Behemoth - I Love You At Your Darkest

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Vor mehr als vier Jahren definierte sich Polens führende Extremband neu, indem sie ihre schwarzen Wurzeln wieder heraus kehrte. Nach längerer Zwangspause durch die Erkrankung von Mastermind Adam „Nergal“ Darski kam die Truppe mit noch größerer Stärke zurück, „The Satanist“ wurde zum triumphalen Meisterwerk. Doch nun müssen sich BEHEMOTH erneut beweisen, der Nachfolger ließ ebenfalls lange auf sich warten. Natürlich war der Bandchef in der Zwischenzeit mit seinem Countryprojekt ME AND THE MAN und vielen Liveverpflichtungen beschäftigt, bei denen auch das Dokument „Messe Noir“ aufgezeichnet wurde. Doch nun steht der Nachfolger endlich in den Läden, was kann uns „I Loved You At Your Darkest“ bieten?

Dabei stellt sich zuerst die Frage, wie man auf so einen Hammer noch einen drauf setzen kann, etwas, was Nergal schnell als unmöglich abgehakt zu haben schien. So nimmt er die Strukturen komplett auseinander und füllt zahlreiche Einflüsse von außen herein, um am Ende alles wieder zusammen zu setzen. Doch genau bei jenem Prozess wollte er womöglich zu viel, denn er lässt all diesen neuen Klangzutaten zu wenig Zeit, sich zu entfalten, viel zu schnell gehen weite Strecken über die Bühne. Wo die Wucht auf dem Vorgänger sich vor allem in der Häufung der Wellen offenbarte, die über den Hörer hinweg schlugen, werden diese nun an zu vielen Felsen gebrochen, die im Songwriting heraus gehauen wurden.

Das verstört natürlich noch mehr, als es „The Satanist“ mit seiner morbiden Ästhetik vermochte. Provozieren liebte der Bandchef schon immer, der Kinderchor, der Weisen über Vergebung im Intro „Solve“ fast heraus schreit, sorgt auf jeden Fall schon mal für Aufsehen. Dessen von Orgel und Gitarrenflächen begleitete Sphärik findet man am Ende von „God=Dog (Food)“ erneut, wodurch die ersten drei Stücke als Trilogie funktionieren, und mit neun Minuten eben die zu knappen Arrangements verdeutlichen. Die wuchtigen Drums, welche vom Schlussakkord „We Are The Next 1000 Years“ zum Outro „Coagula“ überleiten wirken am Ende dieses Stückes fast wie abgehakt.

Natürlich findet man die typischen BEHEMOTH-Elemente immer noch zu Genüge, der eigentliche Opener „Wolves Of Siberia“ schießt mit sirrenden Gitarren und Blastbeats unbarmherzig nach vorne. Die Drumbreaks, die Inferno mit den Becken rausballert sind schlicht atemberaubend. Raserei findet man auch im lodernden „Angelvs XIII“ oder dem bereits erwähntem Rausschmeißer, wobei hier vor allem im Refrain der Gesang eher eine gewisse Schwere in sich birgt. Sowohl beim erstgenannten Song als auch beim Eröffnungstrack wird dieses Tempo nicht konsequent durchexerziert, sondern ruhige Parts eingebaut. Die Art wie dann auch Gitarrenflächen über die vorherrschende Raserei gelegt werden, erinnert nicht selten an SATYRICON.

Die Norweger haben auch bei „Ecclesia Diabolica Catholica“ ihre Spuren hinterlassen. Schon bei den flächigen Riffs zu Beginn ist da eine gewisse Nähe nicht zu verleugnen. Die auf „I Love You At Your Darkest“ so präsenten kraftvollen Drumsfills leiten dann über zum für sie ebenfalls typischen stampfenden Rhythmus. Nach einem akustischen Zwischenspiel lassen die Polen mithilfe von Waldhörnern Weite entstehen, die den selben avantgardistischen Anspruch unterstreicht.
Neben der Nähe zu den Genregenossen, findet man etwa im flirrenden „Havohej Pantocrator“ mit MOONSPELL auch noch Querverweise zu einer weiteren Formation, die einst ihr Anfänge in der schwarzen Kunst hatte. Besonders das als Video veröffentlichte „Bartzabel“ könnte aus deren Feder stammen. Hier übernimmt das Schlagzeug viel Führungsarbeit, die Grundstimmung wirkt verzweifelt, das Solo am Ende überraschend schön. Im Refrain duelliert sich Nergal großartig mit einem gregorianischen Chor.

Den gibt es auch in „God=Dog (Food)“, das noch ruhiger, fast rockig zur Sache geht. Der Bass von Orion, der hier prominent vertreten ist, wurde auf dem gesamten Werk angenehm heraus gemischt. Rockig biegt auch „If Crucifiction Was Not Enough“ um die Ecke und offenbart eine Gothic-Schlagseite, bevor ein Ausbruch am Ende dessen Atmosphäre zerfetzt. Plötzlich tauchen da noch alternative, progressive und doomige Momente auf, um endgültig jene einnehmende Attitüde des Vorläufers zu untergraben.
Proggige Ansätze findet man ebenso im zähen „Sabbath Mater“, der nicht nur vom Titel her zwischen BLACK SABBATH und MOONSPELL pendelt. Dessen Riffmonster müssen sich gegen Blastattacken erwehren, was einen ungemein fordernden Sog entwickelt. Der rockige Refrain reißt zusätzlich mit, was die Nummer am ehesten an die Macht von „The Satanist“ heran rückt. Insgesamt aber erreicht „I Loved You At Your Darkest“ diese nicht ganz, es wurde zu viel gewagt, aber dass sich BEHEMOTH auf ihrem Erreichten ausruhen, kann man ihnen zumindest nicht vorwerfen. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 46:53 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 05.10.2018

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