Arc Of Life - Arc Of Life

arcoflife arcoflifeZum aktuellen Zustand von YES kann man keine belastbare Aussage treffen. Während die Originalband weiter auf ihre nächste "Best of"-Tour mit der Aufführung von "Relayer" wartet, scheint sich das Vehikel von Anderson, Wakeman und Rabin komplett aufgelöst zu haben. Egal was hinter den Kulissen abgeht, mit einem neuen Release kann vorerst nicht gerechnet werden. Da dachten sich die beiden jüngsten Mitglieder Sänger Jon Davison und Bassist Billy Sherwood, warum es nicht mal auf eigene Faust versuchen. Schlagzeuger Jay Schellen, der Alan White immer mal wieder vertreten musste, konnten sie sofort gewinnen, ebenso wie Jimmy Haun als Gitarrist, der immer wieder im Umfeld der Proglegende auftauchte. An den Tasten nimmt mit dem früheren SOUND OF CONTACT-Mann Dave Kerzner eine der interessantesten Personen der progressiven Szene Platz, der schon mit STEVE HACKETT gearbeitet hat. Gemeinsam ist man nun unter ARC OF LIFE unterwegs und hat das selbstbetitelte Debüt auf den Markt gebracht.

 

Schon das Cover lässt an gute alte Zeiten von Zeichner Roger Dean denken, wenn auch knalliger in den Farben und nicht ganz so rund. Den Bogen des Lebens wurde auf dem Artwork schön dargestellt und lässt den Hörer eintreten. Wie kaum anders zu erwarten, eröffnet sich ihm die Welt von YES in all ihren Farben, alle typischen Trademarks sind vorhanden und werden von den Mitgliedern gelebt. Der Bass von Sherwood hat zwar nicht ganz den klackernden Rickenbacker-Sound des späten Chris Squire, aber die Linien sind dennoch unverkennbar. Und dass Davison einen guten Ersatz für Anderson abliefert, dürfte sich schon herum gesprochen haben.

Die vier Saiten machen im ersten der beiden Longtracks auf sich aufmerksam, welche die Allstar-Kombination gegen Ende der Scheibe auffährt. "Locked Down" beginnt mit einer der typischen mehrstimmigen Harmonien, die sich in vielen Titeln wiederfinden. Dann ist eben Sherwood am Werk, der damit den Weg für ein schleppendes Riff eröffnet, das später von rockiger Attitüde abgelöst wird, aber auch später im atmosphärischen Mittelteil. Um den herum unternehmen ARC OF LIFE immer wieder kleine Ausflügen, bauen kurze Melodielinien ein, wechseln die Themen ständig durch und kommen doch immer wieder zum Refrain zurück, um den roten Faden aufrecht zu erhalten.

Auch das folgende "There For We Are" folgt dieser Herangehensweise, gibt sich insgesamt getragener, aber auch noch näher an dem, was YES ausmacht. Jimmy Haun liefert hier viele Leads ab, sein Ton ist dem von Trevor Rabin ähnlicher, sehr geschliffen, fast symphonisch, ähnlich wie auf "Keys To Ascension" oder "The Ladder", vom Spiel hat er sich jedoch eher etwas beim verspielten Steve Howe abgeschaut. Witzigerweise erinnert der sanfte von der Orgel getragene Part im zweiten Longtrack stark an GENESIS, das Stück geht am weitesten zurück in die Siebziger, inklusive seiner fast mystischen Coda.

Das die Herren das lange Format aber nicht benötigen, um viel in ein Lied zu packen, beweisen sie in den vier Minuten von "The Magic Of It All". Beim akustischen Auftakt wird Davisons Stimme durch den Vocoder gejagt, dann läuft die Melodie flott nach vorne ohne den Klampfenbackground zu ändern. Plötzlich knallen die vielleicht heftigsten Riffs der Scheibe rein, welche sich mit Bass und Synthesizer duellieren. Im Verlauf der Nummer tauchen diese unterschiedlichen Motive immer wieder auf und werden anders verknüpft.
Ähnlich rockt "Until Further Notice", dessen swingendes, fast bluesiges Riff ein wenig an DEEP PURPLE denken lässt. Keyboardstreicher stampfen rhythmisch voran und erzeugen mit den fast unbegleiteten Gesangsarrangements einen tollen Kontrast. Gitarreninput gibt es dann noch im passend betitelten Schlussakkord "The End Game", wenn auch in flächigen Gefilden. Im Zusammenspiel mit den "OhOhOh"-Chören findet sich "Arc Of Life" hier am tiefsten in den Achtzigern wieder.
Jene unterkühlte Atmosphäre wird in "Talking With Siri" auf die Spitze getrieben, wenn auch mit mehr feinen Spielereien und Breaks. Vieles baut lediglich auf Fills auf und erzeugt eine distanzierte Stimmung. Beim Blick auf die Lyrics ist die natürlich so gewollt, denn Billy Sherwood setzt sich da gekonnt mit der Problematik moderner Technik und ihren Folgen auseinander. Dabei gelingt es ihm und seinen Mitstreitern, das Ganze musikalisch äquivalent umzusetzen.

Es wird natürlich nicht nur gerockt und geproggt bei ARC OF LIFE, zumal sich die Protagonisten mit instrumentalen Showdowns deutlich zurück halten. Auch sonninge, blumige Hippiemärchen haben auf dem Erstling ihren Platz, eben genauso wie man es von der Hauptband her kennt. "I Want To Know You Better" liefert neben folkigen Zitaten auch eingängigen Pop, der mit der Orgel den Bogen zu den ersten YES-Werken spannt. Und "Just In Sight" entführt in psychedelische Welten mit entsprechenden Farben bei der Instrumentierung.
Natürlich habe ich jetzt in dem Review wenig über die Formation als solche gesprochen, was aber schlicht daran liegt, dass gar nicht erst versucht wird eine eigene Identität zu schaffen. Hier geht es lediglich um die Fortführung der Legende, um deren Fans nach sieben Jahren wieder etwas Neues präsentieren zu können, wenn auch deren Klassiker unangefochten bleiben. Da ausschließlich Könner am Werk sind, wurden die Kompositionen auf den Punkt eingespielt und damit auch die Enttäuschung von "Heaven & Earth" teilweise wettgemacht. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 57:19 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 12.02.2021

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