D-A-D + Hangarvain (13.12.2019, Mannheim)

20191213 DAD MannheimFreitag der Dreizehnte? Mit D-A-D Geschichte, in der ehemaligen Alten Seilerei lassen die Dänen die Korken knallen und liefern ein Konzert ab, das es in sich hat. Selten ist eine Setlist derart gut abgestimmt, selten eine Band besser aufeinander abgestimmt. D-A-D sind 2019 stärker als jemals zuvor, was bereits das starke “A Prayer For The Loud” vermuten ließ und nun auch live unter Beweis gestellt wird.

HANGARVAIN

Bis zu diesem Abend habe ich noch nie etwas von HANGARVAIN gehört. Die italienische Band ist bereits seit 2013 aktiv und hat im Oktober dieses Jahres ihre vierte Platte veröffentlicht. Sänger Sergio Toledo Mosca zählt zu den Frontmännern dieser Erde, die auf die Bühne treten und sofort das Publikum im Griff haben. Derart viel Ausstrahlung könnte sich manch anderer nur wünschen. Noch dazu hat er eine wahnsinnig gute Stimme und animiert das Publikum bereits beim ersten Song zum Mitmachen. Die Band strotzt nur so vor Energie und irgendwie merkt man, dass sie extrem froh für den Support-Slot bei D.A.D. sind.

Gitarrist Alessandro Liccardo spielt mit seiner Telecaster ein derart hartes Brett, dass ich immer wieder auf die Gitarre und dann den Sound hören muss. Natürlich kann man mit dem entsprechenden Equipment aus jeder Gitarre einen derartigen Sound rausbekommen, aber das hier ist echt unglaublich. Ich hab noch nie einen derartigen Mördersound auf einer Telecaster gehört, großartig. Generell ist der Sound sehr gut, auch wenn das Schlagzeug am Anfang noch etwas laut ist, spätestens nach dem ersten Song hat der Mischer das im Griff.

Die Songs der Band grooven was das Zeug hält, und das Publikum spürt nach wenigen Songs, dass dies keine der üblichen Vorbands ist. Die Jungs machen einen hervorragenden Job und das liegt nicht nur an der coolen Musik. Auch die Show kann sich sehen lassen. Ob es nun Basser und Gitarrist sind, die mehrfach die Bühnenseiten wechseln oder der einzigartige blau leuchtende Mikroständer von Sänger Toledo. Die Musik rockt und die Band versteht es, sich auf der Bühne zu bewegen! Und wenn Alessandro sich gegen Ende der Show bei D.A.D. bedankt und das Publikum darum bittet die “Flame Of Rock N Roll” am Leben zu halten und junge Bands zu unterstützen, dann kommt das aus tiefstem Herzen. Hier lohnt sich definitiv ein genauerer Blick auf die Diskografie der Truppe und spätestens nach diesen dreißig Minuten ist jeder in der Halle aufgewärmt. Was mitunter auch an der genialen Zugabe liegt, bei der die Band ihre Version von “Black Betty” (RAM JAM) vorstellt. 

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D-A-D

Ganze sechs Songs von “A Prayer For The Loud” haben es in das Set von D-A-D geschafft,und das zu Recht! Denn die Platte kam insgesamt sehr gut bei den Fans an, und somit gibt es keinen Grund die Songs nicht live zu spielen. Wie mir Jesper im Interview kurz vorher noch erzählt, ist er darüber sehr erfreut und auch ein wenig verwundert, gerade weil das Set häufig umgestellt wurde.

Den Anfang des Sets macht daher das rollende “Burning Star”, die erste Single des aktuellen Albums, und die Stimmung im Saal kocht über. D-A-D inzensieren ihren Einstieg samt Intro auf gekonnte Weise, und Bassist und Gründungsmitglied Stig lässt umgehend den roten Baron fliegen. Mit dem anschließenden “Evil Twin” von “Everything Glows” hätte ich nicht wirklich gerechnet, live geht der Song aber noch mehr nach vorne als auf Platte, und das ist in den ersten Reihen deutlich zu merken. Ein Kollege hinter mir lässt sein Glas fallen (da gab es wohl kein Halten mehr) und den Rest des Konzertes steht in unserem Bereich ziemlich jeder auf den Scherben rum, zum Glück hat man ja festes Schuhwerk. D-A-D greifen anschließend mit “Jihad” und “Rim Of Hell” auf jenes Album zurück, dass sie in Dänemark durch die Decke gingen ließ. Es verwundert wie gut der anschließende aktuelle Track “Nothing Ever Changes” zum klassischen Material passt. Spätestens jetzt ist mehr als deutlich, wie stark die letzte Tournee der Band das neue Material beeinflusst hat. Was nicht bedeuten soll, dass es ein reiner Abklatsch ist, ich würde es eher als großartige Fortsetzung sehen. Gerade live fällt so etwas besonders auf, da das Set insgesamt sehr stimmig wirkt. Eigentlich so stimmig, wie ich es selten auf einem Konzert erlebt habe.

So ist man vom ersten bis zum letzten Song eigentlich durchgehend am Mitsingen, was auch D-A-D auf der Bühne mitbekommen und bei “Everything Glows” die lauten Chöre bemerken. Jesper lächelt erfreut und befeuert Mannheim immer wieder mit seinen Ansprachen, die zum Lachen und Feiern animieren “Mannheim! Heute ist Freitag, Freitag heißt Kopf auf!”. Das gebrochene Deutsch des sehr sympathischen Dänen ist über die Jahre zu einer Art Markenzeichen der Band avanciert, und es macht einfach so viel Spaß, dem Herrn dabei zuzuhören, wie er sich nach wie vor an der Sprache versucht. Natürlich gekonnt selbstironisch, was einmal mehr die Sympathie der Band ausmacht.

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Mit “Everything Glows” schafft es sogar ein zweiter Song des titelgebenden Albums auf die Setlist, und auch hier ist wieder Mitsingen angesagt. Als Jesper nun das Publikum fragt, ob es einen alten oder neuen Song hören will, ist die Frage schnell geklärt. Mit “A Prayer For The Loud” geht es weiter, und in den ersten Reihen gibt es nun kein Halten mehr. So muss das sein, tanzende Fans, singende Fans, Glas fallenlassende Fans und ja sogar rauchende Fans sind zu sehen. Alle am Mitsingen und wirklich alle haben “den Kopf auf”, um es in Jespers Worten zu sagen. D-A-D haben die Menge fest im Griff, und es wird einmal mehr deutlich, wie großartig diese Band eigentlich ist. Leider sind die Süddeutschland-Abstecher in den letzten Jahren sehr rar gesät gewesen. Kein Wunder, das an diesem Abend der MS Connexion Complex bis in die letzten Reihen gefüllt ist, Bochum ein Tag vorher war sogar ausverkauft. Mit “Grow Or Pay” und “The Sky Is Made Of Blues” bekommt die Stimmung keinen Abbruch, nur meine Stimme fängt langsam an zu brechen, doch das ist mir an diesem Abend mal egal.

Es folgen zwei Tracks, die überwiegend von Bassist Stig gesungen werden. Dabei ist es eine wahre Pracht dem großen Dänen dabei zuzusehen wie er die Songs zelebriert und eine kleine Show dazu vorbringt. “Jackie’O” und “Riding With Sue” bieten sich hierfür natürlich mehr als nur an, aber Stig setzt noch einen oben drauf. Generell ist er ja schon viel in Bewegung, aber was er da auf der Bühne fabriziert ist einfach nur großartig. Manch einer mag sich an dem Auftreten des Bassisten eventuell stören, aber das ist eben mitunter die Ironie bei der Sache, und Stig nimmt die Band gewiss sehr ernst, schließlich ist sie sein Leben. Was jedem, der den Film “True Believers” gesehen hat, klar sein dürfte.

“The Real Me” gibt dem Song, der auch auf Platte schon Ohrwurmcharakter hat, noch mehr Druck und Mannheim singt lauthals mit. Die Hüften kreisen lässt die Halle anschließend zum absolut genialen Riff von “Monster Philosophy”, der Titeltrack des Albums hat es noch immer in sich und geht durch Mark und Bein. Das Video zu “I Want What She’s Got” ist und bleibt einzigartig und auch live ist der Track seit der Veröffentlichung von “DIC·NII·LAN·DAFT·ERD·ARK.” fest im Programm. Kein Wunder, die Nummer rockt einfach nur und macht höllisch Spaß. Seit einiger Zeit baut Jesper hier stets den “Komm schon Laust, wir wissen du schaffst das!”-Part ein, bei dem er und Laust zusammen unter Einbeziehung des Publikums eine kleine Comedy-Show inszenieren. Man könnte auch sagen “Jesper verbessert seine Deutschkenntnisse”. In jedem Fall kommt es auch an diesem Abend verdammt gut an, und durch viele spontane Einlagen von Jesper bietet der Part auch stets genügend Abwechslung. So ist Jesper an diesem Abend der Meinung, dass er Mannheim heute Mittag gerochen hat und es genauso riecht wie ein süßer Weihnachtskuchen.

Das freut die Menge und so wird der erste Besuch von D-A-D in Mannheim zum vollen Erfolg. Viele Bands versuchen derartige Showeinlagen und scheitern, was oftmals daran liegt, dass man es ihnen nicht voll abkauft. Bei D-A-D ist genau das eben nicht der Fall. Die Jungs nehmen sich selbst nicht zu ernst und strotzen nur so vor Humor und Selbstironie. Das macht sie nicht nur sympathisch, sondern lässt genau diesen Teil vom Konzert zu einem kleinen Höhepunkt werden. Jesper ist schon grundsätzlich dadurch sympathisch dass er mit dänischem Akzent seine Deutschkenntnisse ohne Rücksicht auf Verluste ausprobiert, was für einige Lacher im Publikum sorgt. Ich bin auch eher von der Fraktion “Weniger reden, mehr spielen bitte”, doch bei D-A-D ist das eine absolute Ausnahme, ich könnte Jesper den ganzen Abend zuhören und müsste vor Krämpfen vermutlich in die Notaufnahme.

Mit “No Doubt About It” beendet die Band das reguläre Set mit einem aktuellen Song, der keine Fragen offenlässt, großartig. Nach kurzen Rufen steigt die Band gekonnt mit dem genialen Riff von “Bad Craziness” in den Zugabenblock ein. Nun gibt Mannheim alles und Jesper freut sich sichtlich darüber. Ein guter Song ist und bleibt eben ein guter Song, und wer kann sich mit “Bad Craziness” nicht identifizieren? Jeder kennt doch diese Tage oder? Auf die Frage hin, dass morgen Samstag sei und was man da tut, weiß Mannheim umgehend die Antwort “Sleeping My Day Away”. Der noch immer größte Hit der Band ballert nach wie vor ordentlich, und D-A-D ziehen ihn gekonnt mit viel Improvisation und ein paar Jam-Parts in die Länge. Mit “Laugh 'n' a ½” auf der Akustikgitarre beginnt der ruhige und gänsehautlastige Teil des Abends. Jacob und Jesper spielen den Song mit so viel Gefühl, dass ich echt an mir halten muss. Dabei hat mir Jesper zuvor im Interview noch erzählt, sie seien nicht so gut in Unplugged-Kram, bescheiden wie immer. Mit “It’s After Dark” findet das fast zweistündige Konzert anschließend einen fulminanten Abschluss, der keine Wünsche offenlässt.

Selten habe ich eine derart gut abgestimmte Setlist erlebt, natürlich hätte die Band noch gut zwei Stunden weiterspielen können, doch im Grunde war es eine absolut runde Sache. Die Qualität von “A Prayer For The Loud” war mir bereits beim Review der Scheibe bewusst. Doch erst nach dem Konzert ist mir klar, dass es sich erneut um ein Album handelt, über das in zehn Jahren noch gesprochen wird. D-A-D sind stärker denn je, und es ist ein wahres Fest dieser Band zuzuhören. Schon jetzt bin ich auf das nächste Album, die nächste Tour, die nächsten Deutschworte, einfach auf alles was als Nächstes von der Band kommt gespannt. “'Coz you won't believe what I believe when I'm alone. Bad Craziness”. (Pascal)

Setlist D-A-D:

Burning Star
Evil Twin
Jihad
Rim of Hell
Nothing Ever Changes
Everything Glows
A Prayer for the Loud
Grow or Pay
The Sky Is Made of Blues
Jackie O'
Riding With Sue
The Real Me
Monster Philosophy
I Want What She's Got (Laust)
No Doubt About It
Bad Craziness
Sleeping My Day Away
Laugh 'n' a ½
It's After Dark

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(Fotos: Anne)

 

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