Snowy White & The White Flames - The Situation

snowywhite thesituationEin weitgereister des Rock folgt den Spuren anderer Gitarrengrößen wie ROBIN TROWER, und ist auf der Welle des aktuellen Bluesbooms wieder weitaus aktiver als im letzten Jahrzehnt. Als nicht ganz gleichberechtigter Partner einst zu PINK FLOYD  geholt, um den Sound live voller zu machen kommt ihm die Rolle heute noch bei ROGER WATERS zu. Bei THIN LIZZY gab er auch ein Gastspiel, bevor er mit "Bird Of Paradise" einen kleinen Solohit hatte. Mal nennt SNOWY WHITE seine Begleitband BLUES AGENCY, derzeit firmiert diese wieder unter WHITE FLAMES. Mit denen hat er jetzt mit "The Situation" ein neues Album auf den Markt gebracht.

Der Mann gehört zu den ruhigen Gesellen der Zunft, auch auf der Bühne bei Waters hält es ihn meist im Hintergrund. Musikalisch lässt er es ebenfalls selbst für Bluesverhältnisse außerordentlich sanft angehen. Wer sich an die angesprochene Solosingle erinnern kann, der weiß in welche Richtung die Scheibe tendiert, allerdings ohne die glatte Achtzigerproduktion. Bei seiner Kollaboration mit den legendären Hard Rockern um Phil Lynott hört man genauso seinen Einfluss heraus, "Sugar Blues" war schon ein Fingerzeig, doch "Renegade" verrät seinen Komponisten noch deutlicher.

Es ist eben sein Stil, an dessen offener Stimmung sich JOE BONAMASSA auf seinem letzten Album sicher orientierte. Da werden kaum klassische Blueslicks, geschweige denn Riffs verwendet, White baut auf sein Feeling in den vielen Fills, die er einstreut. Sogar auf klassische Rhythmusführung verzichtet er über weite Strecken. Bereits im eröffnenden Titelstück setzt er auf Percussions, welche nicht von ungefähr an SANTANA denken lassen. Ein Eindruck, der sich im funkigen Instrumental  "L.A. Skip" stärker aufdrängt, die Nummer könnte auf den Spätsiebziger-Werken des Latin Rockgottes stehen.

Doch wo dieses Stück, in dem die brüchige Stimme Whites nicht auftaucht, noch sehr sonnig rüberkommt, so fehlt doch ein wenig jene Lebensfreude, welche Einspielungen des guten Carlos stets auszeichnen. Selbst bei den Berührungspunkten mit seiner Jazz-Phase im verspielten zweiten Instrumental "Migration" wird der Unterschied deutlich. Klar in Sachen Gefühl, Arrangements, Kompositionen und auch zeitweiser Melancholie ist man auf einer Wellenlänge, aber der Protagonist versteckt sich hier zu sehr hinter britischem Understatement.
Oder ist es auch nur das Wetter seiner Heimat, das ihn Fragen wie in "Why Do I Still Have The Blues?" stellen lässt. Angesichts seiner Karriere könnte er ein wenig weniger schwermütig zu Werke gehen wir im neunminütigen Herzstück, zumal ihm hier Großes gelungen ist. Feine Leadtöne spinnen sich über eine sanfte Orgel, bevor er sich im Soloteil so richtig den Emotionen hingibt. Da steigt wunderbares knopflersches Picking aus den Flächen der Steel Gitarre empor, zu dem der Bass coole Figuren tänzelt.
Diese Coolness der DIRE STRAITS kann SNOWY WHITE noch öfter auf dem Album ausspielen. Etwa im souligen "Can´t Seem To Do Much About It", in welchem der Mann sich zurück nimmt, dafür Piano und Orgel das Feld überlässt. Ein Schwenk zu WISHBONE ASH wird immer dann eingelegt, wenn die Leadmelodien melodischer werden wie in "The Lying Game". Man bringt es sogar fertig in dem sehr ruhigen Kanon ein paar noch sanftere Momente einzubauen, die weinende Orgel von "This Feeling" sei da mal genannt.

Musikalisch weiß die Truppe zu überzeugen, auch wenn sich das Personal öfter unterscheidet ist das Zusammenspiel von blindem Verständnis geprägt. Jeder Ton ist so punktgenau gesetzt, dass er eine Wonne ist, dazu wird auf allzu viel Ballast verzichtet. Da steigt der Sechssaiter nur zu gerne ein, auch er hält sich mit seinen Tönen zurück, beweisen muss er niemanden mehr etwas, doch zu sagen hat er noch eine Menge. Ein paar wunderschöne Bluessoli wie im schleppenden "Crazy Situation Blues" lassen das Herz aufgehen, jeder Ton wirkt durchdacht und wird vom Interpreten mitgelebt.

"The Situation" ist ein Kleinod, dem vielleicht die ganz großen Höhepunkte fehlen, nur selten zeigen die Songs Temperament, so selten, dass man es fast übersieht. Das passiert dann schon im Opener mit dem kraftvollen Riff im Chorus, dem Solo vom Schlussakkord "I Can´t Imagine" oder dem pumpenden Bass unter "Blues In My Reflection". Selbst das beschwingte "You Can´t Take It With You" rauscht in knackigen zweieinhalb Minuten vorbei, dass man es fast nicht mitbekommt. Bisweilen stirbt die Scheibe in Schönheit, und lässt über die Spieldauer ein paar Längen zu. Connaisseure von Rotwein oder Whiskey am offenen Kamin dürfen sich trotzdem die Höchstnote denken. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 60:42 min
Label: Snowy White/Soulfood
Veröffentlichungstermin: 19.04.2019

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