnte im Vorfeld keinerlei Prognose hinsichtlich ihrer Live-Performance abgegeben werden. Glücklicherweise hat das Quintett etwaige Vorhersagen auch gar nicht nötig, da zu keiner Sekunde daran gezweifelt werden kann, dass hier geballte Kompetenz auf den Brettern steht; schließlich existiert die Gruppe schon seit den frühen 60ern. Von angegrauten Herren kann folglich lediglich äußerlich - und das auch nicht von jedem - gesprochen werden. Sänger Colin Blunstone verfügt noch immer über seine kastanienbraune Lockenpracht.

THE ZOMBIES steigen mit "I Want You Back Again" ins Set und spielen sich im Anschluss durch die Palette ihres hitreichen Backkatalogs, wobei auch Stücke des aktuellen Albums "Still Got That Hunger" nicht vernachlässigt werden. Dass neben dem Barden auch Keyboarder und Mitbegründer Rod Argent abseits der Stammband musikalische Erfolge vorzuweisen haben, dokumentiert sich in den Covernummern "Old And Wise" (ALAN PARSONS PROJECT) und "Hold Your Head Up" (ARGENT). Nachdem "Time Of The Season" bereits unerwartet früh in der Mitte des Gigs gespielt wurde, bildet das nicht minder bekannte "She's Not There" den krönenden Abschluss. (David)

URIAH HEEP
Recht früh ging dann die Hauptband auf die Bretter, doch wegen der nachfolgenden Discoevents muss rechtzeitig umgebaut werden. Naja, glücklicherweise gab es nur einen Support, damit man nicht nach Feierabend direkt los muss. Feierabend ist bei dem nimmermüden Urgestein noch lange nicht, der Tourkalender ist immer noch prall gefüllt und als Beweis für die nach wie vor vorhanden Power hat man ein halbes Dutzend neue Stücke ins Set gepackt. Dabei machte sich die Eröffnungsnummer wie schon auf dem Album mit ihrem hymnischen Chorus sehr gut. Bei so viel Druck hätte es die Nebelfontänen gar nicht gebraucht, um die Menge sofort auf Betriebstemperatur zu bringen. Die Wolken sollten dem Titel entsprechend himmlisch anmuten, doch das tun die mächtigen Chöre ja schon genug.

Es war überraschend wie gut die neuen Stücke ankamen, aber als Frontmann Bernie Shaw nach der zweiten Kostprobe nachfragte, wer im Besitz der Scheibe sei, gingen viele Hände nach oben. Auch wenn der neue Opus sehr frisch und spontan klingt, so entfalten die Stücke erst live ihre volle Wirkung. Hier tönen sie wirklich nach URIAH HEEP, während mich auf Konserve der trockene, zeitgemäße Sound etwas stört. Zum Glück stimmte das Klangbild an dem Abend, was in der Garage öfter mal nicht der Fall ist, doch auch der Mischer hat die Routine und Klasse der Fünf auf der Bühne. Doch die Routine ließ die Band nie durchscheinen, das war kein Abspulen eines Programms, sondern der gelebte Spaß am Auftritt vor einem vollen Venue.

So setzte sich auch die Setlist zusammen, von den zehn im Frühjahr beim SwedenRock gespielten Tracks fanden sich gerade mal noch fünf an dem Abend wieder, wobei dies die absoluten Pflichtnummern waren. Zu Beginn wechselte man stets zwischen einem neuen Stück und einem Klassiker ab, bevor man diese gegen Ende vermehrt einstreute. Hier grub man auch ein wenig tiefer im eigenen Fundus und packte ein paar seltener gespielte Perlen aus. Interessant war ebenso, dass die ganz große Mitsinghymne, welche Jahrzehnte das Set beschloss, immer weiter nach vorne wandert und dieses Mal in der Mitte des Konzerts gebracht wurde. Natürlich spricht es für das Selbstverständnis der Herren, Gassenhauer wie „Look At Yourself“ außen vor zu lassen, während ein Stück vom aktuellen Longplayer den Schlusspunkt setzte.

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Und so spritzig wie die Songzusammensetzung zeigte sich auch die Formation bei der Darbietung, auch wenn man schon länger als 85 Minuten spielte. Doch angesichts des Alters muss man immer noch den Hut vor der Leistung von Mick Box und seinen Mannen ziehen. Das letzte Originalmitglied beackerte seine linke Bühnenseite unablässig und war hinter seiner Sonnenbrille bestens gelaunt. Die Riffs schoss er knackig aus seiner Hüfte und in seinen Soli lief er zu Hochform auf. Ob schnelle Fingerübungen oder die schweren psychedelischen Töne mit viel Wah Wah-Unterstützung, alles saß auf den Punkt. Er agierte sogar so tight, dass er bei seinem typischen Malen der Melodien in der Luft mit seiner rechten Hand exakt auf die Schläge von Russell Gilbrook ankam.

Seine Mitstreiter standen dem in Nichts nach, Phil Lanzon übernahm trotz seines Standes rechts oben hinter den Tasten viel Publikumsinteraktion. Wenn man sah, wie er sich gebärdete, wie er jeden Ton mit einer Geste unterlegte, wie er mit seinem Mikro für die mehrstimmigen Chöre spielte, musste man fast befürchten, dass er plötzlich hervor kommt und die Frontmann-Rolle übernimmt. Die war natürlich ganz klar in der Hand von Shaw, der auch nach mehr als dreißig Jahren den großartigen Performer gibt. Er windete sich, er dramatisierte, er flehte und sog die Atmosphäre der Kompositionen voll in sich auf. Dann wiederum kam er weit nach vorne beugte sich fast in Publikum und suchte den direkten Augenkontakt, während er sicher weiter sang. Trotz des hohen Bewegungspensums war er phantastisch bei Stimme und traf selbst die höchsten Töne.

Mit den Jahren wächst auch Dave Rimmer mehr und mehr in seine Rolle als Bassist hinein. Nach dem Tod von Trevor Bolder zog er eher unscheinbar sein Spiel durch, doch mittlerweile entwickelt er Persönlichkeit und hat deutlich mehr Präsenz. Er tut gut daran nicht genau die selben Posen seines Vorgängers zu kopieren, doch auch er lässt sein Arbeitsgerät gerne etwas kreisen. Aus edlen Langhölzern wie einem John Entwistle Signature-Viersaiter oder einem Modell mit LEDs im Hals entlockt er tiefe atmosphärische Töne, welche die Songs wohlig tragen.
Dahingegen sollte sich sein Rhythmuspartner wie schon beim Festivalauftritt angemerkt ein bisschen zurück halten und in manchen Passagen einen wärmeren Ton anschlagen. Sicher ist die Power der Band heutzutage auch seinem kraftvollen Spiel zu verdanken, doch in so manchen sich steigernden Breaks wäre weniger Muskeleinsatz mehr. Dem Publikum war es indes egal, so mancher hatte auch etwas Antrieb nötig, weswegen Gilbrook hier seinen Job sehr gut erledigte. Seine Rhythmen wurden immer wieder von den Zuschauern aufgenommen, um dann bis zum Ende begeistert mitzugehen. (Pfälzer)

Setlist URIAH HEEP:
Grazed By Heaven
Return To Fantasy
Living The Dream
Too Scared To Run
Take Away My Soul
Rainbow Demon
Waters Flowin´
Lady In Black
Rocks On The Road
Gypsy
July Morning
Easy Livin´
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Sunrise
Knocking At Your Door

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