Ich werde nicht nur alt, ich bin es auch schon. Das merke ich spätestens dann, wenn ich mich manchen Dingen im Leben nicht mehr erschließen kann oder will. Bei Musik erschließt sich mir das am deutlichsten, da sie doch eine sehr große Rolle in meinem Leben spielt. Und selbst da wird meine Objektivität schwer auf die Probe gestellt, wenn es um Bands geht wie SUMAC.
Ich hatte ja schon damals so meine Schwierigkeiten bei dem letzten Album „Love In Shadows“, das ich auch nur mit vielen Einschränkungen unter dem Banner Musik laufen ließ. Mit „May You Be Held“ hat das amerikanisch-kanadische Trio den Bogen weiter überspannt und sich weiter von musikalischen Ansätzen hin zu Geräuscheskapaden und arhythmischen Klängen bewegt.
Bestimmt gibt es ausreichend Abnehmer für diese Form der Kunst, mir fällt es allerdings schwer, diese Art von musischen Ergüssen zu verstehen und zu deuten. Sicher gibt es dabei ein Konzept, aber alleine fehlt mir die Muße und die Zeit, mich mit derart - wenn man so will - anspruchsvoller Darbietung auseinanderzusetzen. Noch schwerer gestaltet es sich für mich, „May You Be Held“ am Stück durchzuhören. Alleine der Anfang ist schon verstörend. Was wie ein quälender Gehörtest anfängt, baut sich zu einer Soundcollage à la SUMAC auf, die einen Besuch beim Zahnarzt als angenehm empfinden lässt. Rhythmus geschweige denn Melodien oder gar konventionelle Songstrukturen sucht man vergeblich in den ewig langen Songs, die lediglich mit einer eventuellen Pause die Pein kurzzeitig unterbrechen. Hier wird Wahnsinn und Chaos neu vertont.
Wie bereits erwähnt ist SUMAC keine Band für jedermann, aber einige Fans werden auch auf „May You Be Held“ abfahren, es sei ihnen gegönnt. Ich dagegen gehe hier mit mehr Fragezeichen aus der Nummer als gewünscht. Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden, und genau das ist das Geniale an der musischen Kunstform. (Jochen)
Bewertung:
6 / 10
Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 59:47 min
Label: Thrill Jockey Records
Veröffentlichungstermin: 02.10.2020
