Die Zeit steht still - Neil Peart an Hirntumor verstorben

NeilPeartWie heute Morgen bekannt wurde, verstarb Neil Peart, Drummer von RUSH bereits am Dienstag, den 7. Januar an einem Hirntumor. Mit den kanadischen Prog-Ikonen setzte er über vier Jahrzehnte Maßstäbe in der Rockmusik. Bis zuletzt wurde die Krankheit des 67-jährigen nicht publik gemacht, für Fans der Band eine riesiger Schock. Sein Rückzug ins Privatleben 2015 besiegelte nach einer letzten Tour das Ende der Band. Ob er zu dem Zeitpunkt bereits von seiner Krankheit wusste, ist nicht bekannt, denn nach Angaben der Band kämpfte er mehrere Jahre gegen die Krankheit. Es passt zu dem stillen, bescheidenen Arbeiter hinter dem Schlagzeug, der dennoch viel mehr aus seiner Rolle machte als jeder andere. Mit seiner Band, der für mich besten aller Zeiten, schuf er ein Vermächtnis, welches weit über die Musik hinaus ging, möge die Musik ewig überdauern und ein Trost für alle Hinterbliebenen sein. Unser Redakteur Rainer "Pfälzer" Petry versucht seine Trauer irgendwie in Worte zu fassen, am Ende bleiben nur Tränen.

Bis zuletzt hatten die Anhänger des legendären Trios auf eine Rückehr gehofft, doch dazu wird es nie mehr kommen. NECKBREAKER kann sich nur vor dem vielleicht besten Schlagzeuger der Geschichte und seinem Werk verbeugen. Er schaffte es sogar an die Posterwände von Kulissen deutscher Telenovelas, obwohl sich RUSH dem Mainstream stets verweigerten. Das sagt alles über seine Größe und Einfluss aus, der auf ewig in der Rockmusik verankert bleiben wird. Einer der ganz großen ist von uns gegangen, ein Mann, der stets seinen Weg ging.
Ich weiß nicht, ob es ein Trost ist, dass die Musik von RUSH vielleicht die wohl am besten dafür geeignete ist. Es heißt ja, dass sie Depressionen lösen kann, und in der Tat förderten die Songs eine gewisse Transzendenz in friedlichere Sphären hervor. Auch mich hat sie durch so viele dunkle Zeiten geleitet, immer den Himmel aufgehellt, wenn er sich gegen mich verschworen zu haben schien. Dabei schienen mir die Kompositionen zu Beginn seltsam fremd, ich musste erst begreifen, dass ich eine Tür in eine bessere Welt öffnen musste.

Neil Peart hatte viel Anteil daran, denn sein Spiel war nicht von dieser Welt, seine Breaks inspirieren bis heute Legionen, die sich hinter der Schießbude austoben. Dabei tobte sich der Mann nie aus, er strahlte stets so eine Ruhe und Besonnenheit aus, zog daraus die ungeheure Kraft. Wie er seine Stöcke über sein Kit gleiten ließ, war nur magisch, er entlockte ihm Tonfolgen, die selbst in der Hochphase des Prog unmöglich schienen. Die Präzision dabei war unfassbar, doch das verstand sich als Teil seiner unermüdlichen Arbeit.
Würde es einen Doktortitel für Schlagzeugspiel geben, der Feingeist hätte ihn verliehen bekommen. Bei ihm hatte jeder, so wunderbar geschlagenen Ton seinen Platz, alles war so wohl durchdacht und hob gerade deshalb die Lieder auf ein anderes Niveau. Er versprühte eine Leichtigkeit bei Dingen, die alles nur nicht leicht waren. Es bedarf schon eines großen Vertrauens in seine eigenen Fähigkeiten, wenn man ein Dumsolo im Studio aufnimmt, Peart hat es gewagt und mit "Tom Sawyer" einen Monolithen für die Ewigkeit geschaffen.

Doch er stellte sich nie in der Vordergrund, auch wenn sein Schlagzeugburg öfter fahrbar auf der Bühne unterwegs war und Peart es gekonnt hätte. Ja, vielleicht war es dieser Wesenszug, der ihn dazu veranlasste, seinen Kampf gegen den Krebs nicht öffentlich auszutragen, sondern diesen hinzunehmen, wie schon so vieles in seinem Leben. Seine Aufgaben beschränkten sich nicht nur auf das geniale Spiel, der Visionär war auch Texter der Formation, eine Konstellation, so ungewöhnlich, wie es eben nur RUSH sein konnten.
Sein weiteres Talent zeigte sich schon direkt, als er John Rutsey 1974 im ursprünglichen Trio ersetzte und so den Weg zur Weltkarriere ebnete. Seine tiefen philosophischen Beobachtungen hoben die Truppe ebenfalls aus der Masse heraus, er war der Kopf hinter der Konzeptstory von "2112", mit der 1976 der Durchbruch gelang. Später reichte ihm das Texten von Songs nicht mehr und er verdingte sich nebenbei als Schriftsteller. Und auch seine große Leidenschaft das Schlagzeug sezierte er auf der DVD "Anatomy of A Drumsolo" genüsslich mit seinem scharfen Verstand.

Dabei war sein Weg nicht immer leicht, der Weg des Mannes, der bis zur finalen Tournee an seiner Technik gearbeitet hat, um diese noch weiter zu verbessern. 1997 verlor er seine Tochter Selena bei einem Autounfall, seine Frau wurde ihm ein Jahr später ebenfalls vom Krebs genommen. Neil Peart verarbeitete seine Trauer auf seine Art und fuhr jahrelang mit dem Motorrad ziellos auf dem nordamerikanischen Kontinent umher, eine Reise, die er in dem Buch "Ghost Rider: Travels On The Healing Road" dokumentierte.
So gelang es ihm sich ins Leben zurück zu kämpfen, wieder mit RUSH zu arbeiten und später erneut zu heiraten. Nun sind es seine Frau und seine zehnjährige Tochter, die um ihn trauern. Sein Kind war der Hauptgrund, weswegen der Virtuose die Stöcke für immer beiseite legte. Ich kann nur hoffen, dass er ihr in seinen letzten Jahren viel für ihr Leben mitgeben, die gemeinsame Zeit genießen konnte. All unsere Gedanken sind bei ihnen, mögen sie vielleicht in seiner Arbeit, in seinem Vermächtnis Trost finden, wie es so viele andere fanden. Und in dem Gedanken, ihm so nahe gewesen zu sein, wie niemand sonst. Rest In Peace, Neil! (Pfälzer)


"Make each impression a little bit longer,
 freeze this motion a little bit longer,
 the innocence slips away...
 Summer´s going fast - night growing colder,
 children growing up - old friends groing older,
 experience slips away..."

neil peart hero

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